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Auch MS-Betroffene haben Recht auf Verbeamtung

Mit Multipler Sklerose ins Klassenzimmer: So langsam erreicht die Inklusion auch die Köpfe der Richter.

Die Gerichte haben in den vergangenen Jahren in mehreren Entscheidungen Personen mit Multipler Sklerose das Recht auf eine Verbeamtung zugesprochen. Im jüngsten Urteil hat das Hessische Landessozialgericht einem MS betroffenen Lehrer über eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten den Weg zu einer Verbeamtung geebnet.

Situation von MS betroffenen Beamtenanwärtern nun besser

Insgesamt hat sich die Situation von MS betroffenen Beamtenanwärtern deutlich verbessert. Wir wollen nachfolgend die einzelnen Möglichkeiten aufzeigen, wie man mit einer MS-Erkrankung eine Verbeamtung durchsetzen kann. Zunächst soll aber kurz dargestellt werden, was die Voraussetzungen für eine Verbeamtung sind.

Im AMSEL-Video berichtet ein Lehrer über seine Multiple Sklerose und den Job - vor und nach der Berentung:

Neben der notwendigen fachlichen Qualifikation muss auch eine gesundheitliche Eignung nachgewiesen werden. Daran scheiterten in der Vergangenheit regelmäßig Anträge von Personen mit MS auf Verbeamtung. Denn gefordert wird der Nachweis einer voraussichtlich lebenslangen Diensttauglichkeit. Dies wurde von den Amtsärzten in der Vergangenheit bei einer MS-Erkrankung in der Regel nicht attestiert, so dass eine Verbeamtung nicht möglich war.

Eine Sonderregelung gibt es für schwerbehinderte Personen. Bei ihnen reicht es aus, wenn eine voraussichtliche Dienstfähigkeit für mindestens 5 Jahre prognostiziert wird. Dadurch wird für viele an MS erkrankte Schwerbehinderte eine Verbeamtung möglich. Probleme gab es aber häufig bei MS-Betroffen ohne Schwerbehinderung, da sie durch das Raster fielen.

Günstige fachärztliche Prognose ist wichtig

Wie können Personen mit MS nun eine Verbeamtung durchsetzen?
Personen mit einem leichten Verlauf ohne, bzw. mit nur geringen MS bedingten Einschränkungen und einer günstigen fachärztlichen Prognose hinsichtlich des weiteren Verlaufs ihrer Erkrankung können verbeamtet werden.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart geht in einem solchen Fall davon aus, dass zwar nicht mit absoluter Sicherheit, jedoch mit ausreichender Wahrscheinlichkeit eine vorzeitige Dienstunfähigkeit ausgeschlossen werden kann. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen. Wer zu dieser Personengruppe gehört, hat also gute Chancen durch Vorlage eines positiv prognostischen Gutachtens eines Neurologen verbeamtet zu werden.

Eine weitere Möglichkeit besteht durch die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises. Wie oben bereits dargestellt besteht für Schwerbehinderte ja eine niedrigere Zugangshürde hinsichtlich der Prognose der Diensttauglichkeit. Über eine Schwerbehinderung kann sicherlich häufig eine Verbeamtung erreicht werden.

Personen, die keinen Schwerbehindertenausweis haben, bei denen aber ein Grad der Behinderung von mindestens 30 anerkannt wurde, haben im Rahmen eines Antrags auf Verbeamtung Anspruch auf eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten über die Arbeitsagentur. Dies hat das Hessische Landessozialgericht im Falle eines an MS erkrankten Lehrers entschieden.

Anspruch auf Gleichstellung in drei Fällen: Verbeamtung statt Anstellung

Die Arbeitsagentur hatte zuvor eine Gleichstellung abgelehnt, mit der Begründung, dass eine Beschäftigung im Angestelltenverhältnis möglich wäre und somit die Voraussetzung für eine Gleichstellung, nämlich die Schaffung oder Erhaltung eines geeigneten Arbeitsplatzes, nicht gegeben wäre. Das Gericht führte dazu aus, dass hinsichtlich des geeigneten Arbeitsplatzes auf die Tätigkeit als Lehrer im Beamtenverhältnis abzustellen ist und deshalb ein Anspruch auf Gleichstellung besteht. Dies ist sicherlich auch auf andere Berufsfelder übertragbar, die üblicherweise im Beamtenverhältnis ausgeübt werden.

Damit gibt es inzwischen drei positive Fallkonstellationen, die eine Verbeamtung bei MS ermöglichen und auf viele MS betroffene Beamtenanwärter zutreffen. Nur für Personen mit rasch voranschreitender MS, bei denen voraussichtlich keine 5 Jahre Diensttauglichkeit prognostiziert werden kann, ist wohl auch weiterhin keine Verbeamtung möglich.

Dies ist insgesamt eine sehr erfreuliche Entwicklung, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass noch vor wenigen Jahren eine Verbeamtung bei MS generell so gut wie unmöglich war.

Quellen: Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 17.12.2009, Az.: 9 K 3393/08
Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 25.1.2011, Az.: 5 LC 190/09
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 19.6.2013, Az.: L 6 AC 116/12

Redaktion: AMSEL e.V., 08.11.2013