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EU-Zulassung von Fampridin

Der Hersteller erhält eine bedingte Marktzulassung für sein orales Medikament zur Verbesserung der Gehfähigkeit bei Multipler Sklerose. Es soll die Gehfähigkeit deutlich verbessern, wirkt jedoch nicht bei jedem.

Biogen Idec gibt bekannt, dass die Europäische Kommission eine bedingte Marktzulassung für Fampyra® (Retard-Fampridintabletten) zur Verbesserung der Gehfähigkeit erwachsener Multiple-Sklerose-Patienten, bei denen eine Gehbehinderung vorliegt (Grad 4-7 auf der EDSS-Behinderungsskala), erteilt hat. Die Zulassung war zu erwarten, nachdem das Kommittee der EMA bereits eine Empfehlung ausgesprochen hatte.

Es kann unabhängig von der Verlaufsform der MS eingesetzt werden, also sowohl bei progredienten wie schubförmigen (rezidivierend-remittierenden) Verläufen. Auch die Kombination mit anderen (immunmodulierenden) Mitteln ist grundsätzlich möglich. Allerdings sollte der behandelnde Neurologe auf eventuelle Wechselwirkungen mit anderen Mitteln achten. Im AMSEL-Multiple-Sklerose-Chat vom 19.07.2011 räumte Prof. Dr. med. Horst Wiethölter beispielsweise ein, dass eine gleichzeitige Einnahme von Cannabinoiden (bisher ist Sativex auf dem deutschen Markt gegen MS Spastik erhältlich) abzuwägen sei.

"Die Gehbehinderung gehört zu den gravierendsten Folgeerscheinungen von MS und ist eines der Symptome, die den Patienten am meisten Sorgen bereiten. Sie kann die Lebensqualität und die Teilnahmefähigkeit am sozialen Leben signifikant beeinträchtigen", sagte Dr. Douglas E. Williams, Ph.D., Executive Vice President, Research and Development von Biogen Idec, dem Hersteller von Fampyra.

Famyra fördert die neurologische Funktion, indem es die Leitung von Impulsen über demyelinisierte Neuronen verbessert. In klinischen Studien nahm die Gehgeschwindigkeit von Patienten, die auf Fampyra ansprachen, im Durchschnitt um 25 Prozent zu und es wurde nachgewiesen, dass der Wirkstoff das Gehvermögen signifikant steigert.

Ab September 2011 wird Fampyra in Deutschland auf den Markt gebracht und anschließend nach und nach in anderen Ländern Europas eingeführt.

Bedingte Marktzulassung

Eine bedingte Marktzulassung wird für ein medizinisches Produkt mit positiver Nutzen-Risikoeinschätzung erteilt, das eine medizinische Versorgungslücke anspricht. Dies setzt voraus, dass die Vorteile für die öffentliche Gesundheitsversorgung die Risiken überwiegen, die mit der noch unvollständigen Datenlage einhergehen. Eine bedingte Marktzulassung ist jährlich zu erneuern. Zu den Bedingungen der Marktzulassung für Fampyra gehört die Empfehlung des Ausschusses, dass Biogen Idec die langfristigen Vorteile und Sicherheitseigenschaften des Medikaments in einer weiteren Studie untersucht. Insbesondere soll die Studie Informationen über die Vorteile des Medikaments liefern, die über seinen Effekt auf die Gehgeschwindigkeit hinausgehen. Theoretisch kann Fampyra also wieder vom Markt genommen werden.

Nebenwirkungen

In placebokontrollierten Studien mit MS-Patienten waren Harnwegsinfektionen (bei etwa 12 Prozent der Patienten) die häufigste Nebenwirkung von Fampyra bei Verabreichung der empfohlenen Dosierung. Die Infektion wurde allerdings häufig nicht per Kulturtest nachgewiesen. Die identifizierten unerwünschten Arzneimittelreaktionen waren hauptsächlich neurologischer Art. Dazu gehörten Krampfanfälle, Schlaflosigkeit, Angstzustände, Gleichgewichtsstörungen, Schwindelgefühl, Fehlempfindung, Zittern, Kopfschmerzen und Asthenie. Diese stehen im Einklang mit der pharmakologischen Wirkung von Fampridin.

Vorsicht ist geboten bei Patienten mit epileptischen Anfällen in ihrer Vorgeschichte: "Problematisch kann das Auftreten von epileptischen Anfällen sein bei Patienten, die eine entsprechende Bereitschaft dazu mitbringen. Aber auch die treten nach Absetzen des Medikamentes nicht mehr auf", so Prof. Dr. med. Horst Wiethölter im bereits erwähnten jüngsten Expertenchat der AMSEL.

Quelle: Pressemitteilung von Biogen-Idec, Juli 2011; Chatprotokoll der AMSEL "Neue Medikamente, neue Therapie?", 19.07.2011

Redaktion: AMSEL e.V., 26.07.2011