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Nachgehakt: Impfstoff gegen Multiple Sklerose?

In den vergangenen Wochen kursierten teils recht optimistische Meldungen zu einer Impfung bei MS in den Medien. - Prof. Dr. med. Horst Wiethölter mit einer fachlichen Einschätzung der Ergebnisse.

Forschern der TU Dresden und der Harvard University in Boston gelang es, Mäuse gegen das Tiermodell der MS zu impfen. Die Studienergebnisse erschienen online im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences".

Andere Verlage verwerteten diese Ergebnisse in ihren Meldungen online und in Zeitschriften weiter. Mitunter ist dort von einer "baldigen" Impfung gegen MS die Rede. Das weckt jedoch falsche Hoffnungen. Denn selbst wenn alles weiterhin gutgehen sollte, würde es dennoch mindestens 10 bis 15 Jahre bis zum zugelassenen Impfstoff dauern.

Auf den Menschen übertragbar?

Zwar gelang es dem deutsch-amerikanischen Forscherteam, Mäusen körpereigene Proteine (Antigene) zu verabreichen, und somit, ähnlich wie bei einer Hyposensibilisierung gegen Allergien, die Toleranz des Immunsystems gegenüber körpereigenen Substanzen zu normalisieren. Ähnliche experimentelle "Impfansätze" gegen MS gab es bereits öfter. Auf den Menschen ließen sich diese Impfungen bisher allerdings nicht übertragen.

Prof. Horst Wiethölter ordnet die bisherigen Ergebnisse für die AMSEL-Onlineredaktion ein: "Die Frage, ob durch eine Impfung eine "Anergie", das heißt die Unterdrückung einer Immunantwort durch Toleranzbildung möglich ist, wird immer wieder diskutiert und ist in dem jüngst publizierten Artikel für eine spezifische autoimmune MS-ähnliche Erkrankung der Maus gut belegt.

Anderer Mechanismus

Ähnliche frühere Versuche (einer Impfung), die im Mausmodell erfolgreich waren, konnten am Patienten keine oder nur marginale Effekte zeigen. Ursache für die fehlende Übertragbarkeit ist der Unterschied des Erkrankungsmechanismus bei Mensch und Tier. So ist das Antigen (der Eiweißkörper), das von den T-Zellen attackiert wird, anders als im Mausmodell, bei der MS nicht bei jedem Patienten identisch und häufig nicht nur durch ein einzelnes Antigen repräsentiert sondern durch eine größere Anzahl von verschiedenen Antigenen.

Trotzdem, die Untersuchungen sind aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt in Richtung einer möglichen therapeutischen Toleranzentwicklung gegenüber der MS. Es scheint mir aber zu früh, daraus schon die hoffnungsrelevante Entwicklung einer Therapie in Aussicht zu stellen."

Quelle: Promoting tolerance to proteolipid protein-induced experimental autoimmune encephalomyelitis through targeting dendritic cells, PNAS, 20.09.2010

Redaktion: AMSEL e.V., 26.10.2010