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Entzündungsfördernde T-Zellen bei MS im Überschuss

16.04.10 - Die Entdeckung zweier Subtypen dendritischer Zellen der Forschungsgruppe des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) könnte die fehlgeleitete Immunregulation bei MS-Patienten erklären.

Dendritische Zellen sind Zellen des Immunsystems, die die T-Zellen des Körpers aktivieren, in den Körper eingedrungene Fremdkörper wie Viren, abzuwehren. Bei Multipler Sklerose (MS) sind T-Zellen unabhängig von einer Infektion aktiv und greifen das zentrale Nervensystem an. Bisher wissen Forscher wenig darüber, welche Rolle sogenannte plasmazytoide dendritische Zellen, eine Subpopulation dendritischer Zellen, bei Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose spielen.

Zwei Subtypen dentritischer Zellen entdeckt

Das Team um Prof. Dr. Heinz Wiendl der klinischen Forschungsgruppe MS und Neuroimmunologie der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg führte eine systematische Studie durch, in der dieser Zelltypus bei gesunden Menschen und Patienten mit Multipler Sklerose auf verschiedenen Ebenen verglichen wurde. Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass mindestens zwei Formen der plasmazytoiden dendritischen Zellen existieren.

Diese unterscheiden sich durch bestimmte Zelloberflächenmarker, ihre Reaktionen auf Immunstimulation oder ihre Fähigkeit, T-Zellen auf bestimmte Antigene zu sensibilisieren. "Wir haben die beiden Varianten zunächst Typ I und II genannt. Bei gesunden Menschen sind sie im Verhältnis 4,4:1 verteilt. Sie wirken sich jeweils unterschiedlich auf die T-Zellen-Aktivierung aus – entweder in Richtung entzündungsfördernd bzw. -hemmend oder regulierend", erklärt Wiendl, Vorstandssprecher des Kompetenznetzes. Im Fall einer Infektion erzeugen dendritische Zellen des ersten Subtyps T-Zellen, die übersteigende Entzündungsprozesse verhindern (sogenannte regulatorische Zellen), während Typ II jene aktiviert, die entzündungsfördernd wirken (sogenannte Th17 -Zellen).

Verkehrte Welt bei Multiple Sklerose

Bei MS-Patienten hingegen sind die beiden Formen umgekehrt verteilt, d. h. Variante zwei dominiert die erste. Die Folge: ein Überschuss an entzündungsfördernden T-Zellen wird erzeugt. Interessanterweise findet sich diese Fehlverteilung nur bei Multipler Sklerose und nicht bei anderen Autoimmunerkrankungen, wie Myasthenia gravis. Die Forscher schließen daraus, dass dieses Ungleichgewicht
ziemlich spezifisch für Multiple Sklerose sein muss und kein generelles Problem bei Autoimmunerkrankungen – gleich welcher Art – darstellt. Ob dieses Missverhältnis bereits auftritt, bevor die Krankheit entsteht oder erst während ihres Verlaufs, ist noch unklar.

Interferone stellen Gleichgewicht wieder her

In der MS-Therapie kommen häufig Interferone zum Einsatz. Das sind körpereigene Proteine, die eine immunmodulierende Wirkung entfalten. Unter Behandlung mit Interferonen erholt sich der Anteil dendritischer Zellen des ersten Typs und das richtige Verhältnis zwischen beiden Formen wird wieder hergestellt.

 
Der vollständige Forschungsbericht ist in der aktuellen Ausgabe des Journal of Immunology erschienen. Die Arbeit der Wissenschaftler wurde im Rahmen eines deutsch-polnischen Kooperationsprojekts sowie eines Projekts innerhalb des krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (Allianz II, UNDERSTANDMS) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt.
 

Quelle: Pressemitteilung Kompetenznetz Multiple Sklerose vom 14. April 2010

Redaktion: AMSEL e.V., 16.04.2010