Spenden und Helfen

Elektronisch gesteuerter Schließmuskel

13.09.06 - Mit einem Chip im Po lässt sich Darminkontinenz womöglich beheben, so das Ergebnis einer prospektiven Acht-Jahres-Studie.

Ein Computerchip steuert den Schließmuskel des Darms. Mit einer sogenannten Sakralnervenstimulation könnten nach Angabe der Ärztezeitung bis zu 80 Prozent der Patienten mit Darminkontinenz wieder Kontrolle über ihren Schließmuskel erlangen. In Berlin seien mittlerweile 20 Patienten, weltweit etwa 1500, erfolgreich behandelt worden. Ob der Chip im Po auch bei Menschen mit Multiple Sklerose wirkt, geht daraus nicht hervor.

Bei der Methode wird eine Elektrode in die Pobacke implantiert. Zur Defäkation müssen die Patienten dann den Schrittmacher deaktivieren. Bei dem Eingriff werden zunächst Nerven punktiert, um herauszufinden, welche Nervenwurzel den Schließmuskel und die Beckenbodenmuskulatur am stärksten innerviert. An diese Nervenwurzel kommt dann eine nach extern verlegte Elektrode, um zu testen, ob die Sakralnervenstimulation zur Kontinenz führt. Erst dann wird der Schrittmacher mit einem Durchmesser von 3,5 cm und 8 mm Dicke subkutan in die Pobacke implantiert.

Wie bei Herzschrittmachern erhalten die Patienten einen Ausweis und dürfen Metalldetektoren nicht passieren. Kernspintomographie kann das Gerät beschädigen, bei Kaufhausdetektoren gibt es hingegen Entwarnung: Sie schlagen nicht an.

Die Sakralnervenstimulation ist für fast alle Formen der Inkontinenz mit Restinnervation des Muskels geeignet.
Die ersten Achtjahres-Ergebnisse einer prospektiven Studie weisen auf einen lang anhaltenden Effekt hin. Die Batterien sind allerdings nach vier bis sechs Jahren zu wechseln. Einige Kassen übernehmen die neue Methode. Sie ist eines der Themen bei der 61. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten.

In Deutschland leiden etwa 1,9 Millionen Bundesbürger an Darminkontinenz. Nur wenige davon suchen einen Arzt auf.

Quelle: Ärztezeitung

Redaktion: AMSEL e.V., 15.09.2006