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Frexalimab: Ergebnisse aus Phase 2

Der B-Zell-Hemmer in der Pipeline greift möglicherweise in den Mechanismus des Epstein-Barr-Virus ein. Das macht ihn interessant, findet Prof. Mathias Mäurer.

Noch ein B-Zell-Hemmer gegen MS, noch ein Antikörper. Frexalimab bekäme neben der Menge bereits zugelassener Wirkstoffe mit ähnlicher Wirkweise wohl nur die halbe Aufmerksamkeit. Wenn dieser Anti-CD40L-Antikörper nicht im Zusammenhang mit EBV, dem Epstein-Barr-Virus stünde. Jenem Virus also, das man als (mit-) verdächtig für die Entstehung der MS einstuft.

Wenn also das Epstein-Barr-Virus tatsächlich Mitverursacher der Multiplen Sklerose ist (vieles deutet darauf hin) und wenn Frexalimab über diesen Weg gezielt B-Zellen deaktivieren und so die MS einbremsen kann – beides muss noch sicher nachgewiesen werden –, dann wäre Frexalimab, sofern es zugelassen werden kann, eine Behandlungsoption für viele Menschen mit MS. – Wem das zu viele Wenns und Soferns sind, der wartet besser auf die Ergebnisse der Phase-3-Studien zu Frexalimab, anstatt hier weiterzulesen.

Frexalimab und das Epstein-Barr-Virus

Die Details: Anders als Ocrelizumab, Ofatumumab und Ublituximab depletiert (also zerstört) Frexalimab die B-Zellen im peripheren Blut nicht, sondern es verhindert lediglich deren Aktivierung. Das geschieht über den Liganden von CD40, genannt CD40L auf T-Zellen. Denn um B-Zellen zu aktivieren (und auch T-Zellen mit ins Boot zu holen), braucht es nicht nur einen Antikörper (etwa ein Virus), das an Rezeptoren anbinden kann, sondern es müssen weitere Signalwege aktiviert werden wie die Verbindung von CD40 und CD40-Ligand. Ohne diesen Signalweg wird das Einschreiten dieses Teils des Immunsystems nicht aktiviert. Frexalimab blockiert genau diesen Signalweg.

Das Epstein-Barr-Virus wiederum führt in infizierten B-Zellen dazu, dass mehr CD40L exprimiert wird. Dieser eine nötige Signalweg ist in diesen Zellen also immer aktiviert. Und genau diese Zellen könnte Frexalimab (neben anderen) blockieren und damit das Fortschreiten der MS bremsen.

In einer aktuell veröffentlichten Phase-2-Studie an Patienten mit schubförmiger MS gelang dies im Vergleich mit Placebo. Sowohl die Läsionslast konnte Frexalimab stark eindämmen als auch die Neurofilament-Leichtketten (Plasma-Nfl) reduzieren. Nfl-Werte im Blut dienen – bislang nur in Studien – als Biomarker für den Krankheitsfortschritt bei Multipler Sklerose (amsel.de hatte berichtet).

Nebenwirkungsspektrum bisher im erwarteten Bereich

In Studien erwies sich der Antikörper als sicher. An Nebenwirkungen führte Frexalimab bei den insgesamt knapp über hundert Patienten der beiden Wirkstoffarme vor allem vereinzelt zu Kopfschmerzen und milden bis moderaten Covid-19-Infektionen. Eine erhöhte Infektneigung würde man bei dieser Form der Immunmodulation erwarten. Außer der Reihe und nur bei einem Patienten im Wirkstoffarm mit der geringeren Dosis kam es zu einer Erhöhung des ALT-Wertes der Leber. Derzeit wird Frexalimab als Infusion verabreicht; die subkutane Injektion wäre theoretisch jedoch auch möglich.

Wirkung und Nebenwirkung gegeneinander abgewogen plus die Möglichkeit, latent mit EBV infizierte B-Zellen gezielt zu deaktivieren – damit scheint Frexalimab ein interessanter Wirkstoff zu sein. Näheres werden die Fortsetzung der Phase-2-Studie sowie Phase-3-Studien mit einer deutlich größeren Zahl an Probanden zeigen müssen.

Quellen: NeurologyLive, 03.06.2023; Poster mit Phase-2-Daten, abgerufen von Google Drive am 06.07.2023; MS-Docblog, 11.08.2023.

Redaktion: AMSEL e.V., 11.08.2023