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mRNA-Impfung gegen Multiple Sklerose?

Die deutsche Firma Biontech sorgt nach dem ersten in Europa gegen Covid-19 zugelassenen Impfstoff erneut für Schlagzeilen. Nun geht es darum, die mRNA-Technik bei MS anzuwenden. Im Mausmodell ist dies gelungen.

Auch wenn die mRNA-Impfung im Mausmodell geglückt ist, so bleibt doch zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen, ob dies auch bei der menschlichen MS gelingen kann. Ein Ansatz ist jedenfalls gefunden und der weiteren Erforschung wert. Eine große Hürde bei der Übertragung auf menschliche Multiple Sklerose wird sein (so berichtet etwa das KKNMS), dass man hier „den Erreger“ nicht kennt. Im Unterschied zum Mausmodell, denn dies ist ein künstlich geschaffenes Tiermodell der Multiplen Sklerose.

Ein Piks, und gut?

Nichtsdestotrotz sorgen die Erkenntnisse der Mausmodell-Studie, die Biontech SL in Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin Mainz und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz herausgefunden hat, für Schlagzeilen. Ausführliche Daten zur Studie wurden in der Zeitschrift Science veröffentlicht. Zusammengefasst konnten die Forscher folgendes herausfinden:

  • Der nichtentzündliche, Nucleosid-modifizierte mRNA-Impfstoff (über Messenger-RNA-Impfstoffe hatte amsel.de mehrfach im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung berichtet) konnte im Mausmodell vor dem Auftreten einer EAE (künstliche Maus-MS: experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis) den Ausbruch der Erkrankung verhindern.
  • Wurde der Impfstoff nach dem Auftreten der Maus-MS geimpft, so konnte er die Maus-MS stoppen und teilweise auch Mobilitätssymptome rückgängig machen.
  • Der Wirkstoff zeigte sich in mehreren Mausmodellen für Multiple Sklerose als wirksam, auch in einem der schubförmigen MS ähnlichen Mausmodell.
  • Er beeinflusste das Immunsystem nicht negativ, weswegen die Forscher ihn als präzise bezeichnen. Das galt auch bei wiederholter Impfung.
  • Insbesondere waren auch Grippe-Impfstoffe nach der Verabreichung des mRNA-Impfstoffs noch wirksam.
  • Der mRNA-Impfstoff gegen Maus-MS zeigte seine Wirkung auch im Blutbild: Er reduzierte die angreifenden T-Zellen und vermehrte regulatorische Zellen, die ein Überschießen des Immunsystems verhindern können.

Maus ist nicht gleich Mensch und die MS ist keine "einfache" Infektion

Das sind positive Ergebnisse - für die Maus-MS. Das Krankheitskompetenznetz Multiple Sklerose äußert in einer Stellungnahme, die Studie sei "höchstwertig und wissenschaftlich von größter Bedeutung" und dokumentiere "das Potential der mRNA Vakzinierungsstrategie insgesamt". Die Impfstrategie sei jedoch für eine Autoimmunerkrankung beim Menschen nicht so einfach zu übersetzen, da die Zielantigene bei der MS trotz jahrzehntelanger Forschung nicht bekannt seien.

Am Menschen wird es erste Studien mit dem mRNA-Impfstoff frühestens in zwei Jahren geben. Vorher stehen noch Studien im Reagenzglas an menschlichen Zellen an. Bei allen Wenns und Abers und Formulierungen im Konjunktiv bleibt es dabei, dass die Forschungsergebnisse hoffnungsvoll stimmen können, wenngleich nicht auf eine sofortige Impfung gegen MS, so doch darauf, hier einen neuen Ansatz für lohnenswerte weitere Forschung gefunden zu haben.

MS-Forschung: läuft!

Ob diese Forschung auf direktem Weg zu einem Wirkstoff gegen MS führen wird, kann ohne weitere Studien niemand vorhersagen. Möglich ist auch, dass die Erkenntnisse wiederum zu anderen neuen Ansätzen führen.

Wichtig ist, dass über MS geforscht wird, denn bis heute ist die / sind die Ursachen der Multiplen Sklerose nicht bekannt und die MS ist nicht heilbar. Hinzu kommt, dass Forschungen über mRNA-Impfstoffe nicht nur für die MS relevante Erkenntnisse liefern können, sondern auch zu anderen (autoimmunen) Krankheitsbildern.

In eigener Sache: Die AMSEL-Onlineredaktion ist stets bemüht, wichtige und seriöse Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Erforschung der Multiplen Sklerose an ihre Leser weiterzugeben und aktuell viel publizierte Nachrichten dazu aufzunehmen. Handelt es sich um frühe Ergebnisse aus kleinen Studien oder wie hier um Ergebnisse aus Mausmodell-Untersuchungen, dann finden sich diese Informationen ganz oben im Text, in aller Regel bereits im fettgedruckten Anreißer, der auf die Überschrift folgt. Es geht keineswegs darum, "falsche" Hoffnung zu schüren, sondern gründlich zu informieren und grob und leicht verständlich zu umreißen, was und mit welchen (vorläufigen) Ergebnissen über MS geforscht wird.

Quellen: Pressemitteilung von Biontech SL, 07.01.2021; Science, 08.01.2021; Pressemitteilung des KKNMS, 08.01.2021.

Redaktion: AMSEL e.V., 11.01.2021