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Depressionen bei Multipler Sklerose online therapieren

Das ist möglich, so eine Studie deutscher Wissenschaftler: Nach 3 Monaten hatten sich die Depressionswerte signifikant verbessert.

Ein interdisziplinäres Forscher-Team des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hat eine neue Therapiemöglichkeit zur Behandlung von Depressionen bei Patienten mit Multipler Sklerose in einer ersten klinischen Studie erfolgreich evaluiert: Mit dem computergestützten Therapieprogramm "deprexis" - AMSEL.DE berichtete bereits 2012 über dieses Onlineprogramm - können MS-Patienten über das Internet direkt von zu Hause Hilfe erhalten. Das Expertenteam aus Psychologen und Ärzten des Instituts für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose (INIMS), des Instituts für Medizinische Psychologie sowie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE haben die Studienergebnisse nun in der Fachzeitschrift The Lancet Psychiatry publiziert.

Neben den sichtbaren Einschränkungen der Gehfunktion leiden Patienten mit Multipler Sklerose oft auch an psychischen Symptomen wie z.B. Störungen des Lernens und des Gedächtnisses sowie an Depressionen. Der Einsatz antidepressiver Medikamente kann bei MS-Patienten wegen möglicher Nebenwirkungen zu Problemen führen. Eingeschränkte Gehfähigkeit und Mobilität behindert manchmal den Zugang zu klassischen Depressionsbehandlungen wie der ambulanten Psychotherapie. Eine Therapie übers Internet wäre also gerade für diese Patienten wertvoll. Dass sie außerdem funktioniert, zeigte nun das Hamburger Forscherteam.

Computer-Programm "deprexis" bei Patienten mit Multipler Sklerose

"Ziel unserer Studie war es, psychologische Methoden der Depressionsbehandlung den vielen Patienten mit MS zugänglich zu machen, die an Depressionen leiden, denen es aber aufgrund ihrer neurologischen Symptome oft schwer fällt, eine passende Behandlung zu finden", erklärt Prof. Dr. Christoph Heesen, Neurologe und Leiter der MS-Tagesklinik des UKE. Hierbei setzten die Forscher ein computergestütztes Verfahren der so genannten kognitiven Verhaltenstherapie ein, auf das die Patienten direkt von zuhause über das Internet zugreifen konnten: das Computer-Programm "deprexis".

"Dieses Verfahren greift die wesentlichen Elemente der Verhaltenstherapie auf", sagt der an der Studie beteiligte Psychologe Prof. Dr. Steffen Moritz von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE. "Es nutzt dafür künstliche Intelligenz, um eine dialogähnliche Situation mit dem Patienten zu erzeugen. Auf diese Weise werden Patienten beim Erlernen neuer Strategien unterstützt, um depressive Denkstrukturen zu vermeiden und aktiv am Leben teilzunehmen."

Depression, Ermüdbarkeit und Lebensqualität verbessert

Insgesamt wurden 90 Patienten mit MS für diese Studie zufällig einer dreimonatigen Therapie mit dem "deprexis"-Programm oder einer Wartegruppe zugewiesen. Am Ende der drei Monate hatten sich die Depressionswerte in der "deprexis"-Gruppe signifikant verbessert, während sie in der Wartegruppe unverändert anhielten. Auch gaben die Patienten in der Therapiegruppe eine signifikant verringerte Ermüdbarkeit und eine erhöhte Lebensqualität nach der Intervention an.

"Die hohe Depressionsrate bei Patienten mit MS hat neben psychologischen vermutlich auch biologische Ursachen, da MS z.B. auch zu Nervenschädigungen in Hirnregionen führen kann, die für das emotionale Erleben wichtig sind", erklärt Studienleiter Prof. Dr. Stefan Gold, Psychologe und Neurowissenschaftler am Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose des UKE. "In weiteren Studien wäre es nun spannend zu sehen, ob eine erfolgreiche Depressionsbehandlung wie durch "deprexis" bei Patienten mit MS möglicherweise auch direkte Auswirkungen auf Hirnveränderungen hat." Die Frage nach den psychologischen und biologischen Auswirkungen solcher Programme soll in zukünftigen Studien weiter untersucht werden.

Internet überwindet Barrieren des Alltags

Sollte sich der Nutzen von "deprexis" in weiteren Studien bestätigen, könnte das Programm durch die einfache Verfügbarkeit über das Internet schnell vielen MS-Patienten mit Depressionen zugänglich gemacht werden. Da depressive Symptome bei vielen chronischen Erkrankungen auftreten und Mobilitätseinschränkungen oft eine große Barriere bei der Depressionstherapie darstellen, könnte das Verfahren auch für andere Patientengruppen mit chronisch-körperlichen Krankheiten hilfreich sein.

Quelle: The Lancet Psychiatry, "An online programme to reduce depression in patients with multiple sclerosis: a randomised controlled trial", 04.02.2015; idw, 05.02.2015

Redaktion: AMSEL e.V., 09.02.2015