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Daclizumab-Daten zur Kombitherapie

18.02.10 - Die Phase-II-Studie wartet mit guten Ergebnissen des Immunsuppressivums auf. Ob der monoklonale Antikörper auch Nerven zu schützen vermag, indem bestimmte Killerzellen vermehrt werden, muss sich noch zeigen.

Schon seit geraumer Zeit testen Forscher Daclizumab, einen humanisierten monoklonaler Antikörper auf seine Wirksamkeit bei schubförmiger Multipler Sklerose (wir haben 2007 über eine Kleinst-Studie berichtet). Die aktuelle doppelt-blinde und Placebo-kontrollierte Studie schließt 288 MS-Patienten ein. Sie erfolgte an 51 Zentren weltweit. Lancet Neurology veröffentlichte nun die Daten.

Erforscht wurde dabei die Wirksamkeit von Interferon allein (plus Placebo) gegenüber, Interferon und Daclizumab in niedriger sowie Interferon plus Daclizumab in höherer Dosierung. Drei sogenannte Studien-"Arme" also mit jeweils 75-78 Patienten. Das Studiendesign richtet sich somit auf die Kombinationswirkung von Daclizumab. 2007 war es daneben auch noch als Monotherapie getestet worden.

Höhere Dosierung wirksam

Die niedrigere Dosierung von Daclizumab plus Interferon zeigte keinen Unterschied zur alleinigen Interferongabe. Deutlich war dagegen der Unterschied zwischen der höheren Dosierung plus Interferon und Interferon allein. Hier lag die Differenz der vergrößerten oder neu entstandenen Kontrastmittel-aufnehmenden Läsionen bei 72 Prozent (4,75 im Monotherapie-Arm nur mit Interferon und ohne Daclizumab; 1,32 bei der Kombinationsgabe von Interferon plus der höheren Daclizumab-Dosis). Die Nebenwirkungen innerhalb dieser Studie soll in allen drei Armen gleichmäßig verteilt gewesen sein.

Außerdem untersuchten die Forscher in einer Substudie auch die "pharmaco-dynamischen" Wirkungen, also solche Wirkungen, die sich zum Beispiel am Blut feststellen lassen. Die Anzahl der Abwehrzellen war im Daclizumab-Arm gegenüber Placebo plus Interferon nicht vermindert.

Ein neues Therapiefenster?

Auffällig war jedoch den Forschern zufolge eine 7 bis 8-fache Erhöhung bestimmter natürlicher Killerzellen, der sogenannten "CD56-bright"-Zellen. Möglicherweise hat dies eine T-Zell-Regulierung zur Folge, wie Kommentatoren zu der Studie ebenfalls im Lancet Neurology vermuten. Trifft dies zu, wäre ein neuer Wirkmechanismusneu entdeckt, ein weiteres Therapiefenster stünde damit eventuell offen.

Daclizumab war bereits als Mittel bei Nierentransplantationen zugelassen, um Abstoßungen zu verhindern. Die meisten der möglichen Nebenwirkungen dürften damit bekannt sein: In seltenen Fällen kann es zu schweren akuten Überempfindlichkeitsreaktionen führen. Häufig sind Schlaflosigkeit, Tremor, Kopfschmerzen, arterielle Hypertonie, Dyspnoe, verschiedene Störungen des Gastrointestinaltrakts, Skelettmuskulaturschmerzen und Ödeme. Völlig offen sind jedoch mögliche Langzeitwirkungen, vor allem wenn MS-Patienten Daclizumab über Jahre (anstatt weniger Monate wie im Fall von Transplantationen) verabreicht werden sollte. Ähnlich wie bei Natalizumab wird Daclizumab als Infusion ein Mal monatlich verabreicht.

Weniger Angriffe auf die Myelinscheide

Daclizumab blockiert, so weit man das bisher versteht, die IL-2-Aktivierung, reduziert somit das Wachstum bestimmter Immunzellen und mildert damit die Immunreaktion des Körpers. Bei Multipler Sklerose wird dadurch der körpereigene Angriff auf die Myelinscheide eingedämmt.

Bis zu einer möglichen Marktzulassung bei MS dürften erfahrungsgemäß mehrere Jahre vergehen. Gegenüber völlig neuen Wirkstoffen hat Daclizumab zwar bereits bei anderen Indikationen eine Zulassung, doch müssten zunächst größere Phase-III-Studien zum Vorteil der Patienten abgeschlossen und ausgewertet sein, bevor die Zulassungsstellen an eine Prüfung gehen könnten.

Quelle: The Lancet, Neurology, 16.02.10

Redaktion: AMSEL e.V., 18.02.2010