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Frühtherapie bei Multipler Sklerose

Fumarsäure und Teriflunomide sind orale Medikamente, die eine Chance haben wie Interferone oder Copaxone zugelassen zu werden, so Prof. Dr. Mathias Mäurer im Multiple Sklerose Expertenchat der AMSEL.

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe AMSEL-Chatter, herzlich willkommen heute zum Thema "Frühtherapie bei Multipler Sklerose" mit Prof. Mäurer, den ich auch ganz herzlich begrüße !

Chris Roth: Guten Abend!--Was für Therapiemöglichkeiten gibt es zur Behandlung des Fatigue-Syndroms?

Prof. Dr. Mathias Mäurer

Chefarzt der Neurologie im Caritas-Krankenhaus, Bad Mergentheim

Schwerpunkte: Akut-Neurologie, Neurologischn Intensivmedizin, Neuroimmunologie, vor allem bei der Versorgung von Patienten mit Multipler Sklerose

Mitglied des ärztlichen Beirates der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG)

2001 Sobek Nachwuchspreis

Experte im Video "Multiple Sklerose & Sport"

Prof. Dr. Mathias Mäurer: In erster Linie körperliche Aktivität - auch wenn es etwas wiedersprüchlich klingt. Aber körperliche Aktivität ist ein probates Mittel gegen Fatigue. Medikamentös kann man milde Antidepressiva versuchen (z.B. Citalopram), PK Merz (Parkinsomittel) wirkt bei einigen Patienten positiv, auch 4-Aminopyridin werden Wirkungen gegen die Fatigue zugeschrieben. Manche Patienten berichten von positiven Erfahrungen mit Modafinil (Vigil). Insgesamt ist die medikamentöse Therapie aber schwierig.

Basti1989: Hallo, ich habe seid anfang dezember ie diagnose ms. Vor letzte Woche habe ich noch einen LTT Borreliose test gemacht. Das Ergebnis was dann letzte Woche kam war positiv. Ich habe jetzt nächste Woche einen Termin im Krankenhaus wo ich noch mal genau untersucht werde. Soll ich auch darauf beharren das ich auf die Borreliose behandelt werde? Vielleicht kommt das ja auch alles nur davon.#

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Der LTT (Lymphocyten Transformationstest) ist unter Experten sehr umstritten. Letztlich ist die Neuroborreliose ein sehr umschriebenes Krankheitsbild mit recht eindrücklichen Befunden im Liquor, das sich eigentlich von der MS in vielen Aspekten unterscheidet. Vor dem Hintergrund, dass ein positiven Borrelientiter in Deutschland sehr häufig ist (ca. 8 MIO positiv in D - und die sind sicher nicht alle krank), gibt es halt sehr viele MS Patienten mit positiver Borrelien Serologie. Daher wäre ich eher defensiv mit einer Behandlung.

shiva: welches medikament wird den im regelfall als erstes verabreicht? oder gibt es da sowas wie einen regel fall nicht ?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Derzeit sind Interferon und Copaxon die Medikament die in erster Linie (sog. Basistherapie) eingesetzt werden.

Maya: Hallo, was bedeutet genau "Frühtherapie"? Wann ist früh bzw.ab wann sollte man mit ihr beginnen? Danke

Prof. Dr. Mathias Mäurer: "Frühtherapie" bezieht sich auf die Maßnahmen direkt nach der Diagnosestellung - zu diesem Zeitpunkt sollte man aus Expertensicht auch mit eine Behandlung beginnen - bzw. über eine Behandlung reden.

Basti1989: Aber das Liqurwasser sollte ich mir zu Sicherheit und um zu kontrollieren ob es wirklich eine Borreliose ist noch einmal abgenommen werden? Also ich meinte auch nicht das sie es behandeln sollten nur bei den Untersuchungen mit berücksichtigen sollten.

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Wenn noch nie eine Nervenwasserprobe entnommen wurde, kann man das machen und auch im Hinblick auf Borrelien schauen. Wenn das aber schon gemacht ist und die Klinik nicht für eine Borreliose spricht (Gesichtsnervenlähmung, starke Schmerzen wie Bandscheibenbeschwerden), würde ich keine weitere Diagnostik auf eine Neuroborreliose machen.

Maya: Wenn eine Basistherapie nicht mehr anschlägt,da man darunter wieder / noch Schübe hat,muss man sofort auf eine Eskalationstherapie umsteigen oder reicht es zunächst auf eine andere Basistherapie zu wechseln? Danke

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Da sich die Basistherapien nicht wesentlich von der Wirksamkeit unterscheiden, ist eine Umstellung auf eine Eskalationstherapie wahrscheinlich effizienter - und darum geht es ja letztlich.

Maya: Bis wann spricht man bei der MS von "Frühstadium"?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Schwierige Frage - kann man zeitlich nicht so einfach eingrenzen. Frühtherapie meint die therapeutische Entscheidung nach der Diagnosestellung, bei manchen Patienten besteht die Erkrankung da aber auch schon einige Jahre.

shiva: hallo :) ich bekam meine diagnose im märz seit dem habe ich erst einmal cortison bekommen was meinen zustand leider nicht verbesserte(entzündung des sehnervs) . es hiess wir warten ab(da ich noch so jung sei ..dabei bin ich schon 34 also das normale "einstiegs" alter ) .erst auf meine drängen hin (und eine verweigerung einer neuen cortison verabreichung )wird jetzt die erste therapie angestezt . hat der verzug evtl folgen für meinen krankheitsverlauf? . vielen dank

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Nein, ein Verzug von wenigen Monaten hat sicherlich keinen spürbaren Einfluss auf den weiteren Erkrankungsverlauf. Grundsätzlich ist Abwarten der schlechtere Weg, es sei denn, es ergeben sich aus der individuellen Krankheitsgeschichte gewisse Anhaltspunkte, ein Abwarten zu rechtfertigen. Man muss sich halt klar sein, dass die MS unterschwellig weiter geht. Daher ist eine konsequente Behandlung ab einer sicheren Diagnose sinnvoll.

shiva: mit welchen nebenwirkungen muss ich rechnen wenn ich interfeon oder copaxon verabreicht bekomme?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Interferon: grippeähnliche NW i.R. in den ersten drei Monaten - läßt sich gut mit Paracetamol oder Ibuprofen kontrollieren. Einstichstellen an der Haut. Leichte Leberwerterhöhung. Copaxone: Einstichstellen an der Haut, selten mal eine (ungefährliche) Post-Injektionsreaktion (Flush, Herzklopfen) bei beiden Präparaten ansonsten keine gravierenden NW

Basti1989: Ich habe aber untere Rückenschmerzen. Noch dazu Habe ich in den Oberschenkeln im nur eine Muskelschwäche ( nur in den Oberschenkeln)

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ist jetzt für mich ohne nähere Daten schwierig zu beurteilen. Wenn sie unsicher sind, ist es sicherlich gut, wenn sie es noch einmal mit Ihren Ärzten besprechen und zur Sicherheit auch die Diagnostik machen.

Martina: Diagnose 2/2011, seit Januar 2012 mache ich eine Therapie mit Copa. Ich wollte eigentlich mit Avonex starten, aber meine Neuro meinte als Startertherapie sei das nicht geeignet. Stimmt das?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Nein, Avonex ist ebenfalls als Basistherapie geeignet.

berni: würden sie sagen das eine Frühtherapie (Basistherapie) sinnvoll ist, bei den ersten Anzeichen wie einer Sehnervendzündung mit anschließender Diagn. von MS.

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Wenn neben der Sehnervenentzündung im MRT noch andere Hirn/Rückenmarksregionen entzündliche Veränderungen zeigen, ist eine Basistherapie sinnvoll.

Basti1989: Ist das eigentlich normal, das ich nie Cortison bekommen habe? Selbst wo die Diagnose raus kam habe ich keins bekommen.

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Cortison setzt man zur Behandlung akuter Schübe ein, um die Symptome schneller zurückzudrängen. Daher muss natürlich nicht immer Kortison gegeben werden - häufig macht man es aber. Vielleicht ging es Ihnen ja hinsichtlich Ihrer Symptome wieder so gut, dass es nicht nötig war?!

Cello: Hallo :-) ich nehme jetzt seit knapp 6 monaten copaxone und habe in drei wochen meinen nächsten tremin bei einem ms-spezialisten. erfahre ich dann, ob copaxone bei mir "anschlägt"?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Anschlagen bedeutet, dass man keine Schübe hat und das sich im MRT nicht wesentliches verändert. Ansonsten ist Anschlagen schwer zu definieren - man hat ja unmittelbar nichts von der Therapie - ist ja im wesentlichen ein Prophylaxe für eine "bessere" Zukunft. Ein Jahr würde ich übrigens jeder Therapie erst einmal eine Chance einräumen.

Chris Roth: Ich hatte mein "Erstereignis" in Form einer Optikusneuritis re. gegen Ende 07.11.-seit September 11 nehme ich das Betaferon; nach Abklingen der bekannten grippalen Nebenwirkungen ist bei mir ein häufiges Zuschwellen der Nase(auch an den Tagen, an denen ich nicht spritze) zu bemerken, was sich durch die üblichen abschwellenden medikamentösen Massnahmen in den Griff bekommen lässt; allerdings geht es derzeit nicht ohne Nasenspray-Was kann die Ursache sein; bzw. welche weiteren therapeutischen Schritte wären Sinnvoll?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Das ist kein bekanntes Symptom von Betaferon, kann aber natürlich trotzdem damit zusammenhängen. Geht es weg, wenn sie mal eine Spritze aussetzen?

birgit33: Guten Abend, Herr Dr. Mäurer, ich hab seit zwei Monaten die Diagnose MS. Seitdem spritze ich Copaxone. Jetzt hab ich total Angst, dass ich irgendwann keine Lust mehr habe, mich jeden Tag zu spritzen. Kann man nichts anderes machen? Gibt es irgendwas, dass man auch monatlich oder zumindest nur wöchentlich spritzen bzw. sich geben lassen kann? Vielen Dank schon mal für Ihre Antwort.

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ja, es ist vieles in der Entwicklung. Fumarsäure und Teriflunomide sind orale Medikament, die eine Chance haben wie Interferone oder Copaxone zugelassen zu werden. Darüber hinaus ist auch ein Depot-Interferon in der Entwicklung. Also, es gibt sicher Alternativen, wenn sie mal keine Lust mehr haben ;-)

shiva: was halten sie von alternativen heilmitteln? mir wurde fumaria d6 (erdrauch)empfohlen ..in studien wurde sogar von einer unterdrückung der schübe gesprochen(die probanten haben das mittel über 2 jahre eingenommen und weniger bis keine schübe gehabt) . ist ihnen das mittel bekannt?? mir ist natürlich klar das es nicht die basis therapie ersetzen kann ..aber über die eindämmung der schübe wäre ich doch sehr dankbar ;)

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Es gibt tausende alternativer Mittel, die alle den Anspruch haben etwas gutes zu tun, aber keines dieser Mittel ist nach wissenschaftlichen Grundsätzen getesten. Wenn sie etwas gefunden haben, was Ihnen gut tut - fein, machen Sie weiter damit. Aber behandeln sie trotzdem Ihre MS mit gesicherten und wirksamen (schulmedizinischen) Präpraten - auf lange Sicht werden sie davon profitieren.

Linda: Hallo, auch ich habe eine Frage :) Ich habe vor etwa 2 Monaten die Diagnose MS bekommen... Durch die Behandlung mit dem Kortison (5 Tage im Krankenhaus, es fand kein "Ausschleichen" des Kortisons statt) sind die Symptome mittlerweile wieder fast vollständig verschwunden. Die Ärzte meinten, dass noch ein weiteres MRT gemacht werden sollte, um zu schauen, ob noch alte Entzündungsherde da wären. Wenn ja, hätte ich auch mit der "Frühtherapie" beginnen sollen. Da aber nichts weiter gefunden wurde, passiert im Moment erst einmal nichts. Allerdings habe ich auch derzeit keine weiteren Symptome, sondern mir geht es eigentlich ganz gut. Wäre es trotzdem sinnvoll über eine Therapie nachzudenken?? Danke schon einmal im Voaraus!!

Prof. Dr. Mathias Mäurer: 1) Kortison muss man nicht ausschleichen, das ist schon ok so 2) Wahrscheinlich sind die diagnostischen Kriterien für eine sichere MS noch nicht erfüllt - in einer solchen Situation kann man zwar auch schon behandeln, aber es ist auch ok wenn man noch beobachtet. Es sollte aber mit Hilfe der MRT weiter kontrolliert werden. Bei Krankheitsaktivität im MRT würde ich dann anfangen.

berni: 'Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob die Basistherapie wirkt? Es gibt zwar große Studien, die das zu belegen scheinen, aber bezeichnenderweise sind das alles Studien, die die entsprechenden Pharmafirmen selbst durchgeführt haben. Die einzige Studie, die ich kenne, die nicht von den Herstellern durchgeführt wurde, wurde im British Medical Journal veröffentlicht und ergab ein erschreckendes Ergebnis. Was halten sie davon?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ohne die Hersteller gäbe es keine klinische Forschung - die Studien sind aber trotzdem unabhängig und wissenschaftlich korrekt, darüber wachen eine Vielzahl von Institution und unabhängiger Gremien weltweit.

Chris Roth: Das Pausieren habe ich bislang noch nicht probiert; kann ich das so gefahrlos machen?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Na ja, so eine Nasenschwellung ist ja nicht so angenehm, von daher ist es schon zu rechtfertigen, dass sie mal ein - zwei Injektionen pausieren, um zu sehen ob es mit der Gabe zusammenhängt. Manchmal ist es ein Reaktion gegen bestimmte Zusatzstoffe. Das können sie nur rausbekommen, wenn sie mal pausieren - kurze Zeit ist es sicherliche gefahrlos möglich.


Allgemein - birgit33: Hallo alle zusammen :) Ich wollte gerne mal hören, was Euch gegen die Fatigue hilft und wie Euer Umfeld darauf reagiert.
Max: hallo, ms seit 25 jahren, nie eine therapie, ausser 2x corti, mir geht es gut, kann laufen usw.,nur jetzt habe ich plötzlich ein gürtelgefühl eine enge um den brustkorb, geht weg nach schlaf baut sich danach wieder auf, was kann ich dagegen machen ausser schlafen?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: übers Internet schwer zu beurteilen - sprechen sie bitte mit Ihrem Neurologen.


Allgemein - Chris Roth: Huhu-ich habe bislang noch nichts wirksames gefunden
sylli: Guten Abend, Herr Dr.Mäurer, ich habe die Diagnose vor 3 Jahren nach einer Sehnerventzündung bekommen, habe aber unterschiedliche Symptome seit 20 Jahren, die immer wieder zurück gegangen sind. Bisher nehme ich keine Basistherapie aus Angst vor den Nebenwirkungen. Jedoch bekomme ich auch Angst, wenn gesagt wird, die MS arbeitet im Hintergrund. Sollte ich doch nach so vielen Jahren ohne nennenswerten Beschwerden eine Therapie beginnen?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Es kommt darauf an wie stark die Erkrankung im Hintergrund arbeitet, da kann die MRT helfen.


Allgemein - shiva: nabend :) um ehrlich zu sein hilft mir da im moment leider nix .. ich muss mich immer hinlegen und schlafen . ne zeitlang hat etwas körperliche betätigung bei mir geholfen(yoga) aber jetzt fehlt mir da leider die kraft zu :( . hab auch noch ne agile 2 1/2 jährige tochter die ist gott sei dank versogt wenn ich mal richtig schlapp bin :( .

Allgemein - birgit33: Hi^^ Na, dann bin ich ja wenigstens nicht ganz allein damit. Was hast Du denn schon probiert?
Barton: Guten Abend, was ist der Grund weshalb Gilenya trotz sehr überzeugenden Studienergebnissen nicht als Basistherapie in Deutschland zugelassen ist? In den USA z.B. ist es Gilenya ja auch und der Punkt Nebenwirkungen gilt ja in den USA wie in Deutschland.. Und die FDA ist ja auch für ihre "Strenge" bekannt wieso gibt es dann keine Zulassung in Deutschland als Basistherapie?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Das ist richtig was sie schreiben, aber in diesem Fall war die EMA (European Medical Agency - europäisches Pendat zur FDA) vorsichtiger/streger und hat nur eine beschränkte Zulassung ausgesprochen. Da kann man nichts machen...

berni: Meine MS wurde sehr spät diagn.(46Jahre alt) und dann behandelt. Bis zu meiner Erstbehandlung Cortison + Basistherpie Beterf, Copax.. hatte ich nur leichte Gehproblem. Nach der Medikation ging es mir immer schlechter und bin jetzt im sek. prog. Status. Das passierte innerhalb von 5-Jahren. Jetzt nach 3Jahren pausieren von der Basistherpie kann ich wieder besser gehen und die Spastik ist auch leichter. Würden sie sagen ich bin ein Einzelfall?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Basistherapeutika sind nicht schlecht, aber in späteren Phasen der Erkrankung sicherlich keine Wunderwaffen mehr. Ihre Verschlechterung liegt eher am Verlauf Ihrer Erkrankung und nicht an den Medikamenten. Daher ist eine frühe Diagnose und Therapie so wichtig.

shiva: wie ist es denn wenn man als frau noch mal den kinderwunsch verspürt . ich mein so eine basis therapie( ob mit oder interferon copaxon) ist doch besimmt nicht ungefährlich für das neugeborne oder?. ich weiss das man ja die therapie unterbrechen muss aber ist nicht immer noch ein rest des medikamnets im körper das dem kind schaden könnte?? ich mein baut sich das denn so schnell ab im körper? ist doch dann bestimmt auch nicht so förderlich für den ms verlauf oder??

Prof. Dr. Mathias Mäurer: wenn sie schwanger sind, Medikament absetzen. Nach der Stillzeit wieder beginnen. Die Schwagerschaft ist meistens protektiv. Wenn sie sich Sorgen wegen NW während der Kindszeugung machen, müssen sie vorher absetzen, ist aber aus medizinischer Sicht nicht notwendig.

berni: Löste Gilenya nicht als Nebenwirkung auch Hautkrebs aus?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: so kann man das nicht sagen - in der Gilenya Gruppe wurden bei ca. 1.2% der miot 0.5% behandelten Patienten Hautumore gefunden. Die Behörden haben daraus aber keine Sicherheitsbedenken abgeleitet - tortzdem sollte man natürlich immer wachsam sein.

tonia: Hallo Herr Prof. Mäurer. Ich habe eine "wackelige" Diagnose. Sprich die olig. Banden sind positiv, ebenso habe ich eine klinische Symptomatik. Eine eindeutige Entscheidung wird nicht gefällt. Leider wird die Symptomatik nicht besser, oder nur gering rückläufig. Spricht man jetzt von einer MS und wäre sie dann behandlungsbedürftig? Oder soll man alles so lassen. Tremor, leichte Ataxie, Gangunsicherheiten, Tonuserhöhungen ???

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Nein, definitiv dranbleiben. Ich kann jetzt natürlich nicht beurteilen, was "wacklig" bedeutet, aber i.d.R. sollte es gelingen eine Arbeitsdiagnose zu stellen und dann auch zu therapieren.

Moderator Patricia Fleischmann:

@shiva: Wenn Sie mehr wissen wollen über Schwangerschaft & MS, dann schauen Sie doch bitte mal in eines der Chatprotokolle zum Thema, zB vom März 2012 mit Prof. Judith Haas: www.amsel.de/beratung/expertenchat/index.php

 


Allgemein - shiva: @patricia oh vielen dank da schau ich gern mal rein :)
Cello: ich habe die diagnose auf ms seit 10/11. im 10/11 und 12/11 habe ich kortison bekommen, seit 01/12 haben sich meine symptome gebessert (hatte aber eh nur ameisenkrabbeln in den händen und auf den oberschenkeln, ab und zu mal wadenkrämpfe). seit ca. 3 monaten fühlen sich meine fingerspitzen ein wenig "pelzig" an, habe aber keinerlei einschränkungen und bis jetzt auch kein schub. nehme seit 12/11 copaxone. werde ich jemals erfahren können, ob mir copaxone hilft? wird das "pelzige" gefühl in den fingerspitzen bleiben?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: sensible Symptom sind häufig sehr hartnäckig - es kann manchmal länger dauern bis sie vollständig weg gehen. Außerdem können solche Symptome bei höheren Außentemperaturen oder nach dem Sport (körperliche Erwärmung) etwas verstärkt werden - dann nicht nervös werden.

berni: wurden ihre Forschung/Studien unterstützt von Biogen?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: BiogenIdec ist ein Pharmakonzern, der viele MS Medikamente entwickelt hat und vielen interessante Medikamente in der Pipeline hat. Wenn solche Medikamente eine Marktzulassung bekommen sollen, dann müssen Pharmakonzerne unter strengen Regeln mit Kliniken zusammenarbeit. Das gilt aber für jede Firma, die klinische Prüfungen. In diesem Rahmen arbeit ich natürlich auch mit der pharmazeutischen Industrie zusammen. Nochmal, ohne die Industrie gäbe es nicht die beschleunigte Innovation, die wir im Moment auf dem Feld der MS haben, staatliche Forschung kann das alleine nicht stemmen.

Barton: Sie haben vorhin Fumarsäure (BG12) und Teriflunomide (Aubagio) angesprochen. Beides Produkte die aktuell bekanntlich im Zulassungsverfahren sind. Was ist Ihre persönliche Meinung: Werden beide Produkte zugelassen und wenn ja: Welches der beiden hat für Sie das größere Potential in der Behandlung?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Beide haben Potential - da es keine Vergleichstudien beider Medikamente gibt, ist der zweite Teil ihrer Frage nicht zu beantworten. Die Wirkung beider Präparate dürfe sich aber nicht sehr wesentlich von der Wirkung der Basistherapeutika unterscheiden- sie sind aber durchaus als orale Medikamente interessant.

Nina K.: Hallo,ich habe seit 2006 meine Diagnose, leider habe ich immer wenn ich mit Rebif oder Avonex beginne alle meine alten Symptome. Mir geht es nur schlecht unter den Medikamenten. Also Lhermittes Zeichen,Kribbeln,Schwinden,watte gefühl im Kopf etc. kann dies weggehen? Oder kann es sein das ich unter Beispielweise Betaferon oder Copaxon diese Symptome nicht habe? Ich habe in den letzten 6Jahren 3Schübe gehabt und kaum sonst probleme mit der MS. Seit 4Jahren sind nur meine Augen betroffen.

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Wenn sie die Interferone schlecht vertragen, könnte ein Wechsel auf Cop sinnvoll sein. 6 Schübe in 3 Jahren sind zwar nicht viel, aber vielleicht sollten sie über das weitere Vorgehen doch mal mit Ihrem Neurologen sprechen.

susa: Nach der Diagnose wurde aufgrund starker Krankheitsaktivität gleich eine Eskalationstherapie mit Tysabri eingeleitet. Nach ca. 1 Jahr konnte inzwischen zwar eine deutliche Stabilisierung erreicht werden, allerdings gibt es nach wie vor deutliche Schwankungen im Befinden, d. h. unterschiedliche Symptome kommen und gehen, allerdings nie in einem Ausmaß/Dauer, dass man von einem Schub sprechen könnte. Wie sind denn generell die Chancen, nach einer Eskalationstherapie später auf eine BT wechseln zu können? Sind dabei ggf. bestimmte Zeitabstände zwischen den einzelnen Medikamenten einzuhalten?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Man kann bei Stabilität auch deeskalieren - das Risiko, dass eine Basistherapie den Krankheitsverlauf nicht vollständig kontrolliert ist aber gegeben. Zeitabstände brauchen für BT nicht eingehalten zu werden, bei Umstellung auf Fingolimod würde ich allerdings ca. 8 Wochen warten.

sylli: ich habe nochmal zwei Fragen: 1.gilt eine Sehnerventzündung als Schub?2. kommt es häufiger vor, dass Kortison dabei nicht hilft? Bei mir hat es die Symptome verstärkt, sodass ich eine Plasmpherese bekommen habe, erst das hat geholfen.

Prof. Dr. Mathias Mäurer: 1) Ja 2) steroidrefraktäre Schübe kommen vor, aber nicht so häufig. In diesen Fällen kann die Plasmapherese helfen.

Cello: ich hatte aber vorher eher "kribbeln". diese symptome sind vollständig zurückgegangen. dann war ich komplett für 3 monate beschwerdefrei und jetzt ist auf einmal das "pelzige" gefühl da!?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Dann würde ich im Zweifelsfall noch einmal nachuntersuchen - ggf. auch mit dem MRT. Es könnte ja ein neuer Schub sein, eine Basistherapie ist ja keine vollständige Garantie gegen neue Entzündungsaktivität.

tonia: wacklig heißt genau die "Arbeitsdiagnose".Ich habe noch nichts anderes gehört, außer hmm, das ist schwierig zu beurteilen... Weder hüh noch hott. Man hat mir zu einer erneuten Lp. geraten, denn vielleicht hätte das Labor nicht richtig gearbeitet?? Wie schräg soll ich das finden.? Die evp waren an der oberen Grenze...

Prof. Dr. Mathias Mäurer: waren sie in einem MS Zentrum?

tonia: jep

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ok - dann kann ich Ihnen das nicht empfehlen ;-) Für eine vernüftige Auskunft müsste ich einfach mehr wissen, wo das Problem liegt. Es gibt natürlich manchmal Grenzfälle, aber in der Regel sollte man sich auf eine Vorgehen einigen können.

Nina K.: Die Fumarsäure kann auch zu Flashs führen oder?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: ja das ist richtig - und auch richtig ordentlich. Allerdings wird das auch mit der Zeit besser.

shiva: noch einmal eine letze frage zur basis therapie ;) . meine symptome sind ja wie schon beschrieben leider nicht zurück gegangen (auch wenn es mir versichert würde das sich der sehnerv wieder einrenken würde) dazu ist noch e ine einseitige gesichtslähmung gekommen die ich jetzt seit 2 wochen habe . sie wird zwar schwächer aber vollständig abgeklungen ist es nicht . jetzt ist meine hoffnung das die symptome mit der ersten therapie sitzung wieder verschwinden . ist das eher naiv gedacht??

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ja, leider schon. Eine Basistherapie ist Prophylaxe vor weiteren Schüben, ist aber nicht in der Lage neurologische Defizite, die schon bestehen zurückzubilden.

tonia: Ich vermute ich bin dann wohl so ein Grenzfall. ;-( Nicht das ich scharf auf eine Diagnose bin, ich wäre schonmal froh wenn es eine Meinung gebe ob oder ob nicht. Ich weiß nicht wo das/mein Problem liegt. Was ich ihnen geschrieben habe, ist die zusammengefasste Kurzform.

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ganz so trivial ist eine Diagnosestellung nicht - ihre genaue Geschichte und die genaue Durchsicht der Orginalbefunde kann nicht durch die "Kurzform" ersetzt werden.

shiva: oh je und was empfehlen sie mir zu rückbildung? also ich mein kann ich jetzt nur abwarten?? und hoffen ?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ist nicht so einfach ohne sie zu sehen, aber in den frühen Phasen haben sie keine schlechten Chancen, dass sich vieles deutlich bessert - wenn nichts neues dazu kommt. Daher sollten sie konsequent prophylaktisch therapieren.

tonia: ok. ich hab verstande, sorry ;-) vermutlich liegen langsam einfach die Nerven blank. Ich habe kein gesteigertes Interesse an einer Lp. noch habe ich langsam Mühe meine Symptomatik bei einem niedergelassenen Neurologen zu erzählen. In der Zwischenzeit bin ich bei 3en durchgereicht worden...

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ich dachte die LP wäre schon gemacht - und hätte pos. OKBs gezeigt!?

Nina K.: Für mich kommt Copaxon deswegen schon nicht in frage,wohne alleine und habe zu viel angst davor. Ich hatte vorhin schon eine Frage abgeschickt.Diese kam wohl nicht an. Ich habe seit 2006 bereits MS und ich hatte ca.3-4 Schübe sensibilätsstörungen und SNE´s. Unter Avonex und Rebif haben sich meine Symptome die ich bereits hatte immer sehr stark wieder gezeigt,wobei ich sonst symptom frei bin. Nach absetzen ging es mir schnell besser. Gibt es noch alternativen? Ist unter Betaferon das gleiche zu erwarten? Meine MS ist nicht seht aktiv deswegen gehe ich davon aus das ich tysabri nicht nehmen kann.

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Warum Angst vor Cop - das ist wahrscheinlich noch harmloser als die Interferone...

shiva: sind den die therapieformen euopaweit gleich?? ich lebe nämlich nicht in deutschland und habe keine vergleichsmöglichkeiten ;)

Prof. Dr. Mathias Mäurer: in der EU ist es relativ homogen, was die Zulassung angeht, aber da bedeuten noch nicht, dass die Kassen in den jeweiligen Ländern auch die Medikamente erstatten. Außerhalb der EU ist es relativ inhomogen.

tonia: ja die wurde mit pos. OKGs gemacht...

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Gut, dann haben sie auf jeden Fall eine chronischen ZNS Entzündung - die Auswahl ist dann nicht mehr so groß. Für die Auswahl braucht man allerding mehr Infos..

Linda: Hallo nochmal, leider konnte ich gerade nicht so schnell antworten. Doch, die Diagnose MS ist schon sicher... Daher war/bin ich mir ja so unsicher, was die Medikamente bzw. Therapie angeht. Aber danke auf jeden Fall, für Ihre Antwort :)

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Wenn die Diagnose "sicher" ist - also nach den Diagnosekriterien, dann sollte man eigentlich therapieren.

tonia: ok..verstanden...und was für Infos wären wichtig?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: alles: komplettes Labor, MRT spinal + cranial, Elektrodiagnostik - und das wichtigste eine sorgfältige Anamnese.

Linda: Also sollte ich mir eventuell einen anderen "Fachmann" suchen und eine zweite Meinung einholen?? Als ich stationär aufgenommen wurde, lag ich auf einer neurologischen Station, die u. A. den Schwerpunkt auf MS setzt.... Daher dachte ich eigentlich, dass ich dort ganz gut beraten werde... Gerade, weil noch alles so neu ist für mich...

Prof. Dr. Mathias Mäurer: Ich weiß natürlich auch zu wenig Details zu Ihrem individuellen Fall, aber bei einer definitiven Diagnose würde ich immer behandeln. Daher kann vielleicht eine zweite Meinung nicht schaden.

tonia: labor ist gemacht..alles soweit ok, bis auf ein leicht erhöhtes GOT, MRT spinal (heißt WS, oder?) wurde gemacht, ohne Befund. Und was meinen sie mit Elektrodiagnostik. Ein EEG oder EKG?

Prof. Dr. Mathias Mäurer: SEP, VEP, MEP. Labor ist ein weiter Begriff dazu gehören u.U. Spezialuntersuchunge v.a. wenn man sich nicht ganz sicher ist.

Linda: Hmm... Okay... Vielen Dank für Ihre Hilfe :)

Prof. Dr. Mathias Mäurer: gern geschehen (ich hoffe sie waren nicht bei uns ;-)

Nina K.: Wegen den Flashs? sind die so schlimm...

Prof. Dr. Mathias Mäurer: weiß ich nicht, sorry :-) Aber ist wahrscheinlich wie bei den Interferonen, für manche sind die NW unerträglich, andere stecken es ohne Probleme weg.

Moderator Patricia Fleischmann: Huch, die Zeit verging ja wie im Flug. Vielen Dank für Ihr reges Interesse und an Prof. Dr. Mäurer vielen, vielen Dank für sein Engagement hier ! Ihnen allen einen schönen restlichen Abend. Weiter geht's in 2 Wochen, Dienstag, 19. Juni, Thema und Experte sind momentan noch offen, erfahren Sie jedoch rechtzeitig über amsel.de oder www.amsel.de/facebook

tonia: SEP grenzwertig, VEP und MEP unauffällig. Spezialuntersuchungen wie Neurobor. waren ebenso unfauffällig. Es bleibt allein die pos. Banden und die symptomatik

Prof. Dr. Mathias Mäurer: wir werden es wahrscheinlich so nicht klären können - das geht nur face to face. Gruß MM

Redaktion: AMSEL e.V., 05.06.2012