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Gangtrainer für Zuhause ?

Das therapeutische Gehen ist enorm wichtig für die gesamte Gesundheit von Multiple-Sklerose-Patienten, gerade wenn sie im Rollstuhl sitzen. Ulmer und Heidelberger Forscher entwickelten ein Gerät, das Kranke auch nach der Reha nützen können.

Besonders für Patienten, die nicht mehr selbständig gehen können, ist es sehr wichtig, das Gehen dennoch zu üben. Das klappt in der Rehabilitation am besten mit einem computergestützen Gangroboter wie dem Lokohelp Pedago. Hier steht der Patient aufrecht, wird durch Gurte und Beinmanschetten gestützt und kann so die Bewegungen ausführen, die selbständig nicht mehr möglich sind.

Das bessert und unterstützt Vieles: Es fördert Durchblutung und Stoffwechsel, übt Abläufe ein, die sonst mangels Praxis verloren gehen würden, trainiert also auch das Gehirn mit, bessert Balance, Ausdauer und Kraft, und kann in einigen Fällen sogar wieder selbständiges Gehen ermöglichen. Bei MS-Patienten genauso wie bei inkomplett Querschnittsgelähmten.

Wohnzimmertauglich

"Kleines" Problem: Solche Geräte sind sehr groß, müssen von einem Therapeuten bedient werden und erfordern auch aus Sicherheitsgründen die Anwesenheit eines Therapeuten. Für viele Multiple-Sklerose-Patienten entsteht nach der Reha ein Gehtherapie-Loch. Die Lösung hat nun das Uniklinikum Heidelberg in einer Kooperation erarbeitet: einen Gangtrainer für Zuhause.

Der "MoreGait" ist weniger bullig als die Rehageräte, also wohnzimmertauglich, kann selbst Zuhause bedient werden und stellt auch keine Sicherheitsgefahr dar, weil der Patient halb liegend das Gehen übt, und somit nicht umfallen kann. Die Balance wird zwar mit diesem Liegegerät nicht trainiert, doch alle anderen Funktionen können von diesem Training profitieren. Zumal der Patient so viel üben kann, wie er mag und eben nicht auf die Reha oder einige ambulante Termine angewiesen ist. Zuhause kann man das therapeutische Potenzial voll ausschöpfen.

Nervenstrukturen reorganisieren

Der Home-Gangtrainer arbeitet mit pneumatischen Muskeln, welche die natürliche Gehbewegung imitieren. Ein stimulativer Schuh ahmt das Abrollen des Fußes nach. Damit werden Reorganisationsvorgänge von Nervenstrukturen ausgelöst, die helfen können, dass Patienten nach und nach einen Teil ihrer Gehfunktion wiedererlangen. Das Gerät "spürt", wieviel Kraft vom Patienten selbst kommt und unterstützt selbst nur so viel wie nötig. Ein Bildschirm zeigt dem Patienten, wie hoch die Unterstützung ist. Durch dieses Feedback kann der Patient einzelne Gelenke gezielt trainieren.

Wünschenswert ist natürlich, die Motorik komplett wiederzuerlangen und ohne fremde Hilfe gehen zu können. Doch unabhängig davon hat das Gantraining auch einen positiven Einfluss auf Steifigkeit, Spastik, Kreislauf, Koordination und Kondition. Allein diese Faktoren sprechen schon dafür.

2013 auf dem Markt ?

Das Gerät könnte schon Ende 2013 auf dem Markt sein, so Dr. Ing. Rüdiger Rupp, Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg, gegenüber der AMSEL-Onlineredaktion. Nach Abschluss des Pilotprojekts haben die Projektpartner (das Universitätsklinikum Heidelberg, die Universität Ulm, sowie die Firmen Knestel Elektronik Hopferbach und ipdd Stuttgart) eine Anschlussfinanzierung erhalten, um einen seriennahen Prototypen aufzubauen.

Das Gerät soll unter 15.000 € kosten. Ob allerdings eine Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse erfolgen kann, stehe noch nicht fest. Sollten nicht gehfähige Menschen damit mehr Mobilität gewinnen, dürfte sich der finanzielle Einsatz allerdings lohnen.

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Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg

Redaktion: AMSEL e.V., 10.09.2012