Spenden und Helfen

"Verliere nie den Mut, Neues zu wagen"

 

Heute vor genau 25 Jahren wurde Peter Koch zum Vorsitzenden der AMSEL gewählt. Mit 28 Jahren kam er zur AMSEL, seit 1984 engagiert er sich ehrenamtlich. Wir gratulieren !

Der Grund für den jungen Mann, 1982 Kontakt zur AMSEL aufzunehmen, war derselbe wie für die meisten der heute rund 8.800 Mitglieder. Bei dem Sinzheimer wurde die Diagnose MS gestellt.

"Das war damals noch ganz anders, man wusste so gut wie nichts über die Krankheit und außer Kortison und Immunsuppressiva gab es nichts zur Behandlung." ruft sich Koch die Zeit ins Gedächtnis. Auch die Art und Weise, wie ihm die Diagnose mitgeteilt wurde, sei typisch gewesen. "Sie haben MS, eine schlimme Krankheit. In acht bis zehn Wochen sitzen Sie wahrscheinlich im Rollstuhl." war laut Koch der schonungslose Ton der Oberärztin am Frankfurter Uniklinikum. Vorausgegangen waren bei ihm Sehstörungen am rechten Auge, die wieder verschwanden und vier Wochen später erneute Sichtfeldeinschränkungen am linken Auge. Dieses Auge blieb dauerhaft geschädigt.

Kaum Informationen über Multiple Sklerose

Für Peter Koch, damals noch Redaktionsmitarbeiter beim Hessischen Rundfunk, war die Diagnose von 1981 ein Schock, aber kein Grund zu Fatalismus. Nach der ersten Frustration und Hoffnungslosigkeit sagte er der MS den Kampf an. "Ich hatte selber keine Ahnung von MS, konnte aber durch meinen Beruf gut an Informationen herankommen." Und dann hörte der gebürtige Wormser von einer Gruppe MS-Kranker in der Umgebung seines Heimatortes und nahm Kontakt auf. Und er ging zu seinem ersten Kontaktgruppentreffen. Was er dort sah, waren viele schwer MS-Betroffene im Rollstuhl. Koch sah die Prognose der Frankfurter Ärztin bestätigt, in ihm erwachte aber auch der Wunsch, diese Prognose nicht Wahrheit werden zu lassen und vor allen Dingen den MS-Betroffenen in der Gruppe zu helfen.

"Mir war es besonders wichtig, in der Öffentlichkeit richtig zu stellen, was MS ist, nämlich keine GeisteskrankheitundMS-Kranke raus aus ihrer Isolation zu holen." Aus diesen Gründen engagierte er sich in der regionalen Kontaktgruppe. "Bei einer Veranstaltung von AMSEL-Landesverband, der damals natürlich ganz anders aufgestellt war als heute, und Vertretern der damals bestehenden Kontaktgruppen, hat man mir dann vorgeschlagen, für den Vorstand zu kandidieren."

Koch kandidierte und wurde zu seiner eigenen Überraschung gewählt. Mittlerweile war er nach Baden-Baden gezogen und hatte dort beruflich einen Neustart bei einem Mediendienstleister begonnen. Der Arbeitgeber wusste von der MS-Erkrankung und kam dem jungen Mitarbeiter in jeder Beziehung sehr entgegen. "Mein Chef hat mich immer unterstützt, sowohl in der Firma als auch in meiner neuen Aufgabe in der AMSEL." So konnte der umtriebige neue Vorsitzende der AMSEL sich daranmachen, seine Ideen umzusetzen: Die medizinische Versorgung für MS-Kranke zu verbessern, "das A & O für mich", wohnortnah in ganz Baden-Württemberg neue Kontaktgruppen zu gründen und durch bessere Aufklärung der MS-Betroffenen über die Krankheit ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Wendepunkt Schirmherrschaft Ursula Späth

"Damals war die AMSEL erst ein paar Jahre alt, es gab die heutigen Strukturen noch nicht, das kann man sich heute nicht mehr so richtig vorstellen." Viel Zeit und Energie steckte Koch selber in den Aufbau der Kontaktgruppen, reiste fast zehn Jahre quer durch Baden-Württemberg, um Gründungen anzuregen, Tipps zu geben, dabei zu helfen.Ein Kontaktgruppenbeirat als Mitsprachegremium der Basis wurde ins Leben gerufen, an der Außendarstellung der AMSEL gearbeitet. "Ohne Ursula Späth, die 1982 die Schirmherrschaft über die AMSEL übernommen hat, wären wir bei allen Anstrengungen trotzdem nicht so erfolgreich geworden. Die Bedeutung von Ursula Späth für die Entwicklung der AMSEL und zum Wohle der MS-Kranken kann man gar nicht oft genug betonen." unterstreicht Koch immer wieder das Verdienst der Schirmherrin.

Er selber, der stets offensiv mit seiner Erkrankung umgeht, bringt die AMSEL bei allen Begegnungen ins Gespräch. "Das hat nicht immer sofort etwas gebracht, aber langfristig hat sich das meist ausgewirkt." Während seiner Zeit bei der AMSEL begegnet er vielen verschiedenen Menschen. Diejenigen, die ihn am meisten beeindruckt haben, sind Lothar Späth,Gottfried Milde, "eine der größten Persönlichkeiten innerhalb des DMSG-Bundesverbands", und Altkanzler Helmut Schmidt, den er leider nicht persönlich kennengelernt hat. Ihm wäre er gerne einmal begegnet, ebenso Angelo Giuseppe Roncalli, besser bekannt als Papst Johannes XXIII. Mit ihm hätte sich Koch freilich über die katholische Kirche unterhalten. Denn Kirchengeschichte gehört ebenso wie klassische Musik und Lesen zu seinen Interessen.

Um die AMSEL heute zu beschreiben, zitiert Koch gerne den ehemaligen Ministerpräsidenten Oettinger: "In Baden-Württemberg kennt man Daimler, Bosch und die AMSEL." Der Weg bis dahin war lang, und ist das Verdienst vieler. "AMSEL heute ist das Ergebnis von harter Arbeit durch viele Menschen, dem Mut neues auszuprobieren, aus Fehlern zu lernen, den Willen durchzuhalten." resümiert er und nennt als Beispiel für erfolgreiches Durchhalten den ersten Versuch, junge MS-Kranke in besonderer Form anzusprechen. 1987 scheitert dieser Versuch, wird 2002 aber zu einem umwerfenden Erfolg.

AMSEL als objektiver Informationslieferant

Die Herausforderungen der AMSEL heute haben sich für ihn grundlegend geändert. Das Umfeld ist ein gänzlich anderes, die AMSEL hat klar umrissene Strukturen und sich im Laufe der Jahre von einer reinen Selbsthilfeorganisation zu einem Fachverband und einer Interessenvertretung weiterentwickelt. Das Internet macht es MS-Kranken heute um ein vielfaches leichter, sich über die Erkrankung und therapeutische Möglichkeiten zu informieren. Allerdings sind nicht alle Informationen gleichwertig. "Die AMSEL muss sich unter allen Angeboten als diejenige zeigen, die dem MS-Kranken objektive Kriterien für eine Entscheidung an die Hand gibt, weil sie neutral ist."

Die größte Änderung in der Geschichte der MS sieht Koch in der Behandelbarkeit der MS. "Das hätte in den 80er Jahren keiner für möglich gehalten." Er selber gehört zu denjenigen, denen man die MS-Erkrankung nicht auf den ersten Blick ansieht. Er leidet vor allem unter unsichtbaren Symptomender MS, muss im Laufe der Jahre immer wieder gesundheitliche Rückschläge durchleben. Auch das hat er mit vielen MS-Kranken gemeinsam. Und wie viele von ihnen sucht er seinen Weg mit der Krankheit, getreu seinem Leitspruch: "Nicht verzagen, es gibt immer einen Weg."

 

Die AMSEL dankt Peter Koch für insgesamt 28 Jahre ehrenamtliches Engagement, davon 25 Jahre als Vorsitzender im AMSEL-Vorstand !

Quelle: Together 02/2012

Redaktion: AMSEL e.V., 23.06.2012