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Sport als dauerhafte Therapie

280 Teilnehmer, Jung und Alt, leichter und schwerer Betroffene, kamen in die Filderhalle zum Symposium "Rehabilitation und Sport bei MS" anlässlich des Jubiläums 25 Jahre Vorsitz Peter Koch. - Die Fotostrecke ist online!

Die rege Teilnahme am AMSEL-Symposium am 21. Juli 2012 ist ein deutlicher Beleg für das zunehmende Interesse am Thema körperliche Aktivität mit und trotz Multipler Sklerose. Sport liegt auch dem langjährigen Vorsitzenden der AMSEL, Peter Koch, besonders am Herzen (wir haben berichtet).

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Symposium „Rehabilitation und Sport bei MS“:Symposium „Rehabilitation und Sport bei MS“ und Jubiläum 25 Jahre AMSEL-Vorsitz Peter Koch

Kontinuierlich körperlich aktiv

Drei Mitglieder des Ärztlichen Beirats der AMSEL, alles erfahrene Neurologen, gaben einen Überblick über verschiedene Aspekte sportlicher Aktivität für MS-Kranke. Prof. Dr. Horst Wiethölter sprach über den Stellenwert von Rehabilitation und Sport in der MS-Behandlung und unterstrich, dass es sich bei der Rehabilitation MS-Kranker um einen kontinuierlichen Prozess handele.

Im überwiegenden Fall sei Rehabilitation eine Maßnahme nach einem einmaligen Ereignis, Unfall oder Erkrankung, um den Ausgangszustand weitgehend wiederherzustellen. Für MS-Kranke sei sie jedoch ein dauerhafter Teil der Behandlung, der an die Dynamik und die Symptome der MS anzupassen sei. Auch wenn es keine durch Studien gesicherten Nachweise für die Wirkung von Rehabilitation und Sport bei MS gebe, deuteten viel darauf hin. Und, so betonte der ehemalige Ärztliche Direktor der Neurologischen Klinik des Bürgerhospitals im Klinikum Stuttgart: Uhthoff-Phänomen oder Fatigue stünden einer Rehabilitation und sportlicher Betätigung nicht entgegen.

Im Gegenteil. Nachweislich, so Prof. Wiethölter, verbessere sportliche Aktivität die Funktion des Bewegungsapparates, die soziale Integration und wirke sich positiv auf das Wohlbefinden, die Lebensqualität und Fatigue aus.

Rehabilitation ist Therapie der ersten Wahl

Über die symptomatischen Therapien in der Rehabilitation referierte Prof. Dr. Peter Flachenecker. Er betonte die Bedeutung nicht-medikamentöser Therapien zur Symptombehandlung. Bei Spastik seien beispielsweise die Vermeidung Spastik auslösender Faktoren und regelmäßige Physiotherapie nebenwirkungsfreie Therapien der ersten Wahl vor dem Einsatz medikamentöser Möglichkeiten. Konventionelle Verfahren wie z.B. Bobath, Vojta, Brunkow etc. würden durch neuere Verfahren wie den Forcierten Gebrauch, das Armfähigkeitstraining oder die Laufbandtherapie ergänzt.

Auch die Hippotherapie zeige bei Spastik Erfolge und sei auch ein gutes Beispiel dafür, dass es im Bereich Rehabilitation schwierig ist, einen Studiennachweis für bestimmte Therapien zu führen. "Im Quellenhof haben wir eine Mini-Studie zu Hippotherapie durchgeführt," berichtete der Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad. "Wir konnten sie leider nicht verblinden, denn die Patienten wussten natürlich, dass sie auf einem Pferd sitzen." fügte er halb im Scherz hinzu. Nichtsdestotrotz habe diese unverblindete Studie deutliche Effekte der Hippotherapie auf die Spastik gezeigt, die über zwei bis drei Tage anhielten. Auch Laufbandtraining und das "passive Gehen" im Lokohelp zeigten gute Erfolge.

Die Krux, so fasste es Flachenecker zusammen, sei, dass der Umbau des Gehirns nur durch tausendfach wiederholte Übungen zu erreichen sei. Und dies benötige Zeit. Die Kostenträger würden Rehabilitationsmaßnahmen aber zunehmend kürzer bewilligen. "Da werden auch schon einmal nur neun Tage zugestanden." Viel zu kurz für eine nachhaltige Besserung von Symptomen.

Sportart an Symptome anpassen

"Sport und Rehabilitation werden in den kommenden Jahren die MS-Therapie dominieren", ist Prof. Dr. Mathias Mäurer überzeugt. Er wolle für den Sport als individuell angepasster körperlicher Aktivität eine Lanze brechen, so der Chefarzt im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Bewegung für MS-Kranke als gegensätzlich gesehen, lange Zeit von körperlicher Aktivität jeglicher Art abgeraten. Heute wisse man, dass körperliche Aktivität sich positiv auf viele Lebensbereiche auswirke. Die positiven Aspekte von Sport wögen deutlich mehr als mögliche Unfall- und Verletzungsrisiken, die vorwiegend beim Leistungstraining aufträten. Mäurer stellte klar:

  • In keiner einzigen Studie wurde durch Training der Krankheitsverlauf von MS-Erkrankten negativ beeinflusst!
  • Symptome treten bei 40% der Patienten nach dem Sport auf, diese bilden sich jedoch in 85% der Fälle innerhalb von 30–60 Minuten wieder zurück (Uthoff-Phänomen).
  • Verschlechterungen der MS liegen am eigentlichen Krankheitsverlauf, nicht an der körperlichen Anstrengung.

Es gebe jedoch keine allgemeingültige Empfehlung, die für alle MS-Erkrankten gelte. Vielmehr sollten in die Entscheidung die allgemeinen Empfehlungen für körperliche Aktivität und krankheitsspezifische Besonderheiten (mögliche Einschränkungen durch Symptome) einfließen. Bestehen keine Symptome, so das Mitglied im Ärztlichen Beirat der AMSEL, können MS-Erkrankte jede Sportart ausüben.

Redaktion: AMSEL e.V., 25.07.2012