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Notstand rechtfertigt Cannabis-Konsum

06.08.04 - Laut Karlsruher OLG darf ein MS-Patient weiter Joints rauchen.

Bei der Wohnungsdurchsuchung eines heute 44-jährigen MS-Erkrankten wurden im Februar 2002 insgesamt 381,99 Gramm Marihuana sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft Mannheim erhob deshalb im Juli 2002 Anklage wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Doch das Amtsgericht Mannheim sprach den Angeklagten im Mai 2003 vom Vorwurf eines strafrechtlich relevanten Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz frei.

Hanf in der Zwischendecke

Einnahme von Cannabis zur medikamentösen Behandlung kann aus Notstandsgesichtspunkten gerechtfertigt sein, entschied in diesem Jahr das Oberlandesgericht Karlsruhe, denn der Angeklagte leidet als Folge einer Mitte der 80-er Jahre bei ihm aufgetretenen Multiplen-Sklerose-Erkrankung an einer Ataxie, welche zu einer Störung seiner Grob- und Feinmotorik, seines freien Gangs, des Standes sowie des Sprachvermögens führt. Diese Ataxie ist nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht behandelbar. Zur Linderung seiner Beeinträchtigungen nimmt der Angeklagte seit 1987 Haschisch und Marihuana vornehmlich in Form von "Joints" zu sich, wobei er u.a. Hanfstauden in einer Zwischendecke in seinem Wohnzimmer selbst aufgezogen hat.

Neue Hauptverhandlung

Gegen das Urteil des OLG legte die Staatsanwaltschaft - vorläufig erfolgreich - Revision ein. Zwar teilt der 3.Strafsenat die Ansicht, dass eine Rechtfertigung nach § 34 StGB grundsätzlich in Betracht kommt, wenn Betäubungsmittel zur Abwendung schwerer Gesundheitsbeeinträchtigungen eingenommen werden, der Senat hat jedoch das Verfahren zur weiteren Sachaufklärung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das Amtsgericht muss daher erneut eine Hauptverhandlung durchführen und dort das Ausmaß der Erkrankung des Angeklagten und das Vorliegen einer Rechtfertigung aus Notstandsgesichtspunkten prüfen.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe
http://www.olg-karlsruhe.de

Redaktion: AMSEL e.V., 06.08.2004