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MSIF Profil des Monats: Januar 2010

12.01.10 - James West erlebt die "lebenslängliche Strafe" MS am eigenen Leib. Gerade darum rät er anderen Betroffenen, das Leben so gut wie nur möglich zu genießen.

 
 
James West
 
 

Name: James West
Land: Großbritannien
Alter: 33 Jahre
Jahr der Diagnose: 1997
Art der MS: Sekundär progredient
Beruf: PR-Berater

Die ersten MS-Symptome bemerkte ich, als meine Beine nach dem Fußballspielen zu krampfen begannen und ich meinen linken Fuß nicht mehr richtig spürte. Danach bekam ich ein Enge-Gefühl in meinem Bauch. Ich dachte, ich hätte eine Blinddarmentzündung, und ging ins Krankenhaus. Sie schickten mich zu einem Neurologen, der bei mir im Alter von 23 Jahren MS diagnostizierte. Es wäre wohl leichter gewesen, wenn es sich um eine Krankheit mit einer klareren Prognose gehandelt hätte, aber der Neurologe sagte im Grunde genommen nur "wir können nichts tun".

Nach meiner Diagnose hatte ich alle neun Monate einen Schub, der mit Cortison behandelt wurde. Als ich Ende 20 war, wurde mein linker Fuß schwach und ich zog ihn nach, dann verlagerte sich das auf mein rechtes Bein und beide Beine wurden steif.

MS hat sich auf jeden Bereich meines Lebens ausgewirkt, aber ich habe eine liebevolle Frau und Familie, die mich unterstützen. Auch einige Freunde waren sehr hilfreich, aber die meisten Menschen wissen nicht, wie sie mit MS umgehen sollen und meiden das Thema. Wegen meiner Fatigue musste ich meine Arbeitszeit auf 4 und dann auf drei Tage reduzieren, aber meine beiden Dienstgeber, die ich zu der Zeit hatte, waren sehr verständnisvoll und unterstützten mich.

Ich bekam verschiedene MS-Medikamente. Avonex nahm ich fast 3 Jahre lang, dann empfahl der Neurologe einen Wechsel auf Rebif, weil ich immer wieder durch Schübe außer Gefecht gesetzt wurde. Innerhalb der ersten 3 Monate der Rebif-Therapie bekam ich grippeähnliche Symptome und wurde depressiv, gereizt und aggressiv, also hörte ich damit auf. Aber mir wurde klar, dass ich ernsthaft krank war. Meine Beine waren sehr steif, ich litt unter Fatigue und Blasenproblemen und hatte in dieser Zeit einen weiteren Schub.

Dann wurde mir ein Medikament namens Mitoxantron angeboten, eine Chemotherapie, die üblicherweise gegen Brustkrebs eingesetzt wird. Sie kann massive Nebenwirkungen wie Leukämie, Herzinsuffizienz und Unfruchtbarkeit haben. Die langfristigen Nebenwirkungen sind nicht wirklich bekannt, aber kurzfristig kann dadurch das Fortschreiten der MS gestoppt werden. Gemeinsam mit meiner Frau und meiner Familie dachte ich darüber nach und entschied mich dafür. Ich möchte so lange wie möglich mobil bleiben, weil ich mein Leben genieße und es noch viel gibt, was ich tun möchte. Wenn ich an Herzinsuffizienz sterbe, dann sterbe ich eben an Herzinsuffizienz; aber das ist es wert, wenn ich ein paar Jahre länger mobil bleibe.

Nachdem ich es das erste Mal bekommen hatte, war ich 10 Tage im Krankenhaus. Aber jetzt fühle ich mich gesund. Es hat an meiner Behinderung nicht sehr viel geändert, aber mich komplett von meiner Fatigue befreit. Ich habe bereits längere Arbeitszeit beantragt. Es hat mir wirklich Energie und Auftrieb gegeben.

Für einen Mann meines Alters gehe ich schlecht, obwohl sich auch das seit der Chemotherapie verbessert hat. Ich war immer ein sehr aktiver Mensch gewesen – ich lief, spielte Fußball und Golf. Jetzt lebe ich viel mehr im Sitzen, und das ist schwer auszuhalten. Aber wann immer es mir möglich ist, mache ich gern kurze Spaziergänge und leichte Physiotherapie zu Hause. Es fällt mir jeden Tag schwer, mit der Steifheit in meinen Beinen zurechtzukommen, weil ich noch nichts Wirksames dagegen gefunden habe. Blasen- und Gleichgewichtsprobleme sind auch mit jedem Schub schlechter geworden. Ich gehe jetzt mit Stock und bekomme demnächst wegen meiner hyperaktiven Blase eine Botox-Behandlung.

Das Schwerste an MS ist der psychische Aspekt: zu wissen, dass man mit etwas lebt, das einen sehr krank machen kann, das derzeit unheilbar ist und wogegen es nur sehr beschränkte Behandlungsmöglichkeiten gibt, wenn man im sekundär progredienten Stadium ist. MS zu haben fühlt sich in etwa ähnlich an wie eine lebenslange Freiheitsstrafe, und es ist wirklich sehr schwierig, sich damit abzufinden.

Ich spreche mit anderen MS-Betroffenen in den Web-Foren der Britischen MS-Gesellschaft und habe begonnen, auf freiwilliger Basis sporadisch für die Gesellschaft zu arbeiten, sitze in Ausschüssen und stelle mich als Fallbeispiel für Medieninterviews zur Verfügung. Mein Rat, gesund zu bleiben: gesunde Ernährung, viel Wasser trinken, eventuell zusätzlich Vitamine nehmen, Ruhepausen, möglichst viel körperliches Training, unbedingt Stress vermeiden und vor allem: das Leben so gut wie nur möglich genießen!

 

 
MSIF und AMSEL bedanken sich bei Margot Sepke von der Multiple Sklerose Gesellschaft Wien für die Übersetzung dieses Textes.
 

Quelle: MSIF, Januar 2010

Redaktion: AMSEL e.V., 19.10.2009