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Uhthoff: 100 % Symptome, 0 % Lebensqualität!

So sah es im letzten Jahr bei mir aus. Kühlmatten, eigentlich für Hund und Katze, und Daniela obendrauf. Nur so ging es. 100% Symptome, 0% Lebensqualität!

Aktuell kämpft jeder Mensch mit der Hitze. Die Nervenbahnen leiten langsamer bei erhöhter Körpertemperatur. Und sind die nun zusätzlich ordentlich defekt wie bei der Multiplen Sklerose, dann macht das wirklich keinen Spaß mehr.

Eine Verschlechterung schon vorhandener Symptome will keiner, bekommen aber nun mal viele. Das Phänomen nennt sich Uhthoff und macht sich vor allem in heißen Sommern breit.

Abkühlung hilft da, wenn auch nur kurzzeitig. Jetzt darf man vor allem nicht in Panik ausbrechen und denken, „Hilfe, ich habe ein Schub“. Nein, erst mal testen ob es womöglich unter einer kühlen Dusche besser wird. Der sogenannte „Pseudo-Schub“, 80% der an Multiple Sklerose-Betroffenen leiden darunter. Nicht nur im Sommer sondern allgemein wenn die Körpertemperatur steigt, in der Sauna, im warmen Wannenbad oder bei Fieber…

Dieser sogenannte Pseudoschub ist bei Multiple Sklerose eine Reaktion auf die Erhöhung der Körpertemperatur und hängt mit den Folgen der Multiplen Sklerose als entzündlicher Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks zusammen. „Dort bilden sich nach Abheilen der aufgetretenen Entzündungsherde Narben im Bereich der Nervenfasern, die bei Erhöhung der Körpertemperatur schlechter die Informationen weiterleiten können und somit zum Wiederauftreten von Beschwerden führen können.“, so Prof. Dr. Tjalf Ziemssen, Direktor am Multiple Sklerose Zentrum am Zentrum für klinische Neurowissenschaften am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden (Pseudoschub durch extreme Sommerhitze).

Konzentration gleich Null

Lieblingssätze jedes Jahr im Sommer sind: „Ich hasse Sommer“, „Steck‘ du mal für einen Tag in meiner Haut“, oder einfach „Komm‘, lass uns tauschen“.

Zu dem Thema kann ich gar nicht genug schreiben, wenn es denn von der Motorik her überhaupt ginge.

  • Alte Symptome flammen auf.
  • Es wird gestolpert, geschwankt, gelallt und es schwindelt mich den ganzen Tag,
  • die Augen wollen dann nicht richtig funktionieren,
  • die Feinmotorik und die Kraft sind ein Witz,
  • die Fatigue steigt auf ihr Maximum
  • und die Konzentration ist gleich Null.
  • Das Haus zu verlassen, stellt eine körperliche Qual dar.
  • Und die einfachsten Sachen werden zu Mammutaufgaben.

Dabei fällt mir direkt ein, vergesst nicht, eure Medikamente kühl zu lagern (nicht nur die, die man sowieso im Kühlschrank lagern muss, auch Tabletten oder Kapseln, Dragees usw. gehen oft bei +25 Grad in die Knie, schaut in der Packungsbeilage.

Man liegt hauptsächlich nur herum, versucht sich so wenig wie möglich zu bewegen, denn ein zusätzlicher kleiner Anstieg der Körpertemperatur hat schon wieder Auswirkung auf das allgemeine Wohlbefinden.

Der Keller, mein bester Freund
Im Hochsommer war der Keller mein bester Freund, was zwar Kühle brachte, schlug dann aber wieder aufs Gemüt, weil das Licht fehlte. Somit hatte ich zur jährlichen „Winterdepression“ eine „Hochsommerdepression“. Tatsächlich bin ich bei Temperaturen über 26 Grad einfach nicht mehr zu gebrauchen. Kühlwesten und Kühlmatten brachten mir eine Zeit lang Erleichterung, aber hat man die Hitze erst mal im Haus, gibt es kein Entkommen.

Rausgehen geht dann eben nur begrenzt oder unter Klimaanlage im Auto und am Zielort. Inzwischen habe ich eine Klimaanlage zu Hause und gewinne im Hochsommer wieder Lebensqualität. Immerhin kann ich nun im Haus wieder funktionieren, wenn es draußen schon nicht geht. Und da kommen mir die sozialen Netzwerke wieder zu Gute, dabei verliere ich meine sozialen Kontakt zur Außenwelt nicht ganz. Termine werden so gelegt, dass es erträglich ist, oder eben abgesagt. Und ist es was Wichtiges, kann man es auch mal an Freunde oder Verwandte delegieren. Auch hier ist eine gute Organisation die Quintessenz, Stress zu vermeiden.

Erledigungen werden in den Morgenstunden abgearbeitet oder spät am Abend. In der Tageshitze bekommen mich keine zehn Pferde vor die Tür. Und wenn ich doch in den Garten gehe, ziehe ich mir ein triefend nasses T-Shirt an, was mir immer einen Schrei entlockt, somit wissen die Nachbarn: Daniela ist auf dem Weg nach draußen.

Und mit Beruf?

Die Berufstätigen unter euch dürfen mich jetzt bitte nicht schimpfen, natürlich bringen euch meine heimischen Organisationen nicht besonders viel, aber ich bin ja auch nicht einfach so Rentner geworden.

Darum beneide ich euch, die ihr noch könnt, wie ihr wollt (manchmal mehr, manchmal weniger) und hoffe, dass es auch so bleibt. Haltet durch, der Sommer geht zum Glück vorbei, ich bin in Gedanken bei euch und leide ganz ungefiltert mit! Wer hat eine Klimaanlage im Geschäft?

Wohin in Urlaub?

Als Taucherin natürlich das schlimmste, was es geben kann. Tauchen geht nicht mehr, vor allem nicht im Urlaub. In die warmen Urlaubsorte kann man mich nicht mehr schicken. Alleine schon den Neopren anziehen bringt mich da sehr schnell an meine körperlichen Grenzen.

Urlaub im Sommer muss wetterbedingt immer gut organisiert sein. Da hilft mir meist nur, in der Urlaubszeit spontan je nach Wetterlage ein paar Tage irgendwo in der Nähe zu verbringen (innerhalb Deutschlands, Österreichs, der Schweiz oder Frankreichs) und so flexibel wie möglich wieder nach Haus zu können. Auch geht nur ein Hotel mit Klimaanlage. Ein Sonnenschirm darf in meinem Rucksack nie fehlen, Hilfsmittel sind dabei, man weiß ja nie, denn wenn man Besichtigungen macht, dann brennt die Sonne meist schwer vom Himmel. Somit sind Museen und Gebäude anschauen immer sehr attraktiv. Und da ich Kultur liebe, kommt mir das zu Gute. Und auch so erlebe ich einen tollen Urlaub ohne Stress durch gute Planung.

Fazit

Wer nun das Uhthoff-Phänomen hat, hat nichts Besorgniserregendes. Es geht zum Glück vorbei. Es ist einfach nur lästig und raubt einem bei dem schönsten Sonnenwetter im Jahr enorm viel Lebensqualität.

Hier noch den Wiki Eintrag zu Uhthoff und wer der Mann hinter dem Namen war. Man spricht ihn übrigens "Utthoff" aus.

Haltet durch,

Eure Daniela

Daniela

  • Geboren 1979, hat MS seit 2004.
  • Sie wohnt in Ettlingen, liebt Katzen und ernährt sich vegetarisch.
  • Sie ist in sozialen Netzwerken unterwegs, hat viele Hobbies und mehrere Ehrenämter.
  • Unter anderem leitet sie die AMSEL-Kontaktgruppe Ettlingen.
  • 2018 erhielt sie die Bundesverdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland.

Redaktion: AMSEL e.V., 26.07.2019