Sehr hohe Wirksamkeit und dabei zu vernachlässigende Nebenwirkungen: Als Natalizumab, Handelsname Tysabri, gegen die schubförmig-remittierende Multiple Sklerose und gerade auch gegen aggressive Verläufe zugelassen worden war, war die Begeisterung erst einmal groß. Die Nebenwirkungen waren überschaubar – zunächst:
- Kopfschmerzen,
- Müdigkeit,
- Gelenkschmerzen und
- Müdigkeit traten nicht bei jedem und wenn dann alle nur im Rahmen der Infusionsgabe auf und verschwanden wieder.
Selten nur kamen
- allergische Reaktionen vor.
Am hinderlichsten noch waren eigentlich die
- Antikörper, die manche Patienten gegen Natalizumab bildeten und die zur Neutralisierung der Wirkung führten. Diese Patienten mussten dann auf ein anderes Medikament umgestellt werden.
Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre: PML unter Natalizumab
In der Zeit nach Abschluss der Zulassungsstudien jedoch kam es bei einigen Patienten zu einer sehr schweren, mitunter tödlich verlaufenden Nebenwirkung:
- PML, die progressive multifokale Leukozytenenzephalopathie.
Dabei handelt es sich um eine Gehirninfektion, ausgelöst durch das JC-Virus. Da die meisten Menschen dieses Virus in sich tragen, es normalerweise harmlos ist, unter bestimmten Medikamenten wie Natalizumab jedoch das Gehirn angreifen kann, ein starkes Gegenargument zu Natalizumab.
Studien haben zwar gezeigt, dass bei JC-positiven Patienten, die Natalizumab länger als zwei Jahre einnehmen, das Risiko um ein Vielfaches größer ist als bei negativen Patienten oder solchen, die noch unter der Zwei-Jahres-Grenze liegen, auch eine Erweiterung des Dosierungsintervalls auf 5-6 anstatt von vier Wochen setzt das Risiko herab, aber diese mitunter sehr schwer verlaufende Nebenwirkung führte dazu, dass Natalizumab heute kaum noch verschrieben wird. Vor allem liegt das auch daran, dass inzwischen einige andere hochwirksame Wirkstoffe zur Verfügung stehen.
So wird Natalizumab, das als Infusionslösung oder (nur in der Arztpraxis) als Fertigspritzen gegeben wird, heute deutlich seltener verordnet. Es kommt z.B. zum Einsatz, wenn andere vergleichsweise stark wirksame MS-Medikamente aus anderen Gründen nicht genommen werden können. Prof. Mathias Mäurer beschreibt auf MS-Docblog Wege, wie das PML-Risiko unter Natalizumab eingeschränkt werden kann und was nötig wäre, um es noch sicherer zu machen.
Quelle: MS-Docblog, 23.02.2023.
Redaktion: AMSEL e.V., 06.03.2023