Tauchen

Tauchen kann der Beginn einer neuen persönlichen Geschichte sein. So beschreiben es Menschen mit MS, die den Weg in die Welt unter Wasser gewagt haben.

Der Tauchsport erfordert Zeit für die Ausbildung, Muße für die Tauchgänge und Anfangsinvestition in die Ausrüstung. Er bedeutet einen gewissen Nervenkitzel und gleichzeitig eine tiefe Entspannung: Die Geräuschkulisse der übrigen Welt ist plötzlich ausgeblendet, in der Stille unter Wasser ist nur die eigene innere Stimme zu hören. Wer taucht, kann loslassen – von 180 auf 0 in wenigen Minuten.

Beim Tauchen steht Erleben statt Leistung im Vordergrund

Jeder, der mit dem Tauchsport beginnen möchte, sollte zunächst einen Arzt konsultieren, um sich und seine Tauchpartner vor möglichen Risiken zu schützen. Die Lunge, das Herz-Kreislaufsystem sowie der gesamte Hals-, Nasen-, Ohrenbereich müssen in Ordnung sein. In der Regel verlangen Tauchschulen ein ärztliches Attest vor Kursbeginn. Auch eine gewisse Grundkondition ist erforderlich: So sollte man sich 30 Minuten über Wasser halten können.

Bei jungen Menschen mit Multipler Sklerose ist in der Regel das Herz-Kreislaufsystem sehr leistungsfähig, aber die Muskulatur kann beeinträchtigt sein. Das macht Tauchen gerade für jüngere MS-Erkrankte zum idealen Sport, denn die Muskulatur wird gekräftigt und die Anstrengung für das Herz-Kreislaufsystem wird vom Körper leicht toleriert. Erfahrungen haben gezeigt, dass beim Tauchen der Wasserwiderstand eine gute Rückmeldung an die Muskeln gibt und dass der Wasserdruck den Körper stabilisiert. Dies hilft ganz erstaunlich bei Koordinationsstörungen wie der Ataxie. Das Wasser erleichtert die Bewegung, wobei der Taucher sich motorisch gar nicht so viel bewegen muss und keine besonderen Fähigkeiten braucht. Die typische Paddelbewegung mit den Füßen ist selbst bei Spastik kein Problem, da die Beine ohnehin gestreckt bleiben sollen.
Tauchen wirkt wie eine umfassende Körpertherapie: Die Gelenke bewegen sich, die Körperlage verändert sich ständig, die Lunge wird belüftet und der Kreislauf angeregt. Darüber hinaus macht es den Kopf frei, denn nicht die Leistung, sondern das Erlebnis steht im Vordergrund. Die Möglichkeit, sich frei – etwa ohne Rollstuhl – im dreidimensionalen Raum zu bewegen und eventuelle Behinderungen zu vergessen, ist einmalig. MS-Erkrankte, die diesen Sport für sich entdeckt haben, berichten von neu gewonnener Kraft, Selbstbewusstsein und mehr Mut im Alltag.

Tauchen

  • steigert das körperliche Wohlbefinden,
  • gibt Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten,
  • trainiert Ausdauer, Koordination, Gleichgewicht und Atmung,
  • kann typische MS-Symptome vermindern,
  • macht den Kopf frei und eröffnet eine neue Welt.

Ein Tauchkurs bringt Sicherheit – auch für Schwerbetroffene

Am Anfang des Tauchens steht immer ein Einführungskurs, der Theoriestunden, erste Übungen im Becken und die Ausbildung im Freiwasser beinhaltet. Solche Kurse bieten entweder Tauchschulen in Deutschland an oder – häufig in Form eines Urlaubs-Kompaktkurses – Schulen in Tauchgebieten im Ausland. Bei bestandener Prüfung erhält der Teilnehmer ein Zertifikat, das weltweit als Taucherlaubnis gilt.

Viele Vereine und Tauchschulen bieten Schnupperkurse an. Es lohnt sich immer zu fragen, ob es möglich ist, als MS-Erkrankter in einer normalen Tauchschule teilzunehmen. Tauchen ist ebenso eine mentale Herausforderung wie eine körperliche. Mit dem richtigen Ausbilder können auch schwerer betroffene MS-Erkrankte diesen Sport ausüben und tiefe Befriedigung dabei empfinden.

Die umfassende Ausbildung und viel praktische Erfahrung der meisten Tauchlehrer gewährleisten in der Regel eine hohe Sicherheit. Eine gute Alternative sind Tauchschulen, die speziell geschulte und erfahrene Ausbilder für Tauchen mit Behinderung haben (handicap diving). Die internationale Behinderten-Tauchorganisation IAHD (International Association for Handicapped Divers) hat für die Ausbildung weltweite Richtlinien entwickelt, welche sowohl die Einschränkungen von behinderten Menschen als auch die für das Tauchen erforderlichen Sicherheitsgrundsätze berücksichtigen.

Der Tauchbuddy ist ein verlässlicher Partner für jeden Taucher

Die Teilnehmer lernen neben den technischen Aspekten vor allem einen wichtigen sozialen Grundsatz des Tauchens kennen: "Niemals alleine tauchen". Jeder Taucher hat immer einen Tauchpartner dabei, den sogenannten Tauchbuddy, und ist mit diesem in der Regel auch Mitglied einer Tauchgruppe. Tauchbuddies sind das A und O. Sie helfen sich beim Anziehen und Richten der Ausrüstung und sie kontrollieren sich gegenseitig von Anfang bis Ende des Tauchgangs. Das bedeutet neben Sicherheit auch viel gemeinsamen Spaß.

für MS-Erkrankte, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind und beispielsweise Unterstützung beim Anziehen des Tauchanzugs benötigen. Wichtig: Lassen Sie sich Zeit und nehmen Sie Hilfe in Anspruch. Orientieren Sie sich nicht an dem, was gesunde Taucher können, sondern finden Sie Ihren individuellen Maßstab.

Wie läuft ein Tauchgang ab?

Ein typischer Tauchgang beginnt häufig mit einem gemeinsamen Tauchfrühstück der Gruppe. Nach dem Einfinden an der Tauchbasis packen die Teilnehmer ihre Sachen zusammen und fahren gegebenenfalls mit dem Boot zur Tauchstelle. Der Tauchguide leitet das einführende Briefing, in dem geklärt wird, worauf die Teilnehmer achten müssen, welche Strömung zu erwarten ist und wie der Tauchgang insgesamt abläuft. Dann taucht der Guide der Gruppe voraus. Die Verständigung in der Gruppe erfolgt ab jetzt durch Handzeichen.
Ein Tauchgang dauert rund eine Stunde. Die Tauchzeit regelt sich durch die vorhandene Luft (der Verbrauch variiert je nach Lungenvolumen und dem Tempo der Atmung) und durch die Temperatur. Auch im Taucheranzug kühlt der Körper in unseren heimischen Gewässern sehr schnell aus.

MS-Erkrankte müssen damit rechnen, dass sie neben der Entspannung auch eine gewisse Erschöpfung nach dem Tauchgang spüren können. Auf jeden Fall macht das Erlebnis müde und hungrig, und es empfiehlt sich, danach den Tag ruhig ausklingen zu lassen. Viele MS-Erkrankte bescheinigen dem Tauchsport einen gewissen "Suchtfaktor". Er kann zur Leidenschaft werden, weil die Unterwasserwelt fasziniert und weil die Erfahrung des Schwebens in dieser fremden Welt mit nichts über der Wasseroberfläche vergleichbar ist.

Was gehört zur Tauchausrüstung?

  1. Maske, Schnorchel, Flossen gehören zur sogenannten ABC-Ausrüstung, die jeder Taucher selber besitzen sollte. Alle anderen Teile können in der Regel zunächst ausgeliehen werden.
  2. Neoprenanzug/Tauchanzug
  3. Gewichtssystem: Neutralisiert den Auftrieb der Ausrüstung, sodass ein Abtauchen möglich wird – entweder in Form eines Bleigurtes um die Hüfte oder als seitlich integriertes Blei in der sogenannten Tarierweste.
  4. Pressluftflasche (etwa zehn Liter)
  5. Lungenautomat
  6. Stirnlampe
  7. Für Taucher mit Handicap, die zum Beispiel ihre Beine nicht bewegen können, gibt es spezielle Schwimmhilfen wie große Spezialhandschuhe mit Schwimmhäuten

Letzte Änderung: 25.01.2018