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Krankengymnastik, ade?

16.05.06 - Einsatz lohnt sich: Wie sollen sich MS-Patienten verhalten, wenn notwendige Therapien von den behandelnden Ärzten nicht verordnet werden? Die AMSEL wendet sich an die Kassenärztliche Vereinigung.

In letzter Zeit berichten die MS-kranken Mitglieder der AMSEL zunehmend über Schwierigkeiten bei der Verordnung notwendiger Heilmittel, insbesondere Krankengymnastik, Geschäftsführer Adam Michel in seinem Brief an die KV.

Durch Einführung der Richtgrößen in der Heilmittelverordnung sind offensichtlich viele Ärzte verunsichert und fürchten, dass bei Überschreiten der Richtgrößen ein Überprüfungsverfahren eingeleitet wird und sie gegebenenfalls zu Regressleistungen herangezogen werden.

Beispielhaft zeigt dies der Fall von Anton Kullen aus Kirchheim/Teck: Kullen ist an Multiple Sklerose erkrankt und benötigt regelmäßig Krankengymnastik. In der Vergangenheit wurden ihm pro Woche zwei Krankengymnastikanwendungen verordnet. Seine Kirchheimer Neurologin hat ihm unter Hinweis auf die Richtgrößen kein neues Rezept ausgestellt. Auch der Hausarzt hat ihm die Ausstellung eines Rezeptes aus diesem Grund verweigert.

Obwohl unumstritten ist, dass Anton Kullen dringend regelmäßig Krankengymnastik benötigt, weigern sich die behandelten Ärzte die entsprechenden Verordnungen auszustellen.

Hierbei handelt es sich nicht um ein Einzelfall. In den vergangen Wochen hat die AMSEL zahlreiche Anfragen von MS-Betroffenen erhalten, die um Unterstützung in ähnlich gelagerten Fällen gebeten haben. Aktuell muss man davon ausgehen, dass die bestehenden Richtgrößenregelung dazu führt, dass die Versorgung von MS-Patienten mit notwendigen Heilmitteln nicht vollständig gewährleistet ist.

In diesem Zusammenhang ergeben sich für uns folgende Fragen:

  • Wie sollen sich MS-Patienten verhalten, wenn notwendige Therapien von den behandelten Ärzten nicht verordnet werden?
  • Wie ist das Vorgehen, um bestimmte Krankheitsbilder, wie z.B. MS, als Praxisbesonderheit anerkennen zu lassen, so dass für den behandelnden Arzt eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich seiner Verordnungen entsteht? Über den Bundesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) wurde uns mitgeteilt, dass dies z.B. im Bereich der KV Niederrhein möglich ist.
  • Welche sonstige Möglichkeiten gibt es, die Versorgung von MS-Patienten mit notwendigen Heilmittel in allen Fällen sicherzustellen?

Im Interesse aller steht eine schnelle, einfache und praktikable Lösung, um die Heilmittel-Versorgung im erforderlichen Umfang sicherstellen zu können.

Nachtrag: Wie Anton Kullen gegenüber der AMSEL-Redaktion heute um 13.30 Uhr bekannt gab, hat er inzwischen wieder Krankengymnastik verschrieben bekommen. Möglicherweise reagierten die Ärzte auf Druck der KV / der Politik hin. Auch an den Abgeordneten Michael Hennrich war ein Schreiben gegangen, das Kullens Fall schildert.

Redaktion: AMSEL e.V., 01.09.2006