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Aerographit als Klettergerüst für neuronalen Wachstum ?

Die Multiple Sklerose führt zum Rückgang der Axone. Kieler Forscher wollen nun das leichteste Material der Welt nutzen, um darauf Nervenzellen sprießen zu lassen.

 

 

Foto: privat

Constanze Lamprecht erforscht Aerographit für den Einsatz in der Regenerativen Medizin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU).

Forscherinnen und Forscher der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der TU Hamburg-Harburg entwickelten 2012 das bis dato leichteste Material der Welt: Aerographit. Untersucht wird jetzt, ob sich das Netzwerk aus Kohlenstoffröhrchen eignet, um darauf Nervenzellen wachsen zu lassen.

Schon länger arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Entwicklung von medizinischen Implantaten, die – etwa bei Wirbelsäulenverletzungen – das Wachstum und die Aktivität geschädigter Nervenzellen anregen und leiten sollen. Ein Material, das als Gerüst für eine neuronale Reparatur dienen soll, muss dabei verschiedenste Eigenschaften in sich vereinen. So muss es zu Bespiel Bereiche besitzen, in denen die Zellen gut anhaften können sowie durchlässige Poren aufweisen und elektrisch leitfähig sein.

Maßgeschneidertes Gerüst für Nervenzellen

All diese Kriterien erfüllt das neue Material Aerographit. Und es hat weitere Vorteile: "Es leitet nicht nur hervorragend Strom, sondern es ist eine tragfähige dreidimensionale Struktur, deren äußere Form äußerst flexibel gestaltet werden kann. So hoffen wir in Zukunft maßgeschneiderte Gerüste herzustellen, die perfekt an die Wachstumsbedingungen von Nervenzellen angepasst werden könnten", erklärt Lamprecht, die als Physikerin in der Arbeitsgruppe Biokompatible Nanomaterialien im Institut für Materialwissenschaft an der Technischen Fakultät der CAU arbeitet. Ihre zweijährige Studie "Graphite4Med" soll nun klären, ob und wie Aerographit für biomedizinische Zwecke eingesetzt werden kann.

Herausfinden muss Lamprecht zum Beispiel, ob ihr Untersuchungsgegenstand überhaupt biokompatibel ist. Ein Problem dabei ist, dass Aerographit Wasser abstößt. "Wir werden verschiedene Architekturen des Materials charakterisieren und für biologische Umgebungen funktionalisieren. Dann schauen wir, wie erfolgreich Zellen darauf wachsen und ob sie dem Verlauf des Gerüstes in spezieller Weise folgen", skizziert Lamprecht den Studienverlauf. "Wenn dies der Fall sein sollte, könnte Aerographit ein viel versprechender Kandidat für die Anwendung in der neuronalen Regeneration werden." Gefördert wird das Projekt der Kieler Wissenschaftlerin Dr. Constanze Lamprecht mit einem Marie Curie Intra-European Fellowship for Career Development (Innereuropäisches Stipendium für berufliche Entwicklung) der Europäischen Kommission.

Ob sich das Material in dieser Form tatsächlich für "Nervennachwuchs" eignet oder ob die Forscher weiterentwickeln müssen, ist noch unklar. Haben die Forscher Erfolg, wären damit womöglich auch MS-Forscher einen Schritt näher an ihrem großen Traum: der Regeneration von Nervenzellen.

Quelle: Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), 09.09.2013

Redaktion: AMSEL e.V., 10.09.2013