Spenden und Helfen

Bürokratie verhindert Therapie Multiple Sklerose Erkrankter

Gravierende Mängel bei Heilmittelversorgung MS-Erkrankter und schwer und dauerhaft Behinderter.

In einem offenen Brief wendet sich die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) an den Spitzenverband der Krankenkassen mit der dringenden Bitte, die gravierenden Probleme bei der Heilmittelversorgung von Menschen mit schweren und dauerhaften Behinderungen kurzfristig zu beheben. Diese Mängel bei der Versorgung mit Heilmitteln (Krankengymnastik, Ergotherapie, etc.) bestehen seit Jahren, obwohl Patientenverbände wie AMSEL e.V. regelmäßig auf diese Missstände hingewiesen haben. Selbst eine gesetzliche Neuregelung, die mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz Anfang des Jahres in § 31 Abs. 1a, SGB V eingefügt wurde, hat an der Situation bislang nichts geändert. Grund hierfür ist, dass sich die zuständigen Stellen, insbesondere auch der Spitzenverband der Krankenkassen, nicht über den zu berücksichtigenden Personenkreis und das Antragsverfahren einigen können.

Die Engpässe bei der Heilmittelversorgung sind begründet in der Heilmittelbudgetierung, die für jeden Arzt ein festes Verordnungsvolumen festlegt. Viele Ärzte haben seither ihre Verordnungen eingeschränkt, um nicht Gefahr zu laufen, bei einer Überschreitung dieses Budgets in Regress genommen zu werden.

Langfristige Verordnung für Schwerkranke als Praxisbesonderheit

Auf Drängen der Patientenvertretung im G-BA wurde deshalb im Jahre 2011 in die Heilmittelrichtlinien eine Regelung aufgenommen, die es ermöglichen sollte, langfristige Verordnungen für Schwerkranke als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen. Solche Praxisbesonderheiten fließen nicht in das Arztbudget ein (wir berichteten). Der Gesetzgeber hat die Absicht dieser Regelung durch Aufnahme in das SGB V bestätigt. Trotzdem hat sich bislang nichts geändert. Insbesondere folgende Probleme bestehen weiterhin:

  • Ärzte verweigern Patienten die Verordnung von Heilmitteln vollständig.
  • Ärzte verweigern Patienten die Feststellung des langfristigen Verordnungsbedarfes, da hierfür die geeigneten Vordrucke fehlen.
  • Kassen verzögern notwendige Versorgung durch überlange Prüfungszeiten von bis zu mehreren Monaten.
  • Durch Bearbeitungshinweise des GKV-Spitzenverbandes wird der Bereich des berechtigten Personenkreises extremer eingeschränkt, da nur Personen mit langfristigem und gleichzeitig absolut gleichbleibendem Behandlungsbedarf berücksichtigt werden.
  • Einige Heilmittelerbringer verweigern die Behandlung, wenn keine abschließende und eindeutige Genehmigung der Krankenkasse vorliegt.

Der Spitzenverband der Krankenkasse betont in seinem Antwortschreiben, dass es selbstverständlich auch in seinem Interesse ist, die gesetzlichen Vorgaben zur Heilmittelversorgung umzusetzen, verweist aber gleichzeitig auf die Probleme durch unterschiedliche Auffassung über den von der Regelung umfassten Personenkreis. Man hoffe aber, bei anstehenden Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung zu Praxisbesonderheiten auch eine Lösung zur Langfristverordnung bei Heilmitteln bis Ende September des Jahres zu finden.

Für die Betroffenen bedeutet dies aber weiterhin abzuwarten und zu hoffen, dass die Bürokratie doch noch in die Gänge kommt und endlich geeignete Lösungen zur Umsetzung der gesetzlichen Regelung zur Heilmittelversorgung festlegt.

Redaktion: AMSEL e.V., 06.08.2012