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Rauchen bei Multipler Sklerose

Rauchen gefährdet die Gesundheit. Dieser Satz trifft in doppeltem Maße für diejenigen zu, die bereits an einer Erkrankung wie der Multiplen Sklerose leiden. Nachgewiesen ist: Rauchen beeinflusst sowohl die Entstehung als auch den Verlauf der MS. In Together 03/14 berichtet Dr. med. Martin Rösener.

Multiple Sklerose ist die häufigste neurologische Erkrankung junger Menschen, die zu einem neurologischen Defizit führen kann. Als Ursache der Erkrankung wird eine Kombination aus genetischer Veranlagung und Umweltfaktoren angenommen. Über die Rolle der Gene wird intensiv geforscht. Welche Rolle bestimmte Umweltfaktoren haben, darüber ist bisher leider wenig bekannt. Es gibt Hinweise darauf, dass Infektionen in der Kindheit (vor allem mit Epstein-Barr-Virus, dem Erreger des Pfeiffer‘schen Drüsenfiebers), Sonneneinstrahlung, die Versorgung mit Vitamin D und Ähnliches eine Rolle spielen könnten.

Rauchen erhöht Risiko einer MS-Erkrankung

In den letzten Jahren hat sich zudem eindeutig herauskristallisiert, dass Zigarettenrauchen das Auftreten einer MS begünstigt. So ist die Wahrscheinlichkeit, eine MS zu entwickeln, bei Rauchern im Vergleich zu Nichtrauchern um etwa 50 % erhöht. Und es gibt einen eindeutigen Dosiseffekt.

Wer mehr und länger raucht, erhöht sein Risiko an MS zu erkranken. Hoffnung gibt es aber auch: Zehn Jahre, nachdem man das Rauchen aufgehört hat, entspricht das Risiko eine MS zu bekommen, wieder dem eines Nichtrauchers.

Rauchen beeinflusst Krankheitsverlauf negativ

Das Rauchen von Zigaretten ist aber nicht nur für die Entstehung, sondern auch für den Verlauf der MS ungünstig. So ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs vom schubförmigen in den sekundär chronisch-progredienten Verlauf bei Rauchern deutlich erhöht. Auch die im Laufe der Krankheit erworbene Behinderung wird durch Rauchen ungünstig beeinflusst. Raucher haben gegenüber Nichtrauchern ein um 49% erhöhtes Risiko, eine EDSS von 6,0 – mit einseitiger oder zeitweiliger Unterstützung (Gehhilfe) ohne Ruhepause gehfähig für etwa 100 m – zu erreichen.
Und auch hier gilt umgekehrt: Das Aufgeben des Rauchens führt wieder zu einer Verlangsamung des Krankheitsfortschritts.

Dr. med. Martin Rösener

seit 2000 niedergelassener Neurologe in Stuttgart mit Schwerpunkt Multiple Sklerose

Studium der Medizin in Würzburg und London.

  • Neurologische Ausbildung an den Neurologischen Universitätskliniken Würzburg und Tübingen.
  • Langjährige wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose.
  • Aufbau und Führung einer Ambulanz für Patienten mit Multipler Sklerose an der Universität Tübingen.
  • Häufig als Referent und Chatexperte für die AMSEL aktiv.
  • Seit 2006 Mitglied des Ärztlichen Beirates der AMSEL.

Rauchen nachgewiesenermaßen schädlich

Der Effekt des Rauchens bei MS-Erkrankten kann auch kernspintomographisch nachgewiesen werden. Dabei findet sich bei Rauchern im Vergleich zu Nichtrauchern eine höhere Läsionslast, eine häufigere Störung der Blut-Hirn-Schranke und eine größere Hirnatrophie. Auch die Wahrscheinlichkeit, z.B. bei einer Therapie Antikörper gegen Interferon ß-1a oder Natalizumab zu entwickeln, ist bei Rauchern gegenüber Nichtrauchern erhöht. Antikörperbildung gegen Medikamente bedeutet, dass deren Wirksamkeit herabgesetzt werden kann. Raucher riskieren demnach nicht nur einen schlechteren Verlauf der Erkrankung, sondern gefährden unter Umständen auch die Wirksamkeit eingesetzter Medikamente.

Leicht gesagt, schwer getan

MS-Erkrankte sollten sich gründlich überlegen, ob sie rauchen möchten oder nicht. Jeder kann Verantwortung für sich selber übernehmen und entscheiden, wie er mit seinem Verhalten und Lebensstil die Erkrankung in gewissem Maße mit beeinflusst und so zumindest teilweise Verlauf und Schweregrad der Erkrankung in die eine oder andere Richtung verschiebt.

Redaktion: AMSEL e.V., 30.09.2014