Watsu-Therapie

Watsu führt zu tiefer Entspannung. Körperliche und seelische Blockaden können sich lösen. MS-Erkrankte mit leichterer oder schwererer Symptomatik dürfen ihren Körper neu erfahren und erspüren.

Watsu ist abgeleitet von den Begriffen Water (Wasser) und Shiatsu ("Fingerdruck"). Es bezeichnet eine ganzheitliche Körper- und Bewegungstherapie, bei der die behandelte Person vom Therapeuten im körperwarmen Wasser auf Händen getragen, gehalten und bewegt wird. Der Therapeut steht dabei im brusttiefen Wasser und verbindet bei den Bewegungsabläufen die positiven Eigenschaften des Wassers mit den Grundlagen des Shiatsu. Die Wirkung ist eine tiefe Entspannung und ein Gefühl von Schwerelosigkeit beim Betroffenen. Der Körper erreicht einen meditativ-ähnlichen Zustand; körperliche und psychische Blockaden können sich lösen.

Körperarbeit auf Basis der positiven Wassereigenschaften

Harold Dull, ein Shiatsu-Meister aus Kalifornien/USA erdachte 1980 auf der Basis vom Zen-Shiatsu die vielseitig anwendbare Körpertherapie. Die Behandlung findet in 35 Grad warmem Wasser statt, und sie nutzt die physikalischen Eigenschaften des Wassers:

  1. Auftrieb: Die Schwerkraft des Körpers nimmt ab, er erscheint nahezu schwerelos. Zusätzlich verlängert sich während eines einstündigen Aufenthaltes im Wasser die Wirbelsäule um etwa zwei Zentimeter und wird beweglicher, ebenso wie die angrenzenden Gelenke.
  2. Hydrostatischer Druck: Das Schlagvolumen des Herzens erhöht sich, dieses wiederum senkt die Herzfrequenz und verbessert die Pumpökonomie des Herzens. Das Blut verdünnt sich und die Atemmuskulatur wird gekräftigt durch die Kompression des Brustkorbs.
  3. Wärme: Sie führt zu einer Blutdrucksenkung, die Muskulatur entspannt sich, das Bindegewebe wird dehnbarer.

Entspannung und Wohlbefinden durch sanfte Bewegung im Wasser

Der Ablauf einer Watsu-Behandlung setzt sich aus drei Phasen zusammen. Am Anfang steht ein Gespräch zwischen MS-Erkranktem und Therapeuten. Hier wird geklärt, ob bestimmte Vorlieben oder Abneigungen gegenüber Wasser bestehen, welche Erfahrungen mit dem Element Wasser gemacht wurden und wie es dem Betroffenen körperlich und seelisch geht.

Die zweite Phase ist die Behandlung im Wasser. Dabei liegt der Betroffene in den Armen des Therapeuten, wobei das Gesicht immer außerhalb des Wassers bleibt. Für die Beine werden bei Bedarf Auftriebskörper (sogenannte Floats) benutzt, um ein Absinken zu verhindern und eine gute Wasserlage zu erreichen.Es ist auch möglich, die Behandlung auf Schwimmnudeln und speziellen Wasser-Kopfkissen zu beginnen.

Der MS-Erkrankte kann nun im Wasser auf eine Weise bewegt werden, wie es an Land niemals möglich wäre. Harmonisch fließende Bewegungen, gepaart mit spiral- und wellenförmigen Bewegungen, lassen den Körper schwerelos und beweglich erscheinen. Gelenke können mobilisiert werden, und Muskeln, Bänder und Sehnen werden behutsam gedehnt. Der Wechsel zwischen dynamischen und stillen Momenten gibt der Behandlung im Wasser einen ganz besonderen Impuls. Ein Gefühl des Wohlbefindens und der vollkommenen Entspannung ist meist die Folge. Der Betroffene muss bei dieser Behandlung nicht mithelfen, er muss keine "Leistung" vollbringen; er darf einfach nur sein. Die äußeren Reizaufnahmen sind verringert, sodass ein Kontakt zur eigenen Innenwelt aufgenommen werden kann. Ein Fühlen und Wahrnehmen des eigenen Körpers auf eine andere Art kann beginnen.

In der dritten Phase, dem Ende der Behandlung, wird der MS-Erkrankte behutsam in eine aufrechte Position gebracht und beginnt langsam wieder sein Gewicht selbst zu übernehmen. Gezielte Massagegriffe erleichtern diesen Übergang zurück ins Alltagsbewusstsein. Ein kurzes Nachgespräch im Wasser lässt Raum für Mitteilungen jeglicher Art, je nachdem, wie die Behandlung erlebt wurde.

Watsu kann eine neue Körperwahrnehmung ermöglichen

Manche MS-Erkrankte empfinden ein gewisses Gefühl der Ohnmacht in Bezug auf ihre körperlichen Veränderungen. Die Watsu-Therapie eröffnet ihnen die Chance, eine neue Wahrnehmung des Körpers zu erleben. Die allgegenwärtige Zeit- und Raumkontrolle ist in der einen Stunde im Wasser weitgehend aufgehoben. Häufig berichten Betroffene von einem Gefühl der Leichtigkeit nach einer Watsu-Behandlung: "So beweglich war ich schon lange nicht mehr", äußern sie zum Beispiel im Nachgespräch. MS-Erkrankte, die stark in ihrer Bewegung eingeschränkt sind und viel im Rollstuhl sitzen, profitieren zusätzlich vom hydrostatischen Druck des Wassers, der den Blut- und Lymph-fluss anregt. Es ist möglich, dass nach der Behandlung ein Erschöpfungszustand eintritt, sodass ein ausreichender Zeitraum zur Erholung eingeplant werden sollte. Die Behandlung kann aber auch von vornherein auf die frühen Abendstunden gelegt werden.

Für wen ist eine Watsu-Behandlung geeignet?

Watsu ist für jeden Menschen geeignet, der Wohlbefinden und eine neue Körperwahrnehmung erleben möchte. Das heißt sowohl MS-Erkrankte mit geringer Symptomatik als auch schwer Betroffene können von einer solchen Behandlung profitieren. Neben dem Wellness-Segment findet Watsu auch zunehmend Anwendung im Therapiebereich.

Nicht geeignet ist Watsu bei epileptischen Anfällen, dekompensierten Herzerkrankungen, offenen Wunden oder einer Chlorallergie. Das gilt übrigens auch für alle anderen Wassersportarten und -therapien! MS-Erkrankte mit ausgeprägtem Uhthoff-Phänomen sollten zunächst ihren Arzt konsultieren, bevor sie eine Watsu-Therapie im warmen Wasser beginnen.

Letzte Änderung: 17.01.2020