Aqua-Fitness

Ein ganz wichtiger Faktor beim Sport ist der Spaß. Nur wer eine Sportart ausübt, die zu ihm passt, wird langfristig Freude haben und damit auch Erfolge erzielen.

Dabei ist mit Erfolg nicht unbedingt eine gute Wettkampfleistung gemeint, sondern vielmehr die positive Wirkung, die bei MS-Erkrankten besonders in einem guten Körpergefühl, einer Verringerung von Fatigue im Alltag und einer Kräftigung der geschwächten Muskulatur zum Ausdruck kommen kann. Bei der Fülle der Angebote, die es allein im Bereich Wassersport gibt, heißt das Motto deshalb: ausprobieren! Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob eher das gleichmäßige Schwimmen von Bahnen, Aerobic im Wasser oder Tauchen in offenen Gewässern für Sie das Richtige ist, probieren Sie einfach verschiedene Dinge aus. Die meisten Vereine, Fitnessstudios und Bäder bieten heutzutage Schnupperstunden für Interessierte an.

Aqua-Fitness trainiert, entspannt und macht Spaß

Wer gerne in der Gruppe trainiert und Bewegung nach Musik genießt, könnte bei der Aqua-Fitness gut aufgehoben sein. Unter diesen Begriff fallen eine Reihe von Wassersportarten, die meist in hüft- oder brusttiefem Wasser ausgeübt werden. Dabei gilt, je tiefer das Wasser, desto anstrengender die Bewegungen, die sowohl zum Training als auch zur Steigerung der Fitness geeignet sind. Die besonderen Eigenschaften des Wassers kommen allen zugute. Die vorbeugende Wirkung von Aqua-Fitness bei Rückenproblemen und Herz-Kreislauf-Beschwerden ist nachgewiesen und viele Krankenkassen erkennen es als Gesundheitsvorsorge an. Aqua-Fitness bietet Stretching, Krafttraining, Konditionstraining und Entspannung in einem und ist gerade für MS-Erkrankte ein hervorragendes Training. Selbst das Gleichgewicht kann gefahrlos trainiert werden, und der Körper wird leistungsfähiger, was sich wiederum in verbesserten Alltagaktivitäten zeigt. Im Folgenden stellen wir Ihnen exemplarisch drei Sportarten aus der Aqua-Fitness vor.

Fitness im Wasser

  • massiert den Körper und fördert die Durchblutung,
  • vermindert die Belastung von Sehnen und Gelenken,
  • fördert die Ausdauer und kräftigt die Muskulatur,
  • trainiert das Gleichgewicht,
  • steigert den Energieverbrauch des Körpers und regt den Stoffwechsel an.

Aqua-Jogging – das Laufen im Wasser – ist ein effektives Training für das Herz-Kreislaufsystem, die Ausdauer und zur Kräftigung der Muskulatur.

Ein Schwimmgürtel oder eine Schwimmweste helfen, den Körper aufrecht im Wasser zu halten und die Laufbewegung ohne Bodenkontakt auszuführen. So kann gerade ein MS-Erkrankter gezielt das Gehen trainieren. Richtig gute Laune macht das schwerelose Joggen in der Gruppe bei schwungvoller Musik.

Je höher der Wasserwiderstand beim Aqua-Jogging ist, desto stärker ist der Trainings- und Kräftigungseffekt, der durch das Tempo der Bewegung gesteuert und dosiert werden kann. Bei schneller Bewegung nimmt der Wasserwiderstand zu, die Muskulatur muss mehr arbeiten und kräftigt sich. Besonders für Erkrankte mit Koordinationsstörungen kann ein etwas höheres Tempo leichter umzusetzen sein, weil der Wasserwiderstand gleichzeitig wie ein Führungswiderstand wirkt. Die langsame Bewegung dagegen erfordert mehr Koordination und kann beispielsweise gezielt zum Trainieren des Gangmusters eingesetzt werden.
Neben der Herz-Kreislaufaktivierung spielt also der Kräftigungsaspekt durch den Wasserwiderstand eine entscheidende Rolle.

Wasser kann auch bei zwei weiteren Hauptsymptomen der MS helfen: Spastik und Ataxie.

Spastik und Schwäche hängen nach dem heutigen medizinischen Stand eng zusammen; das bedeutet, dass bei jeder Aktivierung beziehungsweise Kräftigung gleichzeitig eine Reduktion der Spastik erfolgt. Bei Ataxie verbessert der Wasserdruck die Propriozeption – die Wahrnehmung von Körperbewegung – sodass Betroffene sich oft koordinierter bewegen können. Aqua-Jogging fördert somit insgesamt das Bewusstsein für den eigenen Körper, seine Bewegungsabläufe und die Konzentration.

Die optimale Trainingsdauer liegt bei 30 bis 45 Minuten zwei- bis dreimal die Woche. Gerne auch mehr! Eine Trainingseinheit ist in verschiedene Phasen eingeteilt. Zunächst soll sich der Körper an das Wasser gewöhnen und die richtige aufrechte Haltung einnehmen. Dann wird die Laufbewegung geübt, die sich durch einen höheren Knieeinsatz und eine Betonung des rückwärtigen Beinschwungs vom Laufen an Land unterscheiden kann. Darüber hinaus können unterschiedliche Schrittarten wie Trippelschritte, Dauerlaufschritte oder Walkingschritte in wechselndem Tempo Teil des Programms sein. Pausen können individuell eingebaut werden.

Wer sich für das Aqua-Jogging interessiert, kann sich von einem Trainer in die Übungen einweisen lassen oder einen Kurs besuchen.

Die Gymnastik im Wasser nutzt dieselben Qualitäten des Wassers wie das Aqua-Jogging: den Auftrieb und den Wasserwiderstand.

Auch hier geht es um die Themen Mobilisation, Kräftigung, Herz-Kreislauftraining, Koordination. Allerdings kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Mit einer großen Bandbreite an Übungen können geschwächte Muskeln ganz gezielt trainiert, aber auch gedehnt werden, etwa Bein- und Rumpfmuskulatur. Dabei sollte man beachten, dass hauptsächlich die Muskelgruppen trainiert werden, die unter Wasser liegen. MS-Erkrankte können speziell ihr Gangmuster und die Ausdauer verbessern. Hilfsmittel wie die Schwimmnudel ermöglichen zum Beispiel Bewegungen, die an Land nicht möglich wären.

Übungen fallen im Wasser leichter als an Land, aber sind sehr effektiv

Alle Übungen der Aqua-Gymnastik können mit weniger Kraft häufiger ausgeführt werden als an Land. Bei gleicher Anstrengung ist zudem die Fettverbrennung höher. Der Wasserdruck massiert Haut und Muskeln, fördert die Durchblutung und verhindert einen Muskelkater. Auch wenn MS-Erkrankte die Anstrengung im Wasser weniger wahrnehmen, ist es dennoch ein effektiver Sport. Für Einsteiger ist eine Einweisung durch einen geschulten Trainer sinnvoll. Die Aqua-Gymnastik bedient sich nach Bedarf zahlreicher Trainingsgeräte wie Schwimmnudeln, Schwimmteller, Wasserhanteln und Paddles - eine Art überdimensionierte Handschuhe.
Diese Hilfsmittel können zum einen dazu genutzt werden, den Wasserwiderstand zu erhöhen, um somit einen größeren Kräftigungseffekt zu erreichen, als auch zur Entlastung einzelner Körperregionen wie zum Beispiel beim Einhängen des Oberkörpers in die Schwimmnudel.

Die Aqua-Gymnastik macht vor allem in der Gruppe viel Spaß, weil sie durch Musikuntermalung oder Spiele im Wasser den sozialen Aspekt des Sports und das Vergnügen in den Vordergrund stellen kann.

Wir stellen Ihnen eine Auswahl an Übungen vor. Jede sollte etwa 20 bis 30 Mal wiederholt werden. Nach einer kurzen Pause kann dann ein zweiter Durchlauf erfolgen:

  • Marschieren Sie im Wasser für zwei bis drei Minuten zum Lockern.
  • Legen Sie mit dem Gesicht zum Beckenrand die Unterarme dort auf und paddeln Sie schnell mit den Beinen.
  • Hängen Sie auf dem Rücken liegend den Oberkörper in eine Schwimmnudel, ziehen Sie die Beine an und strecken Sie sie wieder weg.
  • Stellen Sie sich in der Grätsche in Schrittstellung und dehnen Sie die Innenseite der Oberschenkel.
  • Legen Sie sich mit Schultern und Armen auf die Schwimmnudel, strecken Sie den Körper lang aus und drehen Sie die Hüfte nach links und rechts.
  • Schwingen Sie das gestreckte Bein im Stehen vor und zurück oder in Form einer Acht.
  • Bewegen Sie im Stehen die Knie abwechselnd schnell nach oben.
  • Gehen Sie auf den Fersen.

Wer individuelles Training innerhalb einer Gruppe sucht, der sollte Aqua-Cycling ausprobieren.

Das vielseitige Programm auf dem Wasserfahrrad fördert Ausdauer, Kraft, Koordination und Beweglichkeit bei einer geringen Stoß- und Druckbelastung der Gelenke und der Wirbelsäule. Es bietet viel Spaß in der Gruppe durch mitreißende Musik und große Abwechslung. Aqua-Cycling bietet sich für Menschen mit und ohne Behinderungen an und eignet sich besonders für MS-Erkrankte, die sich sowohl gerne im Wasser aufhalten als auch gerne Rad fahren oder gefahren sind.
Das Training findet auf einem speziell für den Einsatz im Wasser konstruierten Fahrrad statt, das im Nichtschwimmerbereich in etwa 135 cm Wassertiefe steht. Die Übungen sind vergleichbar mit denen des Indoor-Cycling im Fitness-Studio; allerdings werden durch die bekannten Vorzüge des Wassers neben den Beinen nahezu alle Muskelgruppen des Körpers einbezogen. Speziell ausgebildete Trainer vermitteln die Bewegungsabläufe, die in der Regel leicht zu erlernen sind. MS-Erkrankte, die gerne Fahrrad fahren, aber an Land Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht haben, können hier die Freude am Radsport neu entdecken, weil das Fahrrad sicher im Wasser steht.

Bestimmen Sie selbst, wie viel Sie sich zumuten können und wollen

In unterschiedlichen Fahrpositionen kräftigt das Training die Muskulatur und stärkt die Kondition. Es folgen Wechsel der Sitzposition und der Trittgeschwindigkeit sowie Veränderungen des Hebels, das heißt von gestreckten zu gebeugten Armen. Dabei können MS-Erkrankte ganz individuell die Parameter bestimmen: Wie schwer soll das Bremssystem eingestellt sein? Wie hoch darf die Tretgeschwindigkeit werden? Welche Intensität in der Ausführung der Armübungen ist gewünscht? Das erlaubt einen Fokus auf die eigenen Bedürfnisse innerhalb der Gruppe und ermöglicht es, dass Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen gemeinsam trainieren können. Erfahrungen zeigen, dass Betroffene, die Aqua-Cycling ausprobiert haben, nach dem Training angenehm angestrengt, aber nicht erschöpft sind. Einziger Nachteil: Der Radsport im Wasser wird bis dato nur in ausgewählten großen Bädern oder Fitnessstudios angeboten.

Letzte Änderung: 17.01.2020