Ein 52-jähriger Multiple-Sklerose-Betroffener erhält die Erlaubnis, künftig Cannabis für den medizinischen Eigenbedarf selbst anzubauen (AMSEL.DE hatte berichtet). Das Bundesverwaltungsgericht hatte vergangene Woche beschlossen, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM, dem Kläger die Erlaubnis hierzu erteilen muss. Der Mannheimer hat keine therapeutische Alternative zu Cannabis, medizinischen Hanf verwehrte ihm seine Krankenkasse und diesen selbst zu bezahlen, fehlt ihm das Einkommen.
Was bedeutet das Urteil für andere MS-Betroffene in einer ähnlichen Lage ? Ist es gar ein Freischein für den Eigenanbau ? Wohl kaum. Die AMSEL-Onlineredaktion sprach mit Rechtsanwalt Andreas Czech über die Konsequenzen des Urteils für andere Patienten mit Multipler Sklerose:
Herr Czech, nach dem Urteil in Leipzig: Kann nun jeder Multiple-Sklerose-Patient, jeder Schmerzpatient selbst Cannabis anbauen ?
Andreas Czech: Ein klares Nein. Dazu benötigt er nach wie vor eine Erlaubnis.
Das hatten wir bereits vermutet. Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um an eine solche Erlaubnis zu gelangen ?
Andreas Czech: Das wird weiter eine Einzelfallentscheidung bleiben. Sicherlich ist eine Voraussetzung, dass medizinisch keine Alternativtherapie möglich ist. Dies muss ärztlich bestätigt werden. Dann: Dass die Krankenkasse den medizinischen Hanf nicht zahlt. Und dass die eigene finanzielle Lage es nicht erlaubt, den medizinischen Hanf aus der Apotheke selbst zu zahlen. Außerdem muss der Patient nachweisen können, dass er Sicherheitsbestimmungen einhält, damit kein Fremder an den Hanf kommt und er sich nicht selbst gefährdet. Also: Attest vom Arzt. Nachweise von Kasse und über das eigene Einkommen. Schließlich die Erlaubnis des BfArM.
Wenn man alle Voraussetzungen erfüllt, muss man sich also noch an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wenden ?
Andreas Czech: Richtig. Dessen Erlaubnis ist notwendig. Cannabis fällt unter das Betäubungsmittelgesetz.
Der 52-Jährige aus Mannheim hat über anderthalb Jahrzehnte lang geklagt. Wird der Prozess künftig verkürzt ?
Andreas Czech: Vermutlich ja, jedoch hängt dies vom Einzelfall ab.
Redaktion: AMSEL e.V., 12.04.2016