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Reduziert Minocyclin Multiple-Sklerose-Risiko bei CIS ?

Patienten mit einem ersten klinischen Symptom könnten von dem Antibiotikum profitieren, so die auf EctriMS vorgestellten Studien-Ergebnisse.

Minocyclin reduziert das relative Risiko für Multiple Sklerose bei Menschen mit einem ersten klinischen demyelinisierenden Ereignis (CIS) um 44,6%, so die Ergebnisse einer doppelblinden Placebo-kontrollierten, multizentrischen Phase-III-Studie aus Kanada. Luanne Metz von der Universität in Calgary stellte sie auf der diesjährigen EctriMS-Tagung in Barcelona vor.

Oft wird ein CIS nicht gleich behandelt, sondern Arzt und Patient warten, bis ein zweiter Schub passiert ist. Sicherheitsbedenken bei den zugelassenen oralen Therapien und auch der hohe Preis der MS-Medikamente können - je nach Deckung durch das Gesundheitssystem - eine Rolle dabei spielen.

Minocyclin ist ein orales Antibiotikum, es ist günstig und fast überall auch als Generikum erhältlich. Präklinische Vorstudien ergaben, dass es bei Multipler Sklerose möglicherweise als zusätzliche oder auch als alleinige Therapie nützen könnte.

In der auf EctriMS 2015 vorgestellten Studie wurden Patienten zwischen 18 und 60 Jahre eingeschlossen,

  • deren erstes demyelinisierendes Ereignis maximal 180 Tage zurücklag und
  • die mindestens T2-gewichtete Läsionen aufwiesen.

Der Wirkstoffarm erhielt 100mg Minocyclin über 24 Monate oder bis eine MS nach den McDonald-Kriterien von 2005 festgestellt wurde. Folgetermine fanden statt nach 1,3,6,9,12, 15,18,21 und 24 Monaten; MRT-Aufnahmen wurden im 3., 6., 12. und 24 Monat gemacht oder bei frühem Abbruch der Studie. Primärer Endpunkt war das Verhältnis der Teilnehmer in beiden Gruppen, die nach 6 Monaten eine bestätigte MS-Diagnose erhielten.

Minocyclin

ist ein breit wirksames Antibiotikum und gehört zur Klasse der Tetracycline. Neben Atemwegsinfektionen und Borreliosen kommt es unter anderem auch bei Hauterkrankungen zum Einsatz, weshalb es als Aknemittel bekannt ist. Außerdem werden in den vergangenen Jahren zunehmend auch eine mögliche entzündungshemmende und neuroprotektive Wirkung des Mittels erforscht.

Die Studie begann im Dezember 2008 und ging über 4,5 Jahre. Von 142 Teilnehmern mit CIS erhielten 72 Minocyclin. Das Durchschnittsalter betrug 35,8 Jahre, 68,3% waren Frauen. Der mittlere EDSS-Wert betrug 1,5, die durchschnittliche Krankheitsdauer (CIS) 84,5 Tage. 69% hatten mehr als 8 T2-Läsionen, 34,5% hatten kontrastmittel-anreichernde Läsionen.

Das Risiko, nach 6 Monaten die Kriterien für eine endgültige MS-Diagnose zu erfüllen, betrug 61,4% in der Placebogruppe und 34% in der Minocyclin-Gruppe. Die absolute Risikoreduktion durch das Antibiotikum betrug demnach 44,6% und die Anzahl der zu behandelnden Personen, um 1 Person erfolgreich zu behandeln (NNT) betrug 4. Nach 12 Monaten betrug die absolute Risikoreduktion 21,5%, die relative Risikoreduktion 37,6% und die NNT stand weiter bei 4.

Aus diesen Ergebnissen schließen die kanadischen Forscher, dass Minocyclin 100mg den Übergang zu einer gesicherten MS reduzieren kann. Angesichts des bekannten Sicherheitsprofils und der geringen Kosten sollte Minocyclin den Wissenschaftlern zufolge weiter erforscht werden und zwar sowohl in Studien als Anfangstherapie wie auch in Studien als Kombinationstherapie. Die Teilnehmerzahl der Studie ist noch zu klein, um abschließende Aussagen über die Wirksamkeit von Minocyclin zu treffen. Unterstützt wurde die hier behandelte Studie von der Kanadischen Multiple Sklerose Gesellschaft.

Quelle: EctriMS Library, 10.10.2015

Redaktion: AMSEL e.V., 13.10.2015