Vorträge und Fragen zur Multiple Sklerose

Zwei Vorträge mit anschließender Fragerunde beschlossen die Aktivitäten der AMSEL zum Welt MS Tag 2016. Der Tag in Bildern in der Onlinegalerie.

Ausführliche Erklärungen am Gehirnmodell, unzählige interessierte Fragen, nicht gezählte Gespräche und zum Abschluss zwei Vorträge mit Fragerunde im Haus der Katholischen Kirche in der Stuttgarter Königstraße, dazu Veranstaltungen der Kontaktgruppen, waren das Programm der AMSEL zum Welt MS Tag 2016.

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Viel los am Welt MS Tag 2016: mit Führungen am übermannsgroßen Gehirn durch Prof. Dr. med. Peter Flachenecker, mit zahlreichen Gesprächen und Vorträgen.

Knapp 80 Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, sich entweder nach einer Führung am Gehirnmodell im Hauptbahnhof (wir berichteten) oder ausschließlich mit den zwei Vorträgen am Abend über Immuntherapien und wie diese individuell einzusetzen sind, zu informieren und ihre individuellen Fragen zu stellen. Prof. Dr. med. Peter Flachenecker sprach über die Immuntherapie als einer der Behandlungssäulen bei MS und betonte "Austherapiert, das gibt es bei MS nicht. Es bedeutet, dass eine Immuntherapie wahrscheinlich keinen Nutzen mehr hat. Symptome können aber immer mit der Symptomatischen Therapie beeinflusst werden."

Aktuell, so der Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad stünden 13 Präparate mit 9 unterschiedlichen Therapieprinzipien zur Verfügung. Schwierig sei die Wahl einer individuell passenden Therapie, denn bisher gebe es noch keinen Marker, um eine Vorhersage über einen Therapieerfolg treffen zu können. Erst nach einem Jahr Behandlungsdauer ließe sich heute abschätzen, ob eine Therapie den gewünschten Effekt hat. Der sei nicht mehr allein eine Schubreduktion, sondern vielmehr Freiheit von Krankheitsaktivität.

Dr. Lienhard Dieterle, niedergelassener Neurologe in einer MS-Schwerpunktpraxis in Ravensburg, beleuchtete die Faktoren, die bei der Entscheidung für eine Therapie von Bedeutung sind. Das seien unter anderem der Krankheitsverlauf, die Symptome, die Lebensphase, Wirkung und Nebenwirkung der möglichen Therapien. "Für einen Mann ist dünneres Haar durch ein Medikament wahrscheinlich nicht so bedeutsam wie für eine junge Frau", gab das Mitglied im Ärztlichen Beirat der AMSEL ein Beispiel. Erkrankte könnten unabhängig von einer möglichen Therapie durch eine gesunde Lebensführung (Ernährung, Bewegung, ausreichend Schlaf, Vermeiden von Risikofaktoren wie Rauchen und Übergewicht) Eigenverantwortung für den Krankheitsverlauf übernehmen.

Lebhafte Fragerunde

Die Fragen der Teilnehmer waren so verschieden wie die Krankheit mit den 1.000 Gesichtern. "Wie viel Zeit habe ich zum Überlegen, wenn es um einen Therapiewechsel geht?", wollte eine Frau wissen, deren Arzt ihr zu einem zügigen Wechsel zu einer Eskalationstherapie geraten hatte. Die Antwort der Experten: Lieber gut über eine Entscheidung nachdenken, die man dann auch mittragen kann. "Das können zwei Wochen sein, sollte aber keine zwei Monate dauern." Auf die Frage "Gibt es Medikamente bei Gedächtnisstörungen?" lautete der Ratschlag der Experten, unbedingt zunächst durch eine neuropsychologische Untersuchung die Ursache und die Form der Störungen zu bestimmen. "Bei Aufmerksamkeitsstörungen z.B. gibt es zwar keine Medikamente, es hilft aber gezieltes kognitives Training." "Woran kann ich einen Schub von einer beginnenden PML unterscheiden?" war eine besorgte Frage. Es gibt bestimmte Symptome, die eher der PML als einem Schub zuzuordnen sind, so die Experten, aber grundsätzlich sollten Risikopatienten alle Symptome, die neu sind, mit ihrem Arzt besprechen.

"Macht eine immunmodulatorische Therapie bei progredienter MS Sinn?", lautete eine weitere Frage. Die Antwort darauf war ein klares "JEIN". "Auch bei der progredienten MS kann es noch Schübe geben. Dann ist eine solche Therapie sinnvoll." Es sei eine Irrtum zu glauben, dass es für den chronisch fortschreitenden Verlauf der MS keine Therapie gebe. Für diese Krankheitsverläufe gebe es ebenfalls – wenn auch sehr viel begrenzter – medikamentöse Möglichkeiten.

Mit einem angeregten Get-Together, bei dem neue Kontakte geknüpft und bestehende vertieft wurden, klang der Welt MS Tag 2016 aus. Der nächste Welt MS Tag findet wieder am letzten Mittwoch im Mai statt - 2017 ist dies der 31. Mai.

AMSEL dankt der DAK Gesundheit, die im Rahmen der Projektförderung die Durchführung der Welt MS Tags Aktivitäten gefördert hat.

Redaktion: AMSEL e.V., 30.05.2016