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MS Profil des Monats: Juli 2008

28.07.08 - Mit der Diagnose kehrte Ruhe in das Leben von Fabiola Claret ein. Sie begann ihr zweites Leben.

 
 
ms profil des monats: juli 2008
 
 

Name: Fabiola Claret
Land: Argentinien
Alter: 37
Beruf: Sozialkommunikationstrainerin, Publizistin, Designerin
Form der MS: Schubförmig
Jahr der Diagnose: 2001
Ich wurde am 6.5.1971 in Gualeguaychú im Süden von Entre Rios, Argentinien geboren. Die ersten 17 Jahre meines Lebens verbrachte ich einer kleinen Stadt genannt Urdinarrain. Dann zog ich nach Parana, der Bezirkshauptstadt, und studierte soziale Kommunikation. Mit 21 begann ich zu arbeiten und tue es noch immer. Ich arbeitete in der Werbung, Public Relations und heute besitze ich eine eigene kleine Firma, die sich der organisatorischen Kommunikation und Werbung widmet. Während meiner Karriere unternahm ich viele Aktivitäten und diese Vielseitigkeit hat mich geprägt und ausgefüllt: Ich schreibe Artikel, Reden und Werbetexte. Ich designe auch Materialien, entwickle Strategien und arbeite kreative Ideen aus.

Mein größter Wunsch ist es, mich nur mehr dem Schreiben zu widmen. Ich träume davon, eines Tages einige meiner Geschichten, die in meinem Kopf herum fliegen, zu publizieren. Ich spüre, dass es Zeit wird sie niederzuschreiben.

Seit 1996 verbringe ich mein Leben mit derselben Person, ich habe zwei Töchter, eine 11 jährige und eine mit 41/2 Monaten. Natürlich war alles nicht ganz einfach und auch die unberechenbare Zukunft mit der MS brachten meinen Partner und mich auseinander. Nach der Trennung kehrte ich in meine Heimatstadt zurück. Endlich, 2005, als ich wieder nach Parana zog, beschlossen mein Partner und ich, uns wieder gemeinsam um unsere Familie zu kümmern.

2001, das Jahr in dem MS bei mir diagnostiziert wurde, war ein einschneidendes für alle ArgentinierInnen und ich kann nicht an diese Krankheit denken, ohne mich auch an den damit verbundenen Stress und meine Verletzlichkeit zu erinnern.

Das Ende des Jahres 2001 erreichte ich völlig ausgelaugt: Ich hatte kaum genug Energie zu gehen, ich litt an Brechreiz und Schwindel und fühlte unangenehme Schmerzen in meinen Armen und Beinen und ich hatte Gefühlsstörungen in meinem rechten Arm. Meine Sehkraft war betroffen und fallweise kam es mir vor, als ob jemand das Licht ein und ausschalten würde und für Sekunden konnte ich nicht sehen. Es war ein emotionales auf und ab, ich fühlte mich unausgeglichen. Das schlimmste Symptom aber war, dass ich meine Sensitivität in meinem linken Arm verloren; ich verbrannte mich, aber ich spürte nichts. Damals dachte ich mir, dass die Ursache möglicherweise neurologischer Natur sein könnte.

Ich war verängstigt und verwirrt. Ich konsultierte zahlreiche Ärzte und einen Neurologen, aber keiner konnte die Symptome einordnen. Sie verordneten die gleichen Therapien, sowohl traditionelle als auch alternative, um mich zu beruhigen und meine Angst zu bändigen, die die 2001-Krise in mir und vielen meiner Landsleute, auslöste. Ich verlor fast mein Haus, arbeitete ohne bezahlt zu werden, das Geld wurde durch Gutscheine ersetzt, meine Familie brach entzwei und ich trauerte um meinen Vater, den ich bei einem Unfall verloren hatte. Bräuchte ich einen Psychologen? Ja, denn es ist sehr schwer etwas zu sehen, wenn die Welt kollabiert.

Endlich wurde ich diagnostiziert. Obwohl dies seltsam klingen mag, trat mit der Diagnose Ruhe in mein Leben ein. Es war mir möglich, alles was ich fühlte und erfuhr, einen Namen zu geben. Ich konnte mein Leben neu ordnen, mit der Priorität, mich mehr um mich zu kümmern, was ich bis dahin nicht getan habe.

MS bedeutete einen fundamentalen Wechsel in meinem Leben, ich war gezwungen auf mich Acht zu geben, auf meinen Körper und meine Grenzen. Davor war es mir nicht wichtig auf meinen Körper und meinen Geist aufzupassen. Ich verlangsamte den Rhythmus meiner täglichen Routine. Ich weiß, dass es Dinge gibt, die ich nicht mehr machen kann, aber ich werde es weiterhin versuchen, obwohl es ein konstanter Kampf zwischen meinen Wünschen und den Dingen, die ich tatsächlich umsetzen kann, ist. Ich gehe immer noch zu meinem Psychologen, der mir die Willenskraft zum Weitermachen gibt: Meine Reise dauert zwar länger und ich muss wohl öfter Ruhepausen einlegen um mich wieder aufzutanken, aber ich werde meine Ziele erreichen.

Bis jetzt wirkt sich die MS auf meine Arbeit nicht nachteilig aus, aber ich musste mich ihr anpassen. Meine Kollegen brachten viel Verständnis für meine Situation auf aber trotzdem kehrte ich in meine Heimatstadt zurück. Dort fand ich die Ruhe, die ich benötigte, um wieder meine Lebensgeister zu spüren, und als es mir wieder gut ging, begann ich mit meinem zweiten Leben. Ich baute mein eigenes Geschäft auf, was den großen Vorteil hatte, dass ich mich- wenn es nötig war- ausruhen konnte, besonders jetzt kann ich mir Zeit für mein Baby und mich nehmen.

Die Entscheidung für ein zweites Kind war nicht leicht. Wir konsultierten viele Ärzte und bekamen viele Ratschläge. Wir wurden über die Risiken aufgeklärt, aber wir entschieden uns den Weg weiterzugehen. Ich wusste, dass ich während der Schwangerschaft keine Probleme haben dürfte, aber danach und obwohl ich immer noch in dieser Phase in, hoffe ich, dass alles gut gehen wird. Bereits eine Woche nach der Geburt injizierte ich mir wieder einmal pro Woche Interferon.

Heute macht mir die MS keine großen Schwierigkeiten. Ich habe keine Nebenwirkungen und keine Schübe. Mittlerweile ist sie ein Teil von mir, ein Aspekt der mich definiert, aber einer unter vielen. Obwohl ich nicht glaube, dass die MS ein Segen ist, erkenne ich, dass sie ein Weckruf war, der mir die Augen geöffnet hat. Heute kann ich stolz sagen. dass ich ein besseres Leben als zuvor führe, mit einem neuen Bewusstsein und anderen Werten.

Das Leben ist schön und überraschend und schenkt uns sowohl Gutes wie Schlechtes. In unserem Leben erleben wir frustrierende Situationen, Enttäuschungen und Trauer, aber wir finden immer einen Weg, um aus dieser Misere herauszufinden. Der Schlüssel dazu ist Glück, sich selbst nicht aufzugeben, sich nie die Schuld zu sprechen oder den anderen zu erlauben, mitleidig zu sein.

Ich hoffe, ich kann mit diesen Worten anderen Mut machen. Die schwierige Zeit geht vorüber und man kann immer von vorne beginnen. Mit einer großen Umarmung.

Wir danken Nicole Murlasits für die Übersetzung dieses Profils des Monats.

Redaktion: AMSEL e.V., 28.07.2008