Progrediente MS

Die enge zeitlich Kombination von Kortisontherapie mit intensiver Physio- und Ergotherapie ist viel wirksamer als jede Maßnahme allein für sich, so PD Dr. Michael Haupts im Multiple-Sklerose-Chat der AMSEL.

Moderator Patricia Fleischmann: Willkommen, liebe Chatter, es ist gleich so weit. Gern könnt Ihr jetzt schon Fragen an Dr. Haupts posten. Thema heute: Progrediente Multiple Sklerose, also die "schleichende" Form der MS.

Ulrich: Bei meiner Frau wurde 1998 Jahren im Alter von 49 Jahren die Diagnose MS gestellt. Nach Azatioprin wurde zunächst Rebif und danach Copaxone gespritzt. Die Krankheit ist vor 4 Jahren in den chronischen Verlauf übergegangen und der Neurologe hat den Einsatz von Cop. nicht mehr weiter durchgeführt. Seit 2010 ist das letzte Mittel der Wahl die Kortisonbehandlung alle drei Monate. Trotzdem sehe ich eine Verschlechterung des körperlichen Zustandes (vom Rollator zum Rollstuhl) sowie auch Gedächtnisstörungen. Sehen Sie eine Möglichkeit mit anderen Medikamenten den Verlauf zumindest anzuhalten.

PD Dr. Michael Haupts: Die Leitlinien für die MS-Therapie nennen für fortgeschrittene MS-Phasen auch noch das Mitoxantron als überlegenswerte Therapie. Mitoxantron ist nicht ohne Nebenwirkungen; ich will nicht unbesonnen aus der Ferne Ratschläge geben. Sie sollten es mit Ihrem Neurologen prüfen. Die Leitlinien legen nahe, vor solchen Therapieumstellungen ein MRT zu machen. Zu überlegen wäre bei dem Verlust der Gehfähigkeit tatsächlich auch eine intensive Komplextherapie in einer der MS-Spezialkliniken, ich habe das eben im anderen Chatfeld zum Thema Kortison" beschrieben.

PD Dr. Michael Haupts

Dr. Michael Haupts ist Ärztlicher Leiter des Augustahospitals in Anholt und Mitglied des Ärztlichen Beirates der DMSG - Bundesverband.

  • MS gehört zu seinen Schwerpunkten.
  • Im AMSEL-Video äußert er sich zu "Lebensqualität bei Multipler Sklerose".

caro: Ich bin seit 1991 dabei und bekomme Stoßtherapie. Gibt es auch für mich bald Tabletten die fortschreiten aufhalten?

PD Dr. Michael Haupts: Siehe Antwort zu Karlchen. Ich glaube noch nicht, dass wir in den nächsten paar Jahren Tabletten dafür haben.

Andrea: Sehr geehrte Damen und Herren, Habe seit 30 Jahren MS. nie Schübe immer progredient verlaufen. Eine Verschlechterung in diesem Zeitraum schleichend. Letzten Endes brauche ich für alles Hilfe. Nie ein Medikament bekommen aber vor zwei Jahren das Medikament Fampyra. Nur geringe Verbesserung der Gesamtsituation erreicht. Der langjährige Neurologe ist erkrankt. Ein neuer meint, ich hätte keine MS. Sollte Fampyra absetzen. Darauf fast Entzugserscheinungen. Sollte Venlafaxin nehmen. Habe ich nicht da ich weder depressiv noch Suizid gefährdet bin. Weiß nicht weiter. Aufgrund meiner Behinderung bin ich auf Ärzte angewiesen, die ins Haus kommen. Kann ich bei Ihnen Rat bekommen? Oder können Sie mir eine andere Adresse nennen?

PD Dr. Michael Haupts: Das ist eine so differenzierte Frage, die kann man wirklich nicht per Tele-Medizin beantworten. Sie brauchen neurologische Fachärzte. Die DMSG hat eine Liste zertifizierter Ärzte und Kliniken (s. homepage)! Wenn Sie nicht zu Ärzten gehen können, wäre tatsächlich eine Klinik zu überlegen. Deutschland hat 5 MS-Fachkliniken: Marianne-Strauß/ Starnberg, Dietenbronn/ Schwendi, Kamillus/ Asbach, Sauerland/ Hachen und Augustahospital Anholt.

Bernhard: Hallo Herr Dr. Haupts, ich habe als Verlaufsform SCP und therapiere seit ca.16 Jahren mit Imurek. Ich bin eigentlich zufrieden und werde auch nicht wechseln. Aber gibt es bei Imurek Risiken nach langer Einnahme? Gruß Bernhard

PD Dr. Michael Haupts: Das Krebs- Risiko bei Imurek ist leider nach 10 J. verdoppelt

cinderella: Guten Abend, ich habe die schleichende Form...meine Frage...erkennt man die Form nur an dem Verlauf...oder ist es auch am MRT zu erkennen?

PD Dr. Michael Haupts: Tatsächlich ist der Begriff "Schleichend" ("progredient") aus der Verlaufsbeobachtung abgeleitet. Vermutlich gibt es in vielen MS-Fällen - mindestens eine Zeitlang - ein Nebeneinander von Entzündung und "Schrumpfen" (Atrophie) von geschädigten Nerven. Das sieht man aber nur unter dem Mikroskop (meist natürlich in Tierexperimenten), das MRT ist da eher nur eine sehr grobe Brille.

Daniel Alt: Schönen guten Abend Herr Dr. Haupts. Meine Diagnose ist von 1992, ich habe erst 2002 mit Avonex begonnen. Seit etwa 2 Jahren sind keine Schübe mehr aufgetreten, leider meine Gehfähigkeit und die Fatique schlimmer geworden. Momentan schlucke ich Baclofen, Fampyra und spritze Avonex. Jetzt schickt mich mein Neurologe nach Bad Mergentheim zu Herrn Prof. Mäurer für eine neue Diagnostik. Was erwarten mich dort für Untersuchungen und welche Möglichkeiten können sich für mich ergeben. Vielen Dank!

PD Dr. Michael Haupts: Hellsehen kann ich natürlich nicht ... aber ob das Interferon noch wirkt (manchmal gibt es leider sog. Antikörper), ob das letzte MRT frische Entzündungen zeigt, ob ihre Befunde eine andere Therapieform oder "Eskalation" oder Arzneistudie nahelegen, das kann Prof. Mäurer mit seinen Ärzten bestimmt (auch ohne gefährliche Untersuchungen) mit Ihnen prüfen. Viel Erfolg!

Karlchen: Hallo Herr Dr. Haupts, gibt es Medikamente, die die schleichende Verschlechterung stoppen oder verlangsamen?

PD Dr. Michael Haupts: Das ist eine wichtige Frage, und es gibt mehrere Forschungsprojekte dazu. Gegen das "Schrumpfen" geschädigter Nerven gibt es derzeit kein sicher erprobtes oder zugelassenes Fertig-Medikament (wenn, dann wäre es vermutlich auch ein "Renner" nach Schlaganfall und gegen Hirnalterung und Krankheiten aller Art). Aber oft kann man die Verschlechterung stoppen. Wir haben jüngst bei 13 von 41 Patienten mit Gehbehinderung den EDSS/ Gehfähigkeit nach 2-3 Wochen kombinierter intensiver Therapie verbessert gefunden. Dazu gehört Spastiktherapie, natürlich Krankengymnastik, manchmal hilft ein Cortisonpuls oder intrathekales Cortikoid in Kombination. Allerdings ist das für alle Beteiligten viel Arbeit - und nicht durch einzelne Medikamente zu ersetzen.

Sybille: Guten Abend. Bei mir wurde nach einer schubförmigen MS (seit 2005) nun ein progedienter Verlauf diagnostiziert. Mein Neurologe schlug mir eine regelmäßige Cortisontherapie über 3 Tage vor, um die Symtome für eine Dauer von nur 6-8 Wochen zu verbessern. Leider vertrage ich Cortison in den Dosen gar nicht gut und würde gerne wissen, ob eine Verbesserung nicht doch länger anhalten würde. Nach dem Cortison geht es mir 3 Wochen lang schlecht und daher schrecke ich vor einer zeitlich so kurzen Verbesserung zurück. Herzlichen Dank Sybille

PD Dr. Michael Haupts: Siehe oben - andere Dosis, anderes Cortikoid (man gibt ja eigentlich nie (Hydro-)"Cortison, sondern moderne Cortikoide), Kombitherapie mit intensiver täglicher Therapie (leider außerhalb der städtischen Zentren kaum ambulant zu verwirklichen) prüfen. Auf Dauer sollten m.E. die Nebenwirkungen nicht den Erfolg überdecken.

Stefan: Guten Abend, gibt es auch bei der schleichenden Form Fasen in der sich nichts weiter verschlechtert oder sogar Stillstand oder merkt man es immer nur dann wenn die Verschlechterungen deutlich zu Tage treten?

PD Dr. Michael Haupts: Gute Frage. Da man lebende Menschen nicht einfach aufschneiden kann, stammen die meisten Ideen dazu aus Tierexperimenten oder Gewebeproben nach dem Tod (und sind damit etwas pauschaler Natur) oder aus errechneten MRT-Bildern. Vermutlich gibt es sowohl echten Stillstand der Krankheit, wie umgekehrt auch unbemerktes Fortschreiten. Vermutlich kann unser Körper eine ganze Zeitlang mit Reservefasern kompensieren (toll, was Mutter Natur so kann). Und vermutlich stimmt der alte Satz "Vorbeugen ist besser als Heilen" (wo keine Entzündung, da später kein Schäden) - nur leider kommen wir bei der MS anders als bei Labormäusen oft etwas spät mit dem Vorbeugen.

Babsi: Guten Abend, viele Patienten mit dem progredienten Verlauf bekommen viertejährlich Kortison (3x1000). Leider kann ich bei vielen nicht wirklich einen Stillstand oder geschweige denn Verbesserung feststellen. Nun habe ich die ersten Patienten kennengelernt, die nach jahrelager Kortisontherapie eine Osrteoporose entwickelt haben. Hält Kortison wirklich das, was einem einige versprechen, oder dient es der "Beruhigung", damit man das Gefühl hat, man tut etwas. Gibt es bei dem progredienten Verlauf Alternativen in der Behandlung?

PD Dr. Michael Haupts: Tatsächlich wird von vielen Experten (und auch in den bisherigen deutschen Leitlinien) bei progredienter MS eine wiederholte Cortikoidpulstherapie empfohlen. Übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch USA und England. Dort wiesen 2003 Untersucher darauf hin, dass die enge zeitlich Kombination mit intensiver Physio- und Ergotherapie dann viel wirksamer ist als jede Maßnahme allein für sich! Also: Kombi ist oft besser als "solo". Evtl. sollte man auch prüfen, ob die Dosis der Pulstherapie für akute Schübe (3x 1000mg) für die progrediente MS genauso gilt - wir geben oft über 3-5 Tage eine niedrigere Dosis, aber gerade heute habe ich jemand bei der Visite gesehen, die vor dem Wochenende kaum schlucken und sprechen konnte und es nach Pulstherapie jetzt wieder kann. Manchmal hilft es offensichtlich. Aber: Cortisonpräparate sind kein Allheilmittel, sie haben Nebenwirkungen, und man muss dann jeweils Erfolg und Nebenwirkungen abwägen..

Karina: Guten Abend Dr. Haupts. Bin jetzt chron. progr.. Ich habe vor 3 Wochen die erste Kortisonstoßtherapie beendet. Hatte große Hoffnung auf einen Erfolg gesetzt. Nach dem 2. Tag konnte ich wesentlich besser laufen, aber nach dem 3. Tag war diese Wirkung verschwunden und mir ging es sehr schlecht. Herzrasen und erhebliche Gangverschlechterung. Ich habe heute immer noch Probleme mit Rückenschmerzen, die sich anfühlen wie Nierenschmerzen und ich gehe schlechter als vor dem Kortison. Was kann diese Verschlechterung nach dem 2. Tag bedeuten, kann man auch nach dem 2. Tag aufhören, sollte ich in 3 Monaten trotzdem eine weitere Stoßtherapie machen oder können Sie mir zu einer anderen Alternative raten?

PD Dr. Michael Haupts: Tatsächlich wird von vielen Experten bei progredienter MS eine wiederholte Cortikoidpulstherapie empfohlen. Cortisonpräparate sind sicher kein Allheilmittel, sie haben als hochdosiertes Hormon Nebenwirkungen, und man muss dann jeweils Erfolg und Nebenwirkungen abwägen. Evtl. haben Sie unter dem Kortisonstoß eine Blasenentzündung oder Virusinfekt ("Sommergrippe") bekommen? Das würde ihre Beschwerden erklären können, ihr Arzt kann das aber herausfinden und ggf. behandeln. Es könnte auch sein, dass Sie ein typisches "Cortisontief" beschreiben: Kraft, Stimmung, Schlaf - einfach alles wird für mehrere Tage schlechter. Viele MS-Patienten kennen das, haben aber nach einigen Tagen diese Beschwerden nicht mehr und hinterher wochenlang sogar eine gute Wirkung. Sie sollten das m.E. prüfen.

Eva: Nabend, was gibt es für Alternativen zu Mitox. Ich möchte das Zeug nicht nehmen, die Uni meint aber es müsste jetzt sein. Habe auch noch einen Eierstocktumor gehabt, aber keine Chemo.

PD Dr. Michael Haupts: Mitoxantron ist sicher nicht ohne Nebenwirkungen (ca. 4% Herzmuskelstörungen, 2% Blutbildprobleme incl. Leukämie) - aber ich habe Patientinnen, die nach mehreren Zyklen Mitoxantron (im 3-Monatsabstand) jahrelang keine Schübe oder Verschlechterung hatten. Vermutlich stimmt der alte Satz "Vorbeugen ist besser als Heilen" bei der MS ganz besonders - da müssen Sie mit Ihrem Arzt abwägen, was Sie zu verlieren oder zu gewinnen haben. Für jeden Einzelfall müssen die Leitlinien zur MS-Therapie herangezogen werden. Solange noch Schübe zu unterdrücken sind, sind die Chancen besser. Warten auf später hilft den meisten MS-Patienten gerade nicht.

Daniel Alt: Ich frage einfach mal weiter: Der Radiologe hat mein MRT letzte Woche erstellt & keine akute Entzündungen festgestellt. Auch ein Veränderung zu dem MRT von 2011 konnte er nicht feststellen. Welche Therapieformen stehen denn zur Wahl - und was meinen Sie mit Arzneimittelstudie?

PD Dr. Michael Haupts: Hellsehen kann ich immer noch nicht ... Ich glaube, ehe Sie jetzt von 2 oder 3 Experten 4 oder 5 Meinungen einsammeln, sollten Sie den schon gebahnten Weg nehmen. Die Versuchung der Telemedizin ist groß, aber Fernbehandlung und -Beratung ist aus gutem Grund für Ärzte untersagt; ich kann doch jetzt nicht alle individuellen Befunde und Leitlinien Ihres Falles erraten und dabei am Ende etwas übersehen...

Schirin: Ich habe seit 12 Jahren MS, zuerst schubförmig, in den letzten Jahren steht eine schleichende Verschlechterung im Vordergrund. Bis März diesen Jahres habe ich Copaxone gespritzt, seither nehme ich nur noch Fampyra. Raten Sie mir zu einer Eskalationstherapie und wenn ja, zu welcher?

PD Dr. Michael Haupts: Schwierige Frage aus der Ferne - im Einzelfall entscheiden viele Details. Alle Eskalationstherapien wirken am besten gegen Schübe. Nur wenn noch Hinweise auf unterschwellige Entzündungsaktivität da ist, sollte man es prüfen. Für fortgeschrittene Phasen nenne die Leitlinien Mitoxantron. Nicht vergessen: Reha hilft beim Erhalt der Beweglichkeit, MS-Spezialkliniken haben oft noch einige Optionen "auf Lager"

Nursel: Hallo Herr Doktor was bedeutet schleichende Verschlechterung bei MS.Habe 24 Jahren MS einmal in der Woche spritze ich Avonex

PD Dr. Michael Haupts: siehe das andere Antwortfeld. Ich hoffe, Sie sind unter Avonex stabil, ohne Verschlechterung

Nursel: hallo Herr Doktor was bedeutet Schleichende Verschlechterung Bei MS wir kann ich es bemerken das ich ein Schleichende Verschlechterung habe symtome

PD Dr. Michael Haupts: Am besten mit ihrem Neurologen zusammen prüfen. Beispiel: Wenn Ihre Gehstrecke letztes Jahr noch 500m ohne Hilfe betrug, dann ohne Schub nur noch 300m, dann 100m und Sie seit Ostern einen Stock brauchen, dann ist das sicher eine schleichende Verschlechterung.

Karina: Sie sprechen von Cortisontief über mehrere Tage. Bei mir hält das jetzt schon 3 Wochen an. Kann man das Cortison auch nur über 2 Tage geben u. welche Alternativen zum Kortison gibt es? Physio- und Ergotherapie und Yoga mache ichbereits.

PD Dr. Michael Haupts: Harnwegsinfekt ausgeschlossen??!

Arne: Bin 53 J. alt, Diagnose vor ca. 4 Wochen: Primär chronisch progrediente MS. Erste Kortison-Stosstherapie wurde bereits durchgeführt (3 Tg. a 1000 mg). Sind absehbar weitere hochdosierte Kortisongaben erforderlich - da ich keine Schübe habe, wie wird der Zeitpunkt dann festgelegt ?

PD Dr. Michael Haupts: Siehe Chatnotiz zu "Kortison" - wiederholte Pulse nach 3-6 Monaten können helfen. So früh am Anfang der Diagnose würde ich aber unbedingt mit dem Neurologen die Sache im Verlauf prüfen, "Kortison" ist da nur einer von mehreren Bausteinen

Stefan: Was genau heißt Cortisonpuls oder intrathekales Cortikoid? Dauerhaft oder täglich Cortison nehmen?

PD Dr. Michael Haupts: Englisch "pulse" - hohe Menge in kurzer Zeit; meist 3 Tage täglich 1000mg Methylprednisolon. Intrathekal= in den Rückenkanal (Lumbalpunktion). Dauerhafte Gabe: bei MS schlecht, bringt nur Nebenwirkungen

Boris: Guten Tag, bitte können Sie in Erfahrung bringen, ab welchem Zeitpunkt grundsätzlich, und für welche Patienten, die Fumarsäuretherapie verschrieben werden kann? Nach Aussage des Arztes sollte diese bereits auf dem Markt in der BRD sein. Vielen Dank!

PD Dr. Michael Haupts: hr Arzt hat Recht. Pech - aufgrund Patentrechtsproblemen wurde und wird die Fumarsäure derzeit in Deutschland nicht eingeführt. Zum Glück gibt es ja gute andere MS-Medikamente

Anna: uten Abend Hr. Dr. Haupts, vor 4 Jahren wurde bei mir MS mit schubförmigem Verlauf diagnostiziert . Inzwischen bin ich im progredienten Verlauf mit einem EDSS von 5,0. Leider merke ich, dass die Einschränkungen immer mehr fortschreiten. Nun meine Frage: Wie sind Ihre Erfahrungen bei diesem Verlauf, nimmt die Behinderung immer weiter zu oder ist es wahrscheinlicher, dass irgendwann ein Stillstand eintritt? Ich weiß, es ist nichts vorhersagbar, nur würde mich interessieren, wie da Ihre Erfahrungen sind. Ganz herzlichen Dank für Ihre Antwort!

PD Dr. Michael Haupts: Gehbehinderung mit EDSS 5 finde ich nicht schön, ein Fortschreiten zu EDSS 6 auch nicht - aber oft ist das die Abfolge. Ausnahme: ein einziger Schub hat die Verschlechterung bewirkt, dann klappt die Verbesserung eher wieder. Haben Sie einmal an eine Reha gedacht? Gut wäre eine Klinik mit DMSG-Zertifikat. Erhalt der Gehfähigkeit bei MS ist auch eines der Hauptarbeitsfelder in den 5 MS-Spezialkliniken, vor allem wenn umfangreichere Medikamentenerprobungen und tägliche Visiten erforderlich sind.

adele: Hallo, ich habe auch nie einen Schub gehabt. Mein Befinden hat sich stetig verschlechtert. seit längerer Zeit habe ich geschwollene Füße in den Farben knallrot bis hell lila. Liegt das wirklich daran das ich kaum noch laufen kann(nur noch in der Wohnung). Der Arzt sagt das kommt durch zu wenig Bewegung oder sollte ich mal einen Gefäßspezialisten aufsuchen. Lympfdrennagen haben nicht geholfen

PD Dr. Michael Haupts: Vermutlich gibt es mehrere Gründe: ohne MS z.B. Bindegewebsprobleme. Bei MS öfter Störungen der autonomen Rückenmarksverschaltungen, dadurch Störung der Vasomotoren der Haut / Blaufärbung. Und natürlich bei Lähmungen aller Art das passive Einlaufen von Wasser in die unteren Körperabschnitte. Hilft evtl. Tretgerät/ Beintrainer bei der Krankengymnastik?

Ingrid: Sind Sie in unserer Gegend (Geesthacht) erreichbar ? Ich bin 86 J., hatte 1961 eine Sehnerventzündung mit eins. Erblindung – ist vorüber. Versuche gegen Beschwerden: Schwindel, Müdigkeit, Vergesslichkeit, Gehbeschwerden mit Rollator bzw. geplantem E-mobil anzugehen. Diagnose: progrediente, chron. MS—2 Neurologen haben mich untersucht. Was empfehlen Sie mir ? Gruß ! Ingrid

PD Dr. Michael Haupts: 1. Kompliment - mit 86 Jahren sind Sie heute bestimmt unsere aktivste Chatterin jenseits der 70! Weiter so, mir (und bestimmt einigen anderen) imponiert das! 2. E-Mobil klingt erfolgversprechend, allerdings sollten Sie nicht vor lauter Schwindel einen Verkehrsunfall bauen! Sind der Blutdruck und die Schlagadern in Ordnung - es muss ja nicht alles von der MS sein? In Geesthacht bin ich selten, das Augustahospital Anholt liegt am Niederrhein nahe Bocholt. Aber ab und zu kommen auch Patienten aus dem Emsland oder Bremen zu uns.


Allgemein - Emma: sorry,aber mir ist es zu warm und der Schwindel läßt auch grüssen.Viel Spass noch allen bis demnächst mal und vielen Dank auch an PD Dr. Haupts.Cui (:-))))))))))


Karina: Wie heißen denn diese modernen Corticoide?

PD Dr. Michael Haupts: Methylprednisolon und Dexamethason stehen in den Leitlinien, es gibt noch mehr

Lisa: Guten Abend, gibt es eigentlich Zahlen/Erkenntnisse, etc. wie lange man in der schbförmigen Phase bleibt, bevor der progrediente Verlauf einsetzt? Wäre (war) es auch möglich, das Fortschreiten nicht zu erreichen? Vielen Dank für Ihre Antwort.

PD Dr. Michael Haupts: Grobe Zahlen im Mittelwert: in den 1990 er Jahren ca. 10Jahre in der Schubform; in Dänemark heute evtl. erst nach 14 Jahren im Mittelwert progrediente Phase. Spannweite für Einzelfälle (statt Mittelwert) reicht bestimmt von unter 1- bis über 30 Jahren. Problem: in Deutschland haben wir z.B. überhaupt kein Register, was alle MS-Patienten ab Erstdiagnose kontinuierlich über die Jahre begleitet. Wir wissen es also ehrlich gesagt nicht besser.

Anja: Guten Abend Dr. Haupts! Ich bin 46 J. und bei mir wurde MS mit vorwiegend schubförmigem Verlauf 2003 diagnostiziert. Habe Betaferon, Copaxone, Tysabri bekomkmen, nichts hat die Schubrate senken können. Erst unter Mitoxantron. Pausiere seit ca. 2 Jahren. Inzwischen Übergang in chronisch progrediente Form und letztes Jahr wurde ein Sigmakarzinom bei einer Darmspiegelung entfernt. Voraussichtlich kann ich deshalb das Mitox nicht mehr bekommen. Mein Zustand verschlechtert sich seit einigen Wochen schneller als sonst (kann nur noch ein paar Schritte gehen, stürze oft, zunehmende schwäche in beiden Händen/Armen, sensibilitätssörungen in Armen u. Beinen, (Tetraparese im Krankenhaus seit langem festgestellt und gemonitort), Sehstörugen, taube Lippen, Stechen im Gesicht, . Gibt es ausser Cortison noch eine Alternative zu Mitox???

PD Dr. Michael Haupts: s.o

Anja: Guten Abend Dr. Haupts! Ich bin 46 J. und bei mir wurde MS mit vorwiegend schubförmigem Verlauf 2003 diagnostiziert. Habe Betaferon, Copaxone, Tysabri bekomkmen, nichts hat die Schubrate senken können. Erst unter Mitoxantron. Pausiere seit ca. 2 Jahren. Inzwischen Übergang in chronisch progrediente Form und letztes Jahr wurde ein Sigmakarzinom bei einer Darmspiegelung entfernt. Voraussichtlich kann ich deshalb das Mitox nicht mehr bekommen. Mein Zustand verschlechtert sich seit einigen Wochen schneller als sonst (kann nur noch ein paar Schritte gehen, stürze oft, zunehmende schwäche in beiden Händen/Armen, sensibilitätssörungen in Armen u. Beinen, (Tetraparese im Krankenhaus seit langem festgestellt und gemonitort), Sehstörugen, taube Lippen, Stechen im Gesicht, . Gibt es ausser Cortison noch eine Alternative zu Mitox???

PD Dr. Michael Haupts: s.o

Karina: Kann man denn Entzündungen und der Progredienz vorbeugen?

PD Dr. Michael Haupts: Interferone und Copaxone haben etwa 30%, nach anderer Lesart unter Alltagsbedingungen vielleicht über 40% Erfolg bei der Schubvorbeugung, Fingolimod/ Gilenya über 50%, Natalizumab/ Tysabri über 60%. Vermutlich verändert sich dadurch unter unseren Augen gerade die Zeit bis zum übergang in die Progredienz!

Anja: Guten Abend Dr. Haupts! Ich bin 46 J. und bei mir wurde MS mit vorwiegend schubförmigem Verlauf 2003 diagnostiziert. Habe Betaferon, Copaxone, Tysabri bekomkmen, nichts hat die Schubrate senken können. Erst unter Mitoxantron. Pausiere seit ca. 2 Jahren. Inzwischen Übergang in chronisch progrediente Form und letztes Jahr wurde ein Sigmakarzinom bei einer Darmspiegelung entfernt. Voraussichtlich kann ich deshalb das Mitox nicht mehr bekommen. Mein Zustand verschlechtert sich seit einigen Wochen schneller als sonst (kann nur noch ein paar Schritte gehen, stürze oft, zunehmende schwäche in beiden Händen/Armen, sensibilitätssörungen in Armen u. Beinen, (Tetraparese im Krankenhaus seit langem festgestellt und gemonitort), Sehstörugen, taube Lippen, Stechen im Gesicht, . Gibt es ausser Cortison noch eine Alternative zu Mitox???

PD Dr. Michael Haupts: Wenn Sie eine so rapide Verschlechterung haben, sollte das ein MS-qualifizierter Neurologe rasch beurteilen, da traue ich mir keine Ferndiagnose zu.

Tom: Hallo + guten Abend, ich habe inzwischen ein EDSS von 7 erreicht und schon einiges durch (Avonex, Mitox, IG, Plasmapharese, Rituximab - um nur die wichtigsten zu nennen; symptomatisch aktuell Fampyra, Baclofen, Oxybutinin). Können sie mögliche weitere Eskalationstherapien nennen? Danke im Voraus.

PD Dr. Michael Haupts: So pauschal schwierig. Der EDSS sagt nichts darüber, ob noch Entzündungen stattfinden - nur dagegen können die Medikamente einiges ausrichten. Mit Plasmapherese und Rituximab waren Sie vermutlich in MS-spezialisierter Behandlung. Wollen Sie nur nach Medikamenten fragen? Zur symptomatischen Therapie fallen mir Physiotherapie, Gerätetherapie, Komplextherapie, Reha, Blasen- und Spastiktherapie und viele andere Stichworte ein.

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, in wenigen Minuten schließt der Chat. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir nun keine neuen Fragen mehr entgegennehmen können, da noch sehr viele momentan offen sind. Evtl. finden Sie Ihre Antwort auch unter den bereits gestellten Fragen.

Taxifreak: Diagnose der MS mit progredientem Verlauf 2006 erhalten. Habe keine Medikamente und keine Therapie angefangen. Meine einzigen Beschwerden betreffen das gehen. Minimale Verschlechterung seit 2006. Nur unter Wärmeeinwirkung ist eine starke Verschlechterung zu bemerken. Welche Medikamente könnten mir da helfen.

PD Dr. Michael Haupts: Wenn es die Wärme ist: Kühlen! Raumluft, Klimaanlage im Auto, kaltes Armbad, kühle Dusche, Kühlweste. Medikamente ? Zugelassen bei MS ist keines.... wegen unklarer Wirksamkeit. Wieviel Tage im Jahr haben Sie das Problem?

Eva: Was habe ich bei EDSS 6,5 überhaupt noch zu gewinnen? Ich habe keine guten Erfahrungen mit den Medikamenten gemacht. Rebif dauerhaft über 40 Fieber und Tysabri nur müde über Wochen und keine Lebensqualität. Gewirkt hat nichts.

PD Dr. Michael Haupts: Ich glaube, das sind mehrere Fragen. Besagt die Zahl EDSS 6,5, wie es einem gehen soll? Nein, mit der Dame mit EDSS 9 habe ich letzthin ebenso gescherzt wie mit dem Professor, der mit EDSS 8 noch Vorlesung hielt und darin ganz aufging.- Was hat man zu gewinnen, wenn man krank/ chronisch krank/ MS-krank ist? Wenn unser Leben nur aus gesunden Gewinnern bestünde ... - aber tatsächlich leidet die Mehrzahl meiner Mitmenschen täglich an Krankheiten, Frust, Mangel an Anerkennung, Zukunftsangst, Schlaflosigkeit. Man sieht es nur nicht nicht immer. Eine Frage der Perspektive. Evtl. sollten Sie sich zur Perspektive sogar professionelle Hilfe suchen. Medikamente: wenn Rebif und Tysabri nicht wirken, würde ich mir die Alternativen erklären lassen.

Moderator Patricia Fleischmann: Liebe Chatter, das war es schon, 90 Minuten sind um, sehr viele Fragen geklärt. Weiter geht es erst nach der Sommerpause am ersten Dienstag im September, dem 3.9.2013. Dank an Sie und ganz besonderen Dank an Dr. Haupts, der heue zum ersten Mal bei uns als Chatexperte zur Verfügung stand. Die News auf Amsel.de/Facebook sowie Amsel.de gehen natürlich weiter. Einen schönen Abend noch an alle !

Redaktion: AMSEL e.V., 16.07.2013