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Drei Wirkstoffe ohne neuroprotektives Potenzial?

Britische Forscher haben zwei Kaliumkanalblocker und ein Antidepressivum an knapp 400 Patienten mit sekundär progredienter Multipler Sklerose getestet. Als Einzeltherapien waren die Medikamente Amilorid, Riluzol und Fluoxetin leider nicht signifikant wirksam.

Die Entzündungsaktivität einer schubförmigen Multiplen Sklerose nimmt im Laufe der Erkrankung ab. Es kommt zur sogenannten sekundär progredienten MS ("schleichende" MS), die entsprechend weniger gut auf antientzündliche Therapien reagiert. Um die Nerven dennoch vor dem Untergang zu bewahren, ist die Forschung weltweit intensiv auf der Suche nach Neuroprotektoren.

Bereits bekannte Wirkstoffe lassen sich dabei oft am einfachsten testen und der Zulassungsprozess gegebenenfalls verkürzen. Wegen ihrer biochemischen Eigenschaften haben britische Forscher daher drei Substanzen im Visier:

  • Amilorid, ein Natriumkanalblocker, bereits als Entwässerungsmittel eingesetzt,
  • Riluzol, ebenfalls ein Natriumkanalblocker, zugelassen bei ALS, und
  • Fluoxetin, ein bekanntes Antidepressivum.

Erste Daten zeigten neuroprotektives Potenzial

Präklinische Daten und kleinere Patientenstudien waren hier in Bezug auf die Multiple Sklerose überzeugend, weswegen die Forscher eine Phase-IIb-Studie mit rund 400 sekundär progredienten MS-Patienten starteten.

Aufgeteilt in 4 Gruppen à knapp hundert Patienten bekamen diese ab 2015 an 13 britischen Zentren doppelt verblindet entweder Amilorid, Riluzol, Fluoxetin oder ein Placebo. Alle Patienten waren zwischen 25 und 65 Jahre, hatten einen EDSS-Wert zwischen 4 und 6,5 und erhielten keine anderen verlaufsmodifizierenden Medikamente.

Einsatz gegen progrediente MS vielleicht als Add-On?

Primäres Endziel der Studie war das Hirnvolumen, welches am Anfang und nach 96 Wochen Studienzeit gemessen wurde. Leider verfehlten alle 3 wirksamen Substanzen dieses Ziel: Das Hirnvolumen der Wirkstoffgruppen unterschied sich nicht signifikant von dem des Placebo-Armes.

Trotz neuroprotektiven Potenzials zeigten sich die geprüften Wirkstoffe gegen sekundär progrediente MS als nicht wirksam, wie die Studienautoren erkennen mussten. Hoffunung gibt es dennoch für den Einsatz von Amilorid, Riluzol und Fluoxetin gegen progrediente Multiple Sklerose, und zwar zwar als Add-On, also zusätzlich zu anderen Wirkstoffen, wie beispielsweise Siponimod, das im Februar 2020 als erste orale Therapie gegen sekundär progrediente MS zugelassen wurde.

Quellen: Lancet Neurology, 22.01.2020; Pressemitteilung der DGN, 24.03.2020.

Redaktion: AMSEL e.V., 23.04.2020