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Podologie bei MS

Immer wieder taucht in der täglichen Arbeit des Beratungsteams die Frage auf, ob Menschen mit Multipler Sklerose medizinische Fußpflege nach der Heilmittelverordnung, also auf Kassenrezept erhalten können? - Ein Mitglied des Ärztlichen Beirats der AMSEL hat darauf geantwortet.

In der Behandlung der MS sind Heilmittel als ergänzende Maßnahmen wie z.B. Physiotherapie, Ergotherapie, Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie wichtig, um die Behandlung zu unterstützen, eine Verschlimmerung zu verhindern und Beschwerden zu lindern. Gesetzlich Krankenversicherte haben Anspruch auf die Versorgung durch Heilmittel. In den Heilmittel-Richtlinien und dem dazugehörigen Heilmittelkatalog regelt der Gemeinsame Bundesausschuss, welche Leistungen konkret zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, Näheres vgl. together 01.21.

Frage einer MS-Betroffenen an den Expertenrat

„Mit Beginn meiner MS-Erkrankung und zunehmendem Ausfall der rechten Körperseite, Hemiparese rechts, ist seit 2020 eine medizinische Fußpflege alle vier Wochen zwingend notwendig, um Folgeschäden an den Füßen zu vermeiden. Der rechte Fuß ist sensibilitätsgestört, der linke entzündungsgefährdet. Die Kosten für die podologische Behandlung trage ich bisher selbst. Meine Neurologin befürwortet eine Verordnung auf Rezept über Muster 13. - Was ist bei MS anzugeben?“

Antwort des Ärztlichen Beirats der AMSEL

„Laut Heilmittelverordnung sind podologische Behandlungen bei Fußschädigung durch einen Diabetes mellitus als „diabetisches Fußsyndrom“ und bei „vergleichbaren Schädigungen“ mit dem Formular 13 in der Verordnung möglich. Multiple Sklerose und Sensibilitätsstörungen in den Beinen zählen zu der Gruppe „mit vergleichbaren Schädigungen“.

Voraussetzung für eine solche Vergleichbarkeit ist ein herabgesetztes Schmerzempfinden und eine autonome Schädigung an den Füßen. Die Herabsetzung des Schmerzempfindens ist alleine nicht ausreichend. Die autonome Schädigung bezieht sich auf vegetative Störungen, z.B. mit schmerzlosen oder schmerzhaften Hornhautverdickungen und verstärktem oder verdicktem Nagelwachstum mit einer Neigung zum Einwachsen. Ziel der podologischen Therapie ist „die Wiederherstellung, Besserung und Erhaltung der physiologischen Funktionen der Haut im Bereich der Füße und der Zehennägel“. Die podologische Therapie umfasst das fachgerechte Abtragen bzw. Entfernen von krankhaften Hornhautverdickungen, das Schneiden, Schleifen und Fräsen von krankhaften verdickten Zehennägeln und die Behandlung von Zehennägeln mit Tendenz zum Einwachsen sowie von eingewachsenen Zehennägeln im Stadium I. Somit dürfte der Verordnung bei der Patientin nichts im Wege stehen.

Aber: Die verordnenden Ärzte haben begrenzte Budgets. Die Heilmittel werden aus einem „gedeckelten Topf“ bezahlt. Dabei stehen jedem Arzt ein bestimmter Geldbetrag zur Verfügung, den er für die Verordnung von Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie und podologische Anwendungen zur Verfügung hat. Sollte er dieses Budget überschritten haben, gibt es Nachfragen der Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigung. Die Überschreitungen werden als Regress eingeklagt und im Verlauf auch einbehalten. Damit bezahlen nicht mehr die Krankenkassen die Behandlungen, sondern die verordnenden Ärzte. Ärzte werden dadurch gezwungen, „sparsam“ mit den Verordnungen umzugehen. Dieser Umstand verursacht eine große Verunsicherung unter den verordnenden Ärzten. Beim Überschreiten von Verordnungsgrenzen werden sämtliche Verordnungen streng geprüft.

Die podologische Therapie für die genannte Patientin lässt sich begründen und ist somit nicht mehr Teil des Regressverfahrens. Andere Verordnungen können aber „kritisch“ sein. Diese Situation erklärt die Zurückhaltung vieler Ärzte in der Verordnung von physikalischen Anwendungen.“

Redaktion: AMSEL e.V., 04.08.2023