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MSIF Profil des Monats: September 2008

18.09.2008 - MS hat viele Erscheinungsformen, aber eine gemeinsame Sprache. Davon ist Kathleen Wilson überzeugt, als sie im Sommer 1996 MSChat als Online-MS-Gruppe startet.

 
 
MSIF Profil des monats: september 2008
 
 

Name: Kathleen Wilson
Alter: 50
Land: USA
Beruf: Gründungspräsidentin MSWorld Inc.
Art der MS: schubförmig
Jahr der Diagnose: 1988

1988 bekam ich die Diagnose MS, nachdem ich über Nacht auf beiden Augen blind geworden war. Damals war ich dreißig, Kunstschaffende, und bekam furchtbare Angst und Panik bei dem Gedanken, vielleicht nie mehr sehen zu können. Es war ein bedeutendes Ereignis in meinem Leben, weil ich davor niemals "krank" gewesen war - abgesehen von der jährlichen Erkältung. Vielleicht war das der Grund, weshalb mir meine innere Stimme und mein persönlicher Glaube vollständige Genesung versprachen. Es dauerte ein Jahr, aber ich erholte mich und war bis 1995 in Remission. Während der Remission kehrte ich in mein Leben zurück; mit Reisen, Kunst und ehrlich gesagt dachte ich nach etwa einem Jahr, dass das nie wieder geschehen würde.

1995, als ich in Athen, Griechenland, lebte, flammte die Krankheit wieder auf und veränderte mein Leben. Ich war geschockt und hatte Angst, dieses Mal hatte ich keine Augenprobleme, sondern eine allmähliche Schwäche und Lähmung auf der ganzen rechten Seite, die über einen Monat andauerte. Ich hoffte weiterhin, dass es irgendwann aufhören würde schlechter zu werden, aber nach vielen Stürzen und einer langsamen Entwicklung neuer Symptome konnte ich nicht mehr an eine vollständige Erholung glauben. Ich brauchte Behandlung und dieses Mal wusste ich, dass es MS ist. Genau diese Sache, von der ich gedacht hatte, dass sie verschwunden war und niemals zurückkehren würde.

Ich flog heim in die USA und litt sehr darunter, mein Leben in Athen zurücklassen zu müssen. Ohne meine Freunde, die meine Probleme mit mir teilten und die Fragen über MS beantworteten, fühlte ich mich verloren. Auch wenn ich eine wundervolle Familie und viele Freunde hatte, wusste ich, dass es andere Menschen mit den gleichen Erfahrungen wie meinen geben musste. Ich war nicht imstande herkömmliche Selbsthilfegruppen zu besuchen, also kaufte ich einen Computer, ging online und begann zu forschen. Ich musste mit anderen, die ebenfalls von dieser Krankheit betroffen waren in Kontakt kommen, um dieses furchtbare Gefühl des Alleinseins – auch mitten unter einer liebevollen Familie und engen Freunden – wegzubringen.

1995 war die Idee von Online-Selbsthilfegruppen ziemlich neu. Aber ich fand einige, nicht für Menschen mit MS, sondern für andere Probleme und Krankheiten. Ich merkte, dass dieser Weg nicht nur perfekt war, um Menschen zusammenzubringen, sondern dass er auch die Bedeutung von Menschen mit der gleichen Krankheit unterstrich, die sich gegenseitig bei deren Bewältigung und Verständnis helfen. Ich fühlte mich ein wenig besser, die Verschlechterung war gestoppt und ich begann mich von dem Schub zu erholen. Schubförmige MS nannte das der Arzt und ich wollte alles zur Verbesserung beitragen, was ich konnte.

Ich lernte schnell, wie man einen Chatroom einrichtet, und ich startete im Sommer 1996 MSChat. Daraus entwickelte sich MSWorld, eine Online-Gemeinschaft, die versucht, Menschen, die die Diagnose MS bekommen, das damit einhergehende Gefühl des Alleinseins zu nehmen. Bei meinem ersten Echtzeit-Chat wusste ich, dass das genau das war, was ich brauchte, Unterstützung und Information von anderen, die das Gleiche durchmachen. Was für ein Geschenk – und heute, im zwölften Jahr des Bestehens, ist die Zahl deren Mitglieder von einer Handvoll auf mehr als 20.000 weltweit angewachsen, pro Tag registrieren sich durchschnittlich 40 neue Mitglieder.

Ich glaube, der Erfolg von MSWorld ist teils auf meine Erziehung und meinen beruflichen Hintergrund zurückzuführen, teils aber auch darauf, dass damit ein grundsätzliches Bedürfnis nach Unterstützung durch andere Menschen mit den gleichen Ängsten erfüllt wird. Es ist eine Herausforderung, aber es nimmt einem viele Ängste, wenn man sich mit anderen über deren Erfolge, Frustrationen und Erfahrungen beim Umgang mit der Krankheit austauscht.

Auch so einfache Dinge wie "es ist in Ordnung, deinen Neurologen zu feuern; such dir einen, den du magst". Das sind weise Worte von anderen, die dasselbe erlebt haben und nun bin ich an der Reihe, dasselbe anzubieten.

Ich habe mein Kunststudium abgeschlossen und meine Werke in Athen und quer durch die USA ausgestellt. Außerdem habe ich einen Studienabschluss in Psychohygiene-Beratung. Ich habe für die amerikanische nationale MS-Gesellschaft (NMSS) in Nordkalifornien als online Marketing-Beraterin gearbeitet, als nationale Kontakt-Koordinatorin für das Hanford-Gesundheits-Informations-Netzwerk in Seattle und im Bereich Werbung und Marketing. Ich schreibe auch gerne und habe in einigen Büchern ein Kapitel über mein Leben mit MS verfasst.

Der Erfolg von MSWorld hängt auch von den vielen Menschen ab, die über all diese Jahre ihr Leben mit MS angenommen und ihre Erfahrungen geteilt haben. Im Durchschnitt moderieren gleichzeitig dreißig Freiwillige, alle mit MS und helfen den Mitgliedern, die Unterstützung zu finden, nach der sie in MSWorld suchen. Sie geben ihre Zeit, ihre Geschichten und Begabungen her, um MSWorld dabei zu unterstützen, alle Menschen mit MS auf der ganzen Welt zu erreichen. Gemeinsam haben die Freiwilligen schon Hunderten oder Tausenden von Menschen bei der Bewältigung der Krankheit geholfen.

2001 begann MSWorld eine offizielle Zusammenarbeit mit der NMSS. MSWorld’s Vizepräsident Dave Anderson erkannte 6 Jahre später das Potential von MSWorld für eine Arbeit auf internationaler Ebene und nahm diesbezüglich Kontakt mit der MSIF auf. MSWorld wird in diesem Herbst mit einem neuen Logo starten und separate Kanäle für MSWorld, NMSS und MSIF haben. Chatrooms werden in verschiedenen Sprachen angeboten, um weltweit den Mitglieder-Bedürfnissen gerecht zu werden.

Das Wachstum von MSWorld umfasst auch neue Technologien und liefert ihren Mitgliedern weiterhin Unterstützung und laufende Informationen. MS ist eine komplexe Krankheit, der Austausch mit anderen Betroffenen bringt Erleichterung. Ich habe entdeckt, dass, so unterschiedlich MS der Außenwelt auch erscheinen mag, sie eine Krankheit mit einer gemeinsamen Sprache ist, die alle kennen, die Tag für Tag damit leben. In einer virtuellen Gemeinschaft sammeln wir unbefangen hinsichtlich körperlicher Einschränkungen Einblicke bei denen, die verstehen, was es bedeutet, mit MS zu leben.

Mein Motto ist "Wohlbefinden als Geisteszustand". Ich glaube, dass ein gutes Leben davon abhängt, wofür wir uns täglich entscheiden, und dass unser persönliches Glück viel damit zu tun hat, wie wir uns selbst fühlen und wie wir mit anderen zurechtkommen. Heute gehört die MS zu meinem Leben von heute auf morgen - inklusive Gehhilfen, Tretrollern, Ernährung, welche Übungen ich mit meinem persönlichen Trainer machen kann und der Hoffnung, dass es eines Tages neue Behandlungsmethoden geben wird, die mein Leben zum Positiven wenden. Es ist eine tägliche, manchmal unangenehme Hoffnung.

Ich meditiere täglich, akzeptiere das Geschehene und arbeite so viel ich kann, um eine Verbesserung zu erreichen. Es ist schwierig, aber ich sehe keine andere Möglichkeit als die Hoffnung zu bewahren und mich über all das zu freuen, was ich kann. MSWorld hilft mir dabei, am Ball zu bleiben, anderen zu helfen und Hilfe zu akzeptieren, und ich bin darüber hinaus sehr beschäftigt, einen Lebensstil zu wahren, der mir gefällt. Ja, ich musste viele Aktivitäten aufgeben, aber ich gebe mein Bestes, mich weiter auf die positiven Dinge in meinem Leben zu konzentrieren und aus jedem Tag das Beste zu machen.

Kathleen’s Engagement für MSWorld und deren angebotene
Dienste für Menschen mit MS wurde 2006 in der NMSS Jahreskonferenz gewürdigt, wo sie den Nationalen Preis für Leistungen im Bereich MS erhielt. Kathleen war eine von 12 Kandidaten für den MSIF Wolfensohn-Preis für "Menschen mit
MS International".

 
MSIF und AMSEL bedanken sich bei Margot Sepke für die Übersetzung dieses Profil des Monats.
 

Redaktion: AMSEL e.V., 17.11.2008