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"An der Basistherapie hat sich nichts geändert"

Prof. Dr. Dr. Sven Meuth referiert auf dem Aktionstag der AMSEL am 21. Mai vor jungen Multiple-Sklerose-Betroffenen. Die AMSEL-Onlineredaktion befragte ihn vorab zu Gilenya & Co.

1. Hallo, Herr Prof. Meuth, was sagen Sie zu Fingolimod? Haben Glatirameracetat und die Interferone bald ausgedient?

Prof. Dr. Dr. Sven Meuth: Ich denke die Zulassung von Fingolimod durch die EMA ist als sehr erfreulich zu werten, da sich dadurch die therapeutischen Möglichkeiten für unsere Patienten mit Multipler Sklerose erneut erweitert haben.

Gerade die orale Verfügbarkeit macht die Substanz für viele Patienten besonders attraktiv. Man muss jedoch klar sagen, dass die Substanz in Europa - anders als in den USA - für die Eskalationstherapie, also ähnlich wie Natalizumab zugelassen wurde. Somit hat sich für die Basistherapie durch die Zulassung von Fingolimod nichts geändert und die Interferon-Präparate beziehungsweise Glatirameracetat behalten ihre etablierte Stellung in der Basistherapie.

2. Auf welches Multiple-Sklerose-Medikament in der Pipeline setzen Sie am meisten? Können Betroffene auch auf einen Wirkstoff ohne Nebenwirkungen oder lästiges Spritzen hoffen?
 Prof. Dr. Dr. Sven Meuth: Gerade die letzten drei Zulassungsentscheidungen haben gezeigt, dass man mit der Beatwortung solcher Fragen sehr vorsichtig sein muss. Noch im Herbst letzten Jahres hätte ich angenommen, dass Cladribin die erste zugelassene orale Therapie der Multiplen Sklerose wird - dann folgte die Ablehnung der Zulassung durch die EMA. Bei Fingolimod bin ich davon ausgegangen, dass die Zulassung in Europa ähnlich erfolgen würde wie in den USA, d.h. als Basistherapie für Patienten mit schubförmig verlaufender Multipler Sklerose. Dann erfolgte die Zulassung - für mich überraschend - als Eskalationstherapeutikum. Der Kaliumkanalblocker Fampridin zur Verbesserung der Mobilität wiederum wurde in den USA zugelassen während in Europa die Zulassung leider verweigert wurde. Sie sehen also, dass solche Vorhersagen sehr schwierig zu treffen sind.Trotzdem verspreche ich mir von den oralen Therapeutika, die sich aktuell in Phase III Studien befinden bzw. diese z.T. schon abgeschlossen haben (Teriflunomid, Laquinimod und BG12) neue interessante Therapieoptionen. Zudem erscheinen die monoklonalen Antikörper Daclizumab und Alemtuzumab sehr vielversprechend zu sein.Auch B-Zell gerichtete Therapien z.B. mit Ofatumumab und Ocrelizumab scheinen ein hohes Potenzial zu haben. Ich denke wir dürfen in den nächsten Jahren zahlreiche interessante therapeutische Entwicklungen erwarten.Trotzdem sollten wir die aktuell verfügbaren Basistherapien, die seit Jahren gute Dienste leisten und von der Langzeitsicherheit her sehr überzeugend, sind nicht vergessen. Natürlich ist die Notwendigkeit des Spritzens für viele Patienten ein nachvollziehbares Problem, obwohl sich auch hier bezüglich Applikationshilfen etc. immer wieder neue Entwicklungen ergeben haben.
Bezüglich der nebenwirkungsfreien Therapie denke ich, dass dies etwas viel verlangt ist. Bei guter Wirksamkeit wird es aller Voraussicht nach nicht ganz ohne Nebenwirkungen gehen. Die auf dem AAN-Meeting in Honolulu gerade vorgestellten Daten z.B. zu Laquinimod ein sehr gutes Nebenwirkungsprofil gezeigt haben. 
3. Noch eine persönliche Frage: Sie sind gerade mal 33 Jahre alt und haben schon drei Titel – wie haben Sie das eigentlich geschafft?
 Prof. Dr. Dr. Sven Meuth: [lacht] Ich bin mittlerweile schon 34.Nein, im Ernst ich denke da kommen und kamen verschiedene Aspekte zusammen. Man kann einiges durch persönliches Engagement und ungebremstes Interesse an Wissenschaft und klinischer Versorgung der Patienten erreichen. Es braucht darüber hinaus aber auch das richtige Umfeld und da durfte ich eine hervoragende Ausbildung in Magdeburg und Würzburg durchlaufen. Die beiden Ausbildungsabschnitte in Basel und Dallas waren ebenfalls sehr wichtig und erfolgreich. Auch bei der aktuellen Tätigkeit in Münster lernt man täglich weiter dazu.Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Beratung durch die jeweiligen Mentoren und da hatte ich mit den Professoren Thomas Budde, Hans-Christian Pape, Klaus Toyka und Heinz Wiendl sehr gute Lehrmeister. 
Herr Prof. Meuth, haben Sie herzlichen Dank für Ihre erhellenden Antworten. Und bis in 3 Wochen dann!

 

Hinweis in eigener Sache: Sind Sie schon zum Aktionstag angemeldet? Hier können Sie sich anmelden:

Julia Grünwald
Tel. 0711/69786-11
julia.gruenwaldamsel-dmsgde

Redaktion: AMSEL e.V.

 

Redaktion: AMSEL e.V., 29.04.2011