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Neue Gen-Hypothese zur MS

Ein internationales Forscherteam entdeckt den bei Multiple-Sklerose-Patienten veränderten TNF-Rezeptor-1 als Schlüsselprotein für die Entstehung der MS.

"Diese Rezeptorvariante ist spezifisch für MS-Patienten und darum Ansatzpunkt für die Entwicklung verbesserter Therapien", erklärt Professor Ralf Gold, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Direktor der Neurologischen Klinik an der Ruhr-Universität Bochum. Er ist mit seinem Team an dieser Studie beteiligt, die vom Immunologen Lars Fugger an der Universität Oxford initiiert wurde.

Genvarianten

Der genetische Schlüssel jedes Menschen ist unterschiedlich. Merkmale wie unsere Augenfarbe, aber auch die Veranlagung für bestimmte Krankheiten werden vererbt. Wissenschaftler machen sogenannte Genom-Screenings von einer sehr großen Menge an Daten, um herauszufinden, welche Genvariante mit einer bestimmten Krankheit zusammen auftritt.

Von "Genvariante" spricht man, wenn der "Polymorphismus" (das Anderssein eines oder mehrerer Genallele) häufiger als 1 % vorkommt. Von Mutation hingegen wenn er seltener als bei 1 % der Menschen auftritt. (vgl. Wikipedia, 10.07.2012)

Bei anderen Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis, Rheumatoide Arthritis oder Morbus Crohn war diese Genvariante nicht aufgetreten. In der "Genomweiten Assoziationsstudien" (GWAS) kam sie nur im Zusammenhang mit Multipler Sklerose vor.

Mit GWAS wollen Wissenschaftler Genvarianten, genauer Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) nachweisen. Hier ein bestimmter SNP, der zu einer TNF-Rezeptor-1-Variante führt. Die Forscher spürten einen Austausch in einem Gensegment des TNF-R1 auf, der das Entsehen einer Multiplen Sklerose erklären könnte: TNF-R1 wird löslich, so die Hypothese, und bindet den im Gehirn aktiven Tumornekrosefaktor-Alpha (TNF-Alpha). TNF-Alpha wiederum gilt als Zytokin für Entzündungen. Das wäre eine Erklärung für die Entzündungreaktionen bei der Multiplen Sklerose.

Forschungsergebnisse der Neurologischen Klinik am St. Josef-Hospital der Ruhr-Universität Bochum kamen zum gleichen Ergebnis. Insgesamt wurden Daten von 7.000 Menschen untersucht. "Im klinischen Alltag stellen wir fest, dass Medikamente, die TNF-Alpha antagonisieren, nur bei der Multiplen Sklerose, aber nicht bei anderen Autoimmunerkrankungen zu einer Verschlechterung des Krankheitsverlaufes führen", berichtet Professor Gold. Dagegen sei diese Antagonisierung bei anderen autoimmunen Erkrankungen, wie starkem Rheuma, ein wesentlicher Stützpfeiler der Therapie.

Das Zytokin TNF könnte ein hoffnungsvoller Ansatz für die MS-Therapie werden.

Tumor-Nekrose-Faktor und Genvarianten bei Multipler Sklerose

Neben der RUB sind aus Deutschland das Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried, sowie das Biologisch-Medizinische Forschungszentrum der Heinrich-Heine Universität, Düsseldorf, an dieser internationalen Studie beteiligt.

Quelle: Nature, 08.07.2012; Pressemitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), 08.07.2012 und der Ruhr-Universität Bochum, 09.07.2012
Foto: Copyright Gernot Krautberger, fotolia.com

Redaktion: AMSEL e.V., 10.07.2012