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Rezeptoren beeinflussen Multiple Sklerose

Eine deutsche Forschergruppe weist nach, dass spezielle Rezeptoren des angeborenen Immunsystems den MS-Verlauf beeinflussen und deckt die Mechanismen dahinter auf.

Eine Gruppe von Forschern aus Freiburg, Mainz, München, Hannover und Bonn konnte im Tiermodell erstmalig nachweisen, dass spezielle Rezeptoren des angeborenen Immunsystems den Verlauf von Multipler Sklerose beeinflussen und was die molekularen Mechanismen dafür sind. In der Januar-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Neuroscience berichten die Forscher über ihre Ergebnisse. Wissenschaftler unter der Leitung von Professor Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor der Abteilung Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg, sind federführend an diesem Forschungsprojekt beteiligt.

Interferonbehandlung optimieren?

Mehr als 50 Jahre nach der Entdeckung der Interferone ist es den Forschern gelungen, die komplexe Induktion dieser Botenstoffe im Zusammenhang mit entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems aufzuklären. Dies macht Hoffnung für einen neuartigen und effektiveren therapeutischen Einsatz von Interferonen.

Die Multiple Sklerose ist eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen des Zentralnervensystems (ZNS). Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren sind häufiger als Männer betroffen. Man nimmt an, dass die MS eine Autoimmunerkrankung ist, bei der Blutzellen irrtümlicherweise Strukturen des ZNS angreifen und dadurch die Entzündung hervorrufen. Zirka 40.000 Patienten werden in Deutschland mit Interferon-β behandelt, um das Immunsystem zu regulieren und das Fortschreiten der Erkrankung zu stoppen. Obwohl die Therapie zunächst sehr effektiv ist, müssen viele Patienten die Interferon-β Behandlung abbrechen, da es zu Nebenwirkungen in Blut, Haut und Nervensystem kommen kann.

Durchbruch zum Verständnis der Interferonwirkung

"Unsere Ergebnisse stellen einen Durchbruch für das Verständnis der Interferonwirkung bei MS dar. Es besteht nun die Hoffnung, neue zellspezifischere und nebenwirkungsarme Therapieansätze zur Behandlung dieser Erkrankung zu entwickeln", so Prinz. Im Tiermodell der Multiplen Sklerose haben die Wissenschaftler die Ergebnisse in jahrelanger Forschungsarbeit erhalten. "Das Hauptproblem zum Verständnis der Interferonwirkung im Gesamtorganismus bestand darin, dass das Interferon auf fast jede Körperzelle wirken kann, da der entsprechende Erkennungsrezeptor sich überall befindet", berichtet Prinz.

Die Forscher beobachteten, dass spezifische Rezeptoren die eigentlich für die Erkennung von bestimmten Viren, wie das Grippe-, Polio- und anderen Viren notwenig sind, auch den Verlauf der Entzündungsreaktion während der MS im Gehirn entscheidend modulieren. Die Ergebnisse waren sowohl eindeutig als auch überraschend: Das Fehlen dieser Erkennungsstrukturen verschlimmerte die Erkrankung. Würden hingegen diese Rezeptoren spezifisch aktiviert, würden Interferone in großen Mengen im Körper gebildet und die Krankheit verbesserte sich sehr deutlich.

Wie Prinz und seine Kollegen zeigen konnten, wirken die Interferone insbesondere über dendritische Zellen auf die Wirkungsweise schädigender weißer Blutkörperchen, den sogenannten T-Lymphozyten, welche Botenstoffe wie das IL-17 produzieren und somit bei der MS zur Schädigung der Oligodendrozyten, der myelinbildenden Zellen, führen. Inwieweit diese im Tiermodell beobachteten, vielversprechenden Ergebnisse auch zu neuen Behandlungsoptionen beim MS-Erkrankten führen können, sollen zukünftige Studien zeigen.

Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikum Freiburg, 5.11.2011

Redaktion: AMSEL e.V., 06.12.2011