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Krankentransport und Zuzahlungsregelung weiter Knackpunkte der Gesundheitsreform

Seit dem 1. Januar ist es in Kraft, am 20. März 2004 war es Thema einer Podiumsdiskussion der AMSEL: Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG). MS-Betroffene berichteten über ihre meist negativen Erfahrungen mit dem neuen Gesetz und stellten ihre Fragen an die Vertreter aus Politik, Kassen, Ärzte- und Apothekerschaft.

 

Knackpunkte des GMG sind aus der Sicht der Betroffenen die bereits im Vorfeld angeprangerten neu errichteten Hürden bei den Krankentransportrichtlinien sowie Fragen nach den Zuzahlungsregelungen, die chronisch Kranke mit geringem Einkommen "doppelt bestrafen", so eine Teilnehmerin. Denn jetzt muss jeder chronisch Kranke 1% seines Bruttoeinkommens an Zuzahlung leisten und Zuzahlungen sind nicht allein auf Medikamente, sondern auf alle mit der Behandlung der Erkrankung zusammenhängenden Maßnahmen, z.B. Therapien und Hilfsmittel zu leisten.

Änderungen und Einschnitte im Gesundheitswesen, so der SPD-Abgeordnete, Klaus Kirschner, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Gesundheit und soziale Sicherung, waren zum Erhalt einer qualitativ hochwertigen und auf Dauer leistbaren Gesundheitsversorgung erforderlich. Bei vielen blieb die Frage, ob dies durch das GMG erreicht wird, das durch umständliche Verwaltungsverfahren z.B. bei der Genehmigung der Krankentransportfahrten zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Kassen und Ärzte aufbaut.

Großes Unverständnis fanden auch die Regelungen zu den Medikamentenpreisen. Frei verkäufliche Arzneimittel, sogenannte OTC-Produkte (over-the-counter), unterliegen keiner Preisbindung mehr. Ein Vergleich der Kosten kann sich bei diesen Produkten lohnen. Ist aber für MS-Betroffene nur sehr umständlich machbar, z.B. für Rollstuhlfahrer und in ländlichen Gebieten.

OTC-Produkte, auf grünem Rezept vom Arzt verordnet, werden zwar von der Krankenkasse nicht übernommen, können aber bei einer Zusatzversicherung eingereicht werden. Nur: "Welche Möglichkeiten haben MS-Kranke, eine solche Versicherung nach gesicherter Diagnose abzuschließen?" Roland Sing versprach, sich dieser Frage anzunehmen und über die AMSEL das Ergebnis mitteilen zu lassen. Die AOK ist außerdem mit der AMSEL im Gespräch über einfache patientengerechte Lösungen für Krankentransportfahrten.

"Warum werden in den Apotheken nicht mehr Re-Importe hochpreisiger Medikamente angeboten?" Keine einfache Frage für den Präsidenten des Landesapothekerverbandes, Fritz Becker. Er wies auf Schwierigkeiten beim Re-Import hin und gab zu bedenken, dass dadurch in den betroffenen Ländern für die einheimische Bevölkerung die Arzneimittel nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. "Die Deutschen kaufen den Markt dort leer."

Und wie sieht die Verordnung z.B. eines Zwei-Monats-Bedarfs von Kathetern aus? Hier sind pro Monat und Indikation max. 10 Euro zuzuzahlen. Sofern die Apotheke anhand der Verordnung erkennen kann, dass es sich um den Bedarf von zwei Monaten handelt, muss die Zuzahlung dafür zweimal erhoben werden. Ist nicht erkennbar, dass die Verordnung sich auf den Zwei-Monats-Bedarf bezieht, wird die Apotheke bzw. der Leistungserbringer in der Regel nur die Zuzahlung für einen Monat erheben.

Ein wiederkehrender Kritikpunkt der Teilnehmer: der gestiegene Verwaltungsaufwand bei den Krankenkassen durch das GMG. "Allein die AOK hatte in den letzten Monaten einen 10fachen Beratungsbedarf, so der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg Roland Sing. Durch das GMG ist die Individualisierung vorgegeben, für jeden AOK-Versicherten ist z.B. die konkrete Höhe seiner Zuzahlung auszurechnen. Hilfestellung beim Thema Zuzahlung sollen die Sparbücher der AOK geben, die allein in den letzen vier Wochen 950.000 davon herausgegeben hat.

Ein Tipp der Experten: Im konkreten Fall sollen MS-Kranke unbedingt den Kontakt mit ihrer zuständigen Krankenkasse aufnehmen. Um die Höhe ihrer individuellen Zuzahlungsgrenze zu berechen, sind alle Zuzahlungsquittungen zu sammeln. Bei der Zuzahlungsquittung für Medikamente unbedingt auch den Kundenamen und den Namen des Medikamentes vermerken lassen. Das erspart Nachfragen von Seiten der Krankenkasse.
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25. März 2004

Redaktion: AMSEL e.V., 30.03.2004