Spenden und Helfen

Abschlag bei Erwerbsminderungs-Rente weiter unklar

01.02.08 - Das Bundessozialgericht ist in der Sache uneins. Ein weiterer Senat soll beurteilen, ob Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten vor dem 60. Lebensjahr zulässig sind.

Das Bundessozialgericht gibt mit der Medieninformation Nr. 6/08 über Rentenabschlag bei Erwerbsminderungsrenten bekannt:

"Bundessozialgericht über Rentenabschlag
bei Erwerbsminderungsrenten uneins

Der 5a. Senat beabsichtigt, die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts zum Rentenabschlag bei Erwerbsminderungsrenten aufzugeben (Urteil vom 16. Mai 2006). Er sieht eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Praxis der Rentenversicherungsträger, den Zugangsfaktor zu mindern, auch wenn die Rente bereits vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten beginnt. Dieser gesetzgeberische Wille findet in den Vorschriften des SGB VI hinreichend deutlich seinen Ausdruck. Dabei spielt insbesondere der systematische Zusammenhang zur gleichzeitig be­schlossenen Verlängerung der Zurechnungszeit eine Rolle, mit der eine Annäherung an die Renten­höhe bei vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten erreicht wird, indem die Erwerbsminde­rungsrente um so stärker absinkt, je näher der Rentenbeginn an das 60. Lebensjahr des Versicherten heranrückt. Insoweit liegt darin die praktische Umsetzung eines bereits im Zusammenhang mit der Rentenreform 1992 formulierten Anliegens des Gesetzgebers.

Nachdem der 4. Senat nicht mehr für Streitigkeiten aus der allgemeinen Rentenversicherung zustän­dig ist, hat der 5a. Senat den nunmehr ebenfalls zuständigen 13. Senat gefragt, ob dieser an der vom 4. Senat entwickelten Rechtsprechung festhält."

Soweit die Mitteilung des Bundessozialgerichts. Im Klartext heißt dies: Die Sache geht an den 13. Senat weiter. Ein Urteil zugunsten der Erwerbsminderungsrenten vor dem 60. Lebensjahr scheint mit der getroffenen Aussage weniger wahrscheinlich. Eine gültige Entscheidung steht jedoch noch aus.

Zum Hintergrund

Wer vor dem 60. Lebensjahr Erwerbsmminderungsrente bezieht, muss damit rechnen, einen weiteren Teil der Rente abgezogen zu bekommen, da dies einer "Frührente" gleichkomme (die mit Abschlägen verbunden ist). Die einmal berechnete - und in diesem Fall sozusagen zweimal gekürzte - Rente wirkt sich auf die gesamte Zeit des Rentenbezuges aus. Der Sozialverband VdK unterstellte, das Gesetz sei unzulässig und auch der 4. Senat war zu dem Ergebnis gekommen, dass das Gesetz einen Rentenabschlag bei einem Recht auf Rente wegen Erwerbsminderung für Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausschließt. Zur Begründung stellte das Gericht zunächst auf den Wortlaut von § 77 Absatz 2 Satz 3 SGB VI ab.

Diese Vorschrift besage ausdrücklich, dass die Zeit des Bezuges einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer "vorzeitigen Inanspruchnahme" gelte, die gegebenenfalls allein unter Umständen geeignet sein könnte, eine Rentenkürzung zu rechtfertigen. Nach der Gesetzesbegründung sollte die Kürzung dazu dienen, ein spekulativ unterstelltes Ausweichen der Versicherten in die Erwerbsminderungsrente wegen der Rentenabschläge bei vorzeitigen Altersrenten zu verhindern. Ein solches "Ausweichen" komme aber frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Betracht.

Versicherten unter 60 Jahre, denen eine Erwerbsminderungsrente mit Abschlägen bewilligt wurde oder bewilligt wird sowie den Beziehern entsprechender Hinterbliebenenrenten hat der Sozialverband VdK bislang empfohlen, binnen 4 Wochen Widerspruch einzulegen oder aber zu beantragen, dass die Rente geprüft wird. Ob der VdK nach der Stellungnahme des Senats 5a weiter dazu rät, bleibt abzuwarten.

Quelle: Bundessozialgericht, 29.01.08

Redaktion: AMSEL e.V., 01.02.2008