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Phase-1-Studien sollen sicherer werden

Bereits mit 2 potenziellen Multiple-Sklerose-Wirkstoffen kam es zu sehr schweren Nebenwirkungen in der ersten Erprobungsphase. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat eine erneute Überprüfung der Leitlinien begonnen.

In Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) hat die EMA begonnen, die Leitlinien für Phase-1-Studien zu überprüfen. Ziel ist es, diese Studien noch sicherer zu machen. Zunächst gilt es, Bereiche zu identifizieren, wo eine Verbesserung möglich ist.

Anlass ist zuletzt der Tod eines Teilnehmers in einer französischen Phase-1-Studie. Das Medikament mit dem Studiennamen BIA 10-2474 war unter anderem zur Behandlung der Multiplen Sklerose gedacht. 5 weitere Probanden mussten wegen starker Nebenwirkungen ins Krankenhaus. AMSEL.DE hatte über den Medikamententest berichtet. Auch tragisch verlief eine Studie, ebenfalls für ein potenzielles MS-Mittel, in England im Jahr 2006. 4 von 6 Probanden des Mittels TGN1412 erlitten damals Multi-Organ-Schäden und starben fast daran.

Ein Restrisiko bleibt: Mensch ist nicht gleich Tier

Phase-1-Studien sind immer kritisch. Hier wird ein Wirkstoff zum ersten Mal an Menschen getestet; davor gibt es nur Labor- und Tierversuche. Man möchte mit den vorangestellten Tierversuchen das Risiko, dass Menschen zu Schaden kommen, möglichst stark eingrenzen. Doch Mensch ist nicht Tier. Ein Restrisiko bleibt immer, dass Menschen einen Wirkstoff nicht vertragen, der Tieren keine Probleme bereitet hat.

Potenzial, einen möglichen Schaden weiter minimieren, könnte es jedoch im Studiendesign geben. Bei den tödlichen Vorfällen in England bekamen die Teilnehmer den Wirkstoff zum Beispiel nahezu zeitgleich; aus diesem Umstand wurden jedoch kurze Zeit danach Konsequenzen für künftige Studiendesigns gezogen. Beim Vorfall im Januar 2016 in Rennes war eine Dosissteigerung vorgesehen. Eventuell hätten die Teilnehmer besser überwacht werden müssen, während die Dosis gesteigert wurde. Ein weiterer Punkt ist die keimfreie Haltung der Versuchstiere, die sie möglicherweise auch vor schweren Nebenwirkungen schützt.

Schwerwiegende Nebenwirkungen auch in Phase 1 extrem selten

Solcherlei Maßnahmen wird die EMA nun prüfen. Und die Wissenschaftler werden sich besonders die Fälle ansehen, bei denen es unerwartet zu schweren Nebenwirkungen und sogar tödlichen Ereignissen kam, um daraus abzuleiten, inwiefern die Leitlinien verbessert werden können. Als Grundlage dafür werden ihr 2 Untersuchungen des Falles von Rennes dienen. Die Komites geben darin auch Empfehlungen für künftige Studien.

Klinische Studien sind notwendig, um Medikamente zu entwickeln. Schwere oder sogar tödliche Nebenwirkungen sind extrem selten, wie die Zahlen zeigen: Seit 2005 gab es etwa 14.700 klinische Phase-1-Studien mit insgesamt 305.000 Teilnehmern in der EU, darunter 3.100 Studien, die Wirkstoffe zum ersten Mal am Menschen testeten. "Nur" 2 schwerwiegende Vorfälle hat es darunter gegeben. Anlass genug jedoch, die Vorgaben weiter zu verbessern.

Quelle:Pressemitteilung der EMA, 27.05.2016

Redaktion: AMSEL e.V., 27.07.2016