Schmerz und andere Symptome

16.04.08 Schubverdächtige Schmerzen bitte rasch vom Neurologen abklären lassen anstatt Eigendiagnosen zu stellen, rät Prof. Christof Klötzsch im AMSEL-Expertenchat.

Moderator Patricia Fleischmann: Guten Abend, liebe Chatter, herzlich willkommen Prof. Christof Klötzsch, heute zum ersten Mal als AMSEL-Chatexperte aktiv, wir sind gespannt auf Ihre Beiträge - schießen Sie los!

Pia: Hallo! Ich habe seit 2005 diagnostizierte MS. Laut MRT Kopf und HWS schon sehr viele alte Läsionen. Habe BT mit Avonex. Nun seit einigen Monaten schleichend immer mehr Muskelschmerzen im linken Oberschenkel. Mein Neuro weiss nicht woher die Schmerzen kommen können, da auch laut Orthopädin nicht die vorliegende Arthrose der LWS in Frage kommt. Habe nun Überweisung zum Muskelzentrum. Leider erst Anfang Juni Termin bekommen. Schmerzen werden langsam immer schlimmer. Was ist das nur? Durch die MS oder was ganz anderes. Würde mich interessieren ob von Ihrer Seite eine Erfahrung mit solchen Schmerzen vorliegt. Bin übrigens Mitglied DMSG in NRW. Schau aber immer wieder mal bei AMSEL rein. Viele Grüße

Prof. Christof Klötzsch: Hallo ! wenn es sich wirklich um Muskelschmerzen handelt kommen verschiedene Ursachen in Betracht: - eine spastische Tonuserhöhung kann solche Beschwerden auslösen - oder aber ein reflektorischer Muskelhartspann durch Nervenwurzelreizung bei Veränderungen der Wirbelsäule. Wichtig für die Einordnung ist: sind die Schmerzen immer gleich ? sind sie provozierbar oder verstärkbar ? welche Medikamente verschaffen vorübergehende Linderung ? MFG, CK

 
 
Prof. Dr. Christof Klötzsch
 
 
 
     
     

    Ärztlicher Leiter der Akutneurologie Kliniken Schmieder Allensbach & Neurologische Abteilung im Hegau-Bodensee-Klinikum Singen

    • Facharzt für Neurologie, Zusatzbezeichnungen "Spezielle Neurologische Intensivmedizin", Ausbilder und Seminarleiter Neurosonologie der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) und der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie (DGKN)
    • Tätigkeitsschwerpunkt: gesamtes Spektrum der Akutversorgung neurologischer Erkrankungen


    Allgemein - Tanja89: hallo zusammen! :-)


    speedy_manu: Hallo! ich habe die diagnose noch nicht lange und ich empfinde es sehr schwierig zu beurteilen, wann ein neuer Schub vorliegt oder ob etwas anderes nicht stimmt. Ich habe z.B. gerade Schmerzen im Arm, die vom Hals bis in den Mittelfinger "ziehen" (seit letzten Freitag). Ohne MS würde ich davon ausgehen, dass ich mir einen Nerv eingeklemmt habe oder ähnliches. Können solche Schmerzen auch von der MS kommen?

    Prof. Christof Klötzsch: Nur der Neurologe kann durch körperliche Untersuchung und ggf. MRT herausfinden, ob die Beschwerden z.B. zentral bedingt durch einen Entzündungsherd im Rückenmark ausgelöst sind oder aber ein Bandscheibenvorfall auf die Nervenwurzel C7 drückt. Ich rate da von Eigendiagnosen ab und empfehle eine rasche Vorstellung beim Neurologen. MFG, CK (noch eine grundsätzliche Bitte zum Chat: schreiben sie bitte immer ihr Alter und ggf. wichtige Begleiterkrankungen dazu, das erleichtert mir die Beurteilung)


    Allgemein - Andrea: Guten Abend :-)


    Moderator Patricia Fleischmann: Hallo Tanja89, hallo Andrea! Sie können sich gern über das Textfeld "Allgemeiner Beitrag" untereinander austauschen, dann wird das Warten auf die Expertenantwort verkürzt. Und freilich hat Prof. Klötzsch auch zu anderen MS-Symptomen Antworten parat - einfach Frage eintippen und abschicken.


    Allgemein - Andrea: Fragen habe ich eigentlich keine. Mich führte die Neugier hierher. ;-)



    Allgemein - Tanja89: das ist doch auch was :-)



    Allgemein - Tanja89: vielleicht kommen dir ja im verlauf des abends fragen auf


    Moderator Patricia Fleischmann: @Andrea: Passt scho, sind ja auch nette Leute hier im Chatroom. Schön, dass Sie auch dabei sind.

    yola: Welche Untersuchung kann MS -Verdacht definitiv ausschliessen ?

    Prof. Christof Klötzsch: keine einzelne Untersuchung, sondern die Kombination aus Anamnese (wie haben sich die Beschwerden entwickelt), neurologischer Untersuchung, MRT, Liquorpunktion und Nervenmessungen (VEP, SEP, MEP) kann eine MS sicher ausschliessen oder bestätigen. MFG, CK

    Tanja89: hallo herr dr. klötzsch, also ich hab seit paar monaten eine spastik in den beinen, so dass ich nimma gut laufen kann, gerade wenn ich zügig gehe, sind mehr als 100 - 200 meter nimma drin, krieg dann unglaubliche krämpfe und schmerzen, total schwere beine und stolper dauernd... meine frage nun, soll bald phsyio bekommen, gebe es aber noch ein medikament, was sie empfehlen können, dass vielleicht auch einigermaßen nebenwirkungsarm ist?

    Prof. Christof Klötzsch: Hallo ! Es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten zur Behandlung der Spastik (Lioresal, Sirdalud, (Dantamacrin), Mydocalm und Neurontin (=Gabapentin). Diese werden individuell ganz unterschiedlich vertragen und nicht jeder Pat. verspürt die gewünschten positiven Effekte. Somit muss man tatsächlich "ausprobieren". Bei der Kombination von Spastik und Schmerzen empfehle ich Gabapentin (Startdosis 400mg abends, Zieldosis 1600mg bis 2400mg) da die Substanz gegen "Nervenschmerzen" und Spastik wirksam ist. MFG, CK

    Moderator Patricia Fleischmann: @alle: Damit's in der langen Chatliste nicht gleich untergeht: Sie erleichtern Prof. Klötzsch die Beurteilung übers netz, wenn Sie Ihr ALTER und ggf. wichtige BEGLEITERKRANKUNGEN dazuschreiben.


    Allgemein - Tanja89: oh, sorry, habe dr. statt prof. geschrieben :-( nicht übel nehmen bitte


    speedy_manu: Hallo, wie kommt es, dass bei einer Trigeminusneuralgie am Anfang sehr starke einschießende Schmerzen auftreten und nun mit Antiepileptikern ein Dauerschmerz entstanden ist, aber das einschießen nicht mehr? Bei mir ist es jedenfalls so. (30, weiblich, TN seit 10/07)

    Prof. Christof Klötzsch: Bei der klassischen Trigeminusneuralgie, die ja viel häufiger unabhängig von einer MS auftreten kann, ist tatsächlich nur der plötzlich einschießende heftige kurze Schmerz typisch. Wenn die Symptomatik in einen Dauerschmerz übergeht, ist eine Trigeminusneuropathie durch einen dauerhaften Schaden am N.trigeminus viel wahrscheinlicher. Dies ist oft mit einem permanenten Taubheitsgefühl in einer Gesichtshälfte verbunden. Die Antiepileptika sind nicht die Ursache der Änderung der Schmerzausprägung. MFG, CK


    Allgemein - Tanja89: achso, bin 19 jahre alt und habe seit 6 jahren ms ;-)


    stern: Hallo. Ich habe meine Diagnose seid ca 1 Jahr, hatte damals 8 Herde, 1 reicherte KM an. (Zufallsdiagnose ohne MS Symptome) habe dann mit Copaxone angefangen. Mittlerweile sind alle Herde bis auf einen wieder weg, Diagnose ist in Frage gestellt, ich spritze aber weiter. Kurz nachdem ich angefangen habe zu spitzen bekam ich Musklezuckungen am ganzen Körper, für mich nicht dramatisch, aber ich habe sie doch jeden Tag. In etwa so wie wenn ein Pferd mit der haut zuckt um Fliegen zu verscheuchen. Niemand wusste bisher wie er das einordnen soll. Kann es eine NW von Copaxone sein?

    Prof. Christof Klötzsch: Muskelzuckungen (Myoklonien) unter Copaxone sind mir noch nicht begegnet. Ich werde aber mal in den mediz. Datenbanken suchen, ob so etwas beschrieben wurde. Empfehle ihnen Kontaktaufnahme mit der Hotline des Copaxoneherstellers, die sammeln auch seltene Nebenwirkungen. Ansonsten können solche Myoklonien auch durch Herde ausgelöst werden, insbesondere bei Lokalisation im Hirnstamm oder Rückenmark. MFG, CK


    Allgemein - Andrea: Du meine Güte da warst du aber jung. Ich bin 35 und war bei meinem ersten Schub 26.


    stern: habs auch gleich vergessen, ich bin 30.

    Prof. Christof Klötzsch: ok


    Allgemein - Tanja89: andrea: bist doch auch sehr jung


    Gero: Guten Abend Herr Prof. Klötzsch, ich bin auf den Rollstuhl angewiesen und kann geringe Wegstrecken mit dem Rollator bewältigen. In beiden Beinen habe ich Streckspastik (trotz Lioresal) und gelegentlich kommt auch eine schmerzhafte Beugespastik hinzu (vor allem bei Schmerzen aufgrund von Arthrosen im Knie- und Hüftgelenk). Beuge- spastik (Reflexe) werden auch erzeugt, durch Missempfindungen oder durch Berührung der Haut. Hinzu kommen Muskelschmerzen. Die Spastik tritt beim Versuch zu Gehen ,zu Stehen oder in Rückenlage auf. Beim Training mit einem Aktiv-Passivtrainingsgerät hält sich die Spastik in Grenzen. Meine Fragen: läßt sich dieser Wirkzusammenhang (Schmerz fördert Spastik) unterbrechen ? die Schmerzbeseitigung ist sicherlich nicht immer möglich läßt sich die Haut de-sensibilisieren ? wie lassen sich Muskelschmerzen reduzieren ? was halten Sie von folgenden Maßnahmen: - TENS (bei MS zu empfehlen?) - Akupunktur- Pressur - Entspannungsübungen (zur Spastikminderung) Vielen Dank

    Prof. Christof Klötzsch: Hallo ! Wie an anderer Stelle schon erwähnt, empfehle ich bei der Kombination von Schmerz und Spastik, bzw. Triggerung von Spastik durch Schmerzen die Gabe von Gabapentin in der genannten Dosierung. Auch andere Schmerzquellen sollten konsequent ausgeschaltet werden. Das heißt bei Arthroseschmerz: Für 1-2 Wochen täglich z.B. Voltaren 2x1 plus Magenschutz, dann wieder 2 Wochen Pause. Die anderen Verfahren sind nicht gut untersucht, aber gerade bei Schmerztherapie ist die individuelle Einstellung zum eingesetzten Verfahren entscheidend. Wer an Akupunktur glaubt, wird auch eher einen positiven Effekt verspüren. Das funktioniert wahrscheinlich über eine Endorphinfreisetzung (körpereigene morphin-ähnliche Stoffe zur Schmerzunterdrückung). MFG, CK


    Allgemein - Andrea: Ich muss leider schon gehen doch beim nächsten Chat bin ich bestimmt wieder dabei. Ich wünsche allen noch einen angenehmen Chat und schönen Abend. :-)



    Allgemein - Tanja89: danke, dir auch andrea


    Moderator Patricia Fleischmann: @ Andrea: Auch Ihnen einen schönen Abend!


    Allgemein - stern: habe zum Glück werder im Hirnstamm noch im Rückemnark Herde....


    Claudia: hallo..ich bin 38 und habe seit 6 Jahren MS. Ich spritze keine BT, obwohl es mir "freigestellt" wurde sie anzufangen.Doch meine Beeinträchtigungen halten sich in Maßen. Was mich jedoch sehr stört sind die Myoklonien am ganzen Körper die bis zu 10h anhalten können. Sie tuen nicht unbedingt weh, sind aber lästig. Gibt es da was dafür, das es besser wird? Und was mache ich gegen meine Müdigkeit. Merci

    Prof. Christof Klötzsch: o.k. das sind drei Punkte: 1. Die Indikation zur immunmodulatorischen Behandlung ergibt sich aus dem Verlauf (schubförmig) und aus der Sicherheit der Diagnose. Wir wissen heute, dass Pat. mit klarer Behandlungindikation und wenig Symptomen fast immer schleichend weitere Herde entwickeln und dann Jahre später die Immunmodulatoren den eingetretenen Schaden nicht mehr rückgängig machen können. Also bei klarer Indikation in jedem Fall Immunmodulation mit Interferon oder Copaxone und nicht abwarten ! 2. ich würde die Therapieentscheidung zur Behandlung der Myoklonien auch von der Lokalisation der Herde abhängig machen: Rivotril (macht am Anfang müde) oder Versuch mit Valproat. Sollte auf jeden Fall weiter neurologisch abgeklärt werden. 3. Müdigkeit ist ein häufiges Symptom und tritt häufiger bei Pat. mit vielen Herden auf. Vielen Pat. hilft Amantadin 100mg 1-0-0 bis zu 2-1-0. Ist ein altes Grippemittel und Parkinsonmedikament und steigert als "Nebenwirkung" die Wachheit. MFG, CK

    Claudia: Nochmal ich....komisch...warum wurde mir es dann freigestellt-trotz gesicherter Diagnose? D.h. Herde machen Myoklonien?? Das war mir neu-und meinem Neuro nun sicher auch?? (auch wenn die Herde -5- klein sind) Mfg

    Prof. Christof Klötzsch: vor Jahren hat man Pat. den Beginn der Behandlung freigestellt, wenn es ihnen klinisch gut ging. Heute wissen wir, dass ein früher Beginn der Immunmodulation eine spätere Verschlechterung verhindern kann. Das heißt diese geänderte Empfehlung basiert auf Studienergebnissen der letzten 3-4 Jahre. Myoklonien können durch ganz unterschiedliche Schädigungen des Gehirns und Rückenmarks ausgelöst werden, bei einem MS-Kranken ist der Zusammenhang mit MS-Herden der wahrscheinlichste. CK

    Tanja89: ich habe mal eine frage, ich habe seit paar monaten die diagnose neuromyelitis optica... jetzt war ich in mehreren unikliniken und bei verschiedensten ärzten und meine akte wurde auch noch an einige versand... alle waren sich recht einig... nun war ich in münchen und die stellen das alles nochmal in frage, da sie auf einmal winzigste herde im hirn gefunden habe, wo bislang jeder sagte, dass keine wären. von den symptomen her, hatte ich schon ein paar, die ich eher dem gehirn zugeordnet hätte... aber wie gesagt, alle sagten, da sei nichts. wie kann es denn sein, dass so viele fachmänner angeblich alle die entzündungen nicht gesehen haben, wenn sie ja sogar gezielt danach suchten... kann mir das ned erklären... (wenn die frage nicht genug ins thema passt, bitte einfach ned antworten, steh nur im moment total neben mir wegen dem ständigen hin und her... vielen dank!!!!)

    Prof. Christof Klötzsch: o.k., auch noch mal für diejenigen, die das Krankheitsbild nicht kennen. Neuromyelitis optica (=Devic-Syndrom) ist eine Erkrankung, die sich auf Entzündungsherde im Halsmark und (beiden) Sehnerven beschränkt aber trotzdem schwere Ausfälle (Blindheit, Lähmung aller Extremitäten) verursachen kann. Die NO hat Gemeinsamkeiten mit der MS, aber ist nicht identisch mit einer MS. Wenn im Verlauf der Erkrankung weitere Herde außerhalb von Rückenmark und Sehnerv auftreten ist die Diagnose NO unwahrscheinlich und MS wahrscheinlich. Es gibt inzwischen einen spezifischen Antikörper (Aquaphorin-4) der bei der Neuromyelitis optica typischerweise positiv ist und die Diagnose sichern kann. CK


    Allgemein - Tanja89: versteh trotzdem ned, wie so viele ms-spezialisten da keine herde sehen und der eine da auf einmal schon welche, erscheint mir so seltsam, selbst wenn sie winzig sind, muss ich die doch finden, wenn ich gezielt danach suche :-(


    Tanja89: gibt es etwas, dass man gegen lhermitte-zeichen tun kann? wenn die über ein jahr schon anhalten?

    Prof. Christof Klötzsch: wenn das Lhermitte-Zeichen (Elektrisierendes Gefühl in Nacken und Rücken bei Kopfneigung nach vorne, ausgelöst durch Halsmarkherde) so lange anhält und störenden Charakter behält, empfehle ich einen Therapieversuch mit Neurontin (Gabapentin) oder Lyrica. CK

    Kara: Wie lange sollte man Tysabri nehmen? Wie hoch schätzen Sie die Nebenwirkungen ein?

    Prof. Christof Klötzsch: 1. Für alle immunmodulatorischen Therapien (Interferon, Copaxone, Tysabri) gilt Einnahme so lange sie wirken und eine Verschlechterung verhindern. Absetzen nur bei unerträglichen Nebenwirkungen oder starker Verschlechterung wie vor Immunmodulation. Alle diese Medikamente heilen nicht die MS, sondern halten die Erkrankung in Schach. Das ist wie beim jungen Diabetiker, der muss Insulin auch bis zum Lebensende spritzen. 2. Bei neuen Medikamenten ist das Langzeitnebenwirkungsrisiko nicht abschätzbar. Momentan spricht die Datenlage für eine gute Verträglichkeit und geringe ernsthafte Nebenwirkungen. Aber wir verfügen noch nicht über Langzeitdaten. MFG, CK


    Allgemein - Tanja89: dankeschön! :-)


    Stefan44: Jugendliche mit MS stellen auch für uns als Eltern ein Problem da; sollen wir unsere Tochter zu einer Therapie zwingen?

    Prof. Christof Klötzsch: Die Immunmodulatorischen Therapien haben eine Zulassung ab dem 18.Lebensjahr, vorher werden sie von Neuropädiatern nach ausführlicher Aufklärung in Einzelfällen "off-label" eingesetzt. Man kann/sollte niemanden zu einer Therapie zwingen. Leider neigen viele (junge) MS-Patienten zum "Nicht-wahrhaben-wollen" ihrer Erkrankung und wollen durch eine Dauertherapie nicht an die Diagnose erinnert werden. Das Fatale ist leider, dass ihnen anfangs scheinbar der "gute" Verlauf recht gibt. Dann sind aber über Jahre unbemerkt soviele Herde entstanden, dass der eingetretene Schaden nicht mehr behebbar ist. Ich sehe lediglich durch Kontakt mit Betroffenen und Aufklärung durch Ärzte (nicht Hausärzte, nicht Psychiater, sondern Neurologen) die Möglichkeit Überzeugungsarbeit zu leisten. Ein Pat. muss selbst "hinter seiner Therapie stehen". CK

    Moderator Patricia Fleischmann: @ alle: Bis 20.30 Uhr ist der Chat noch geöffnet, Zeit also, sich die letzten Fragen für heute zu überlegen. Ein Tipp: Zwischen den Chats können Sie sich gern per E-Mail an expertenrat@amsel.de wenden.

    stern: Hallo nochmal, hatte oben schon einen Beitrag wegen der Myoklonien. Also bei mir wurde wie gesagt vor ca. 1 Jahr die Diagnose gestellt Zufallsbefund, 8 ziemlich grosse Herde einer reicherte KM an. VEP auf beiden Augen grenzwertig, alle anderen Nervenleitgeschw. und Reflexe normal, oligoklonale Banden positiv, MRZ Reaktion negativ. Kontroll MRT nach 6 Monaten noch 1 Herd zu sehen, Kontroll MRT nach weiteren 6 Monaten Herd ist noch kleiner geworden nichts neues da. Bin mit dem Arzt so verblieben Cop noch 1 Jahr weiter zu nehmen und wenn in dem Jahr alles so gut bleibt und nichts dazukommt darüber nachzudenken Cop abzusetzen. Zu was würden sie tendieren?

    Prof. Christof Klötzsch: wenn die Diagnose MS gesichert ist, spricht der gute MRT-Befund für ein gutes Ansprechen auf Copaxone, aber damit ist die Erkrankung nicht geheilt. Nach Absetzen werden wieder Herde auftreten. Holen sie sich eine Zweitmeinung an einem MS-Zentrum (mit allen Briefen und MRT-Bildern). CK

    Tanja89: wie heißt das medi nochmal, dass man kurz vor dem autofahren nehmen soll, bei extremen schwindel durch die ms? dankeschön!!!

    Prof. Christof Klötzsch: Wer (extremen) Schwindel hat, ist nicht fahrtauglich und darf kein Autofahren. In solchen Fällen tritt die PKW-Haftpflicht im Schadensfall nicht ein und sie haften für alle Schäden mit ihrem Privatvermögen. Es gibt auch kein wirksames Medikament gegen extremen Schwindel. CK


    Allgemein - Stefan44: sollen wir unsere Tochter, welche die Diagnose am liebsten totschweigen würde, zu Gesprächen zwingen?



    Allgemein - Tanja89: bringt nix, zwingen, würde ich sagen



    Allgemein - Tanja89: habs genauso gemacht wie deine tochter bei der diagnose, war in etwa gleich alt



    Allgemein - Stefan44: es steht überall, dass man frühestmöglich therapieren soll!



    Allgemein - Tanja89: ja, aber sie muss es wollen denke ich... würde sie immer wieder drauf ansprechen, auch der arzt sollte ihr die wichtigkeit erörtern... würde ihr auch mal nen ms chat im netz empfehlen und so, vielleicht hört sie ja auf andere in ihrem alter besser, auf seine eltern will man als jugendlicher eh ned hören ;-)



    Allgemein - Stefan44: ich fürchte, dass sie recht haben; leider kann ich sie zur Zeit nicht zu einer Kontaktaufnahme überreden



    Allgemein - Tanja89: es bringt ja auch nix, wenn sie ihre tochter täglich zum spritzen "zwingen" müssen, sie muss selbst begreifen, wie wichtig es ist



    Allgemein - Tanja89: mir hats geholfen, mich selbst zu informieren, mir selbst quellen zu suchen, leute zu kontaktieren usw



    Allgemein - Tanja89: und da wird einem jeder erzählen wie wichtig eine frühe basistherapie ist



    Allgemein - Tanja89: vielleicht sollte sie sich auch mal mögliche folgen durchlesen, was passieren könnte... um etwas abgeschreckt zu werden, aber finde es auch irgendwie hirnrissig, sich jeden tag ne spritze nei zu hauen, wenn es einem so weit (noch) gut geht



    Allgemein - Tanja89: also klingt zuerst mal so


    yola: (Mann, 40J, bis vor vier Monaten Kerngesund, seit Januar Hypertonie, in der Behandlung, mit Ramipril 2,5mg gut eingestellt) Seit vier Monate werde ich von einem zu andren Arzt geschickt und bis heute steht leider noch keine Diagnose. Kurze Symptomatik: starke drückende, blitzartige Kopfschmerzen (wie Stromschlag), extremes Druck im Hinterkopf, sogar berühren der Kopfhaut verursacht Schmerzen - Elektrisierendes Gefühl (reicht Wasserstrahl unter der Dusche), Unruhe im Kopf und manchmal im ganzen Körper, Schmerzen im Nacken, knistern im Hals bei Halsbewegung, vor drei Monaten Taubheit rechte Gesichtshälfte, unscharfes, verschwommenes Sehen, häufige starke Schwindelanfälle, Verspannungen im rechtem Kieferbereich, vor allem morgendliche Taubheit, Steifheit der Hände, gleiche Gefühle in der Waden und unter dem rechtem Knie, schwäche in den Beinen ( leider mit jedem Tag wird schlimmer), manchmal Übelkeitsgefühl. Bis heute wurden alle neurologischen Untersuchungen in Ordnung, nur bei MRT Kopf wurden: “ vereinzelte unspezifische Signalanhebungen von wenigen Millimetern Größe im Marklager neben den Hinterhörnern der Seitenventrikel ohne KM- Enhancement)“ festgestellt. Können Sie bitte erklären was bedeutet dieses Befund, und um welche Krankheit Ihre Meinung nach es sich handelt. Kann das MS sein? Vielen Dank für Ihre Antwort.

    Prof. Christof Klötzsch: Nein, ohne einen Pat. mit einer solchen Störung untersucht zu haben und die MRT-Bilder gesehen zu haben, kann ich kein Urteil abgeben. Wenn durch qualifizierte Neurologen wiederholt kein krankhafter Befund erhoben werden konnte, muss auch an die Möglichkeit einer psychosomatischen Erkrankung gedacht werden. CK

    Kara: Offensichtlich sind sich nicht alle NEurologen darüber einig, ms auch schmerzen verursacht. ich bekomme immer gesagt, ich hätte wohl noch eine fybromyalgie. die schmerzen sind bei belastung stärker, ganzkörperschmerz z. t. unerträglich. was kann ich dagegen tun. bin 51 jahre, habe seit 20 jahren beschwerden ("psychophysisches erschöpfgssyndrom"), diagnose ms erst vor 1 jahr.

    Prof. Christof Klötzsch: o.k.: Fibromyalgie ist eine umstrittene Diagnose, manche sprechen sogar von einer "Modediagnose". Wenn sie seit 20 Jahren Beschwerden haben und die Diagnose MS vor einem Jahr gestellt wurde, ergibt sich tatsächlich die Frage, ob nicht ein Teil ihrer Beschwerden durch die MS bedingt ist. Im übrigen ist die Auslösung von Schmerzen durch MS-Herde völlig unstrittig, hierzu liegen Untersuchungen an über 10.000 MS-Patienten vor. Da scheinen einige Neurologen halt Informationsdefizite zu haben. CK

    Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, lieber Herr Professor Klötzsch, das wars schon für heute, leider, doch in 2 Wochen öffnen die Chatpforten wieder, Thema und Experte erfahren Sie auf www.amsel.de. Ich danke Ihnen für die rege Teilnahme, Herrn Prof. Klötzsch für die kompetenten Antworten und wünsche allen einen schönen weiteren Abend.


    Allgemein - stern: Werden die offenen Fragen noch beantwortet?



    Allgemein - Tanja89: vielen dank prof. klötzsch für die vielen antworten, frau fleischmann fürs moderieren und an alle anderen für den schönen abend! :-)


    Moderator Patricia Fleischmann: @alle: Liebe Chatter, Sie können sich gerne noch über "Allgemeiner Beitrag" untereinander austauschen, doch bitte keine weiteren Fragen mehr - wir sind schon übers Zeitlimit hinaus und Prof. Klötzsch hat noch vier offene Fragen zu beantworten. Das Chatprotokoll gibts ab morgen auf www.amsel.de - Danke!


    Allgemein - stern: Danke und für alle noch einen schönen Abend



    Allgemein - Tanja89: dir auch stern!


    Moderator Patricia Fleischmann: @Tanja89/ @stern: Machen wir gerne, dafür sind wir da - einen schönen Abend noch !


    Allgemein - Tanja89: danke, ihnen auch! :-)



    Allgemein - Tanja89: ok, danke, irgend ein arzt hatte das mal vorgeschlagen... bin dann wech, schönen abend noch an alle! tschüssi

    Redaktion: AMSEL e.V., 16.04.2008