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Imagination - Lösungen in Bildern und Geschichten (Teil 2)

10.06.10 - Durch Trance Hoffnung und Stärke in einer schweren Lebenssituation gewinnen? In zweiten Teil des Beitrags aus Together 02/10 stellt Marion Held-Holland, Diplom-Psychologin, zwei ermutigende Lebensgeschichten vor.

Die Einführung in den Trancezustand (Induktion) geschieht in der Regel über die momentane Wahrnehmung unterschiedlichster Körpersinne und des Atems. Die Patienten werden angeregt ihren Körper anzunehmen wie er sich gerade anfühlt.

Gerade auch bei der MS-Erkrankung, wo der Körper nicht selten als feindlich wahrgenommen wird und Symptome als zerstörerisch betrachtet werden, ist eine positivere Wahrnehmung des eigenen Körpers und einzelner Körperteile sowie deren Wertschätzung oft der Beginn eines veränderten neuen Körperbewusstseins.

Nicht selten erleben Erkrankte ihren Körper in Trance verändert. So berichteten sie, dass sie mehr Aufrichtung in der Trance spürten, das Gehen leichter gefallen sei oder Missempfindungen weniger deutlich gewesen seien bei Aktivitäten in der Vorstellung. Auch wenn diese Erfahrungen nicht gleich in den Alltag übernommen werden können, stellen sie doch eine entlastende positivere Wahrnehmung des eigenen Körpers dar, bahnen möglicherweise solche Veränderungen an und wecken Hoffnung.

Bilder des Unterbewusstseins – Ausgangspunkt zur Neuorientierung

Das Faszinierende ist, dass das kreative ideenreiche Unbewusste immer Bilder anbietet, seien sie auch zunächst unklar oder scheinen unbedeutend. In der Nachbesprechung sind sie jedoch Ausgangspunkt zur Neuorientierung, nicht selten regen sie auch zum Staunen und Lachen an und wecken so positive Gefühle von mehr Leichtigkeit und Gelassenheit einer schweren Lebenssituation.

Zwei Beispiele zur Illustration

Eine Patientin meldete sich zur Beratung, da sie eine schwere depressive Reaktion nach dem letzten Schub zeigte. Fatigue-Symptomatik sowie körperliche und kognitive Beschwerden hatten zugenommen. Es herrsche das Gefühl vor, völlig wertlos und nur noch eine Belastung für die Familie zu sein. Besonders kränkend schien ihr, der eigenen betagten Mutter und dem Ehemann zu viel zuzumuten und den Kindern keine "richtige" Mutter mehr sein zu können.

In der Exploration ergaben sich zunächst kaum Ressourcen, auch in der Trance gelang die Vorstellung eines "Ortes der Ruhe und der Kraft" zur Entlastung nur ansatzweise. Die Patientin konnte lediglich angeben, dass ihr Garten und ihre Orchideen am Wohnzimmerfenster als vages Bild aufgetaucht seien.

Auf Nachfrage erzählte sie lächelnd und etwas verlegen über ihren "Urwald" im Wohnzimmer, wo die unterschiedlichsten Orchideen prächtig gediehen. Das sei ihr großes Hobby, allerdings sei das ja völlig nutzlos. Im weiteren Gespräch über ihre Pflanzen blühte auch die Patientin merklich auf, erzählte lebhafter und kompetent über ihre Lieblingsblumen. Es wurde gedeutet, dass in der Beschäftigung mit den Pflanzen ihre nährende, liebevolle Seite zum Ausdruck komme, womit sie durch die schöne Gestaltung der Räume auch für die Familie sorge.

 
 
MetapheR:
Ein Teil des ganzen
 
 
"Eine sehr alte chinesische Tao-Geschichte erzählt von einem Bauern in einer armen Dorfgemeinschaft. Man hielt ihn für wohlhabend, denn er besaß ein Pferd, mit dem er pflügen und Lasten befördern konnte.

Eines Tages lief ihm das Pferd davon. Alle seine Nachbarn beklagten ihn, wie schrecklich das sei, aber der Bauer meinte nur: "Vielleicht".Ein paar Tage später kehrte das Pferd zurück und brachte zwei Wildpferde mit. Die Nachbarn beneideten ihn nun, weil er so ein Glück hatte, aber der Bauer sagte nur: "Vielleicht".Am nächsten Tag versuchte der einzige Sohn des Bauern auf einem der Wildpferde zu reiten. Das Pferd warf ihn ab und er brach sich ein Bein. Die Nachbarn übermittelten ihm ihr Mitgefühl für dieses Missgeschick, aber der Bauer antwortete wieder nur: "Vielleicht".In der nächsten Woche kamen Rekrutierungsoffiziere ins Dorf und holten alle jungen Männer zur Armee. Den Sohn des Bauern wollten sie nicht wegen des gebrochenen Beines. Als die Nachbarn kamen, um ihm zu sagen, was für ein Glück er gehabt habe, antwortete der Bauer:"Sagt einfach, sie haben meinen Sohn nicht mitgenommen. Wir sehen nur einen kleinen Teil des Ganzen und ob das Glück oder Unglück ist, wissen wir nicht." 
 

Es wurde überlegt, wo sie diese nährende Seite schon bzw. immer noch in der Familie einbringe, auch ohne die gewohnten Haushaltsaktivitäten durchführen zu können. Dabei kam sie dem Gefühl, von allen geschätzt und als verständnisvolle Ansprechpartnerin und ruhender Pol in der Familie dringend gebraucht zu werden, näher, was sie deutlich stärkte und sich selbst als wertvoller erleben ließ.

In einem anderen Fall war der Patient sehr verzweifelt, da er sich überfordert fühlte als alleinerziehender Vater. Er überlegte, ob er das Sorgerecht der Mutter überlassen sollte, um sich besser um sich selbst, seine berufliche Tätigkeit und die Krankheit kümmern zu können. Dies fiel ihm jedoch schwer, da er ein enges liebevolles Verhältnis zu den Kindern hatte. Eine Entscheidung sollte zur Entlastung aller getroffen werden, da er sich durch die Unentschiedenheit handlungsunfähig und blockiert fühlte.

In der Imagination stellte sich ziemlich schnell ein Bild ein, in welchem er mit den Kindern an der Hand spazieren ging, eine fröhliche kleine Familie. Dies wertete er gerührt als Zeichen, die Beiden nicht abzugeben und andere Entlastungsmöglich-keiten zu suchen.

Enstpannungsbilder regelmäßig üben

Imagination und Trance können als

  • Ruhe- und Entspannungsbilder eingesetzt werden,
  • als Methode zur Unterstützung des psychologischen Beratungsprozesses mit unterschiedlichen hypnotherapeutischen Techniken und auch
  • als Visualisierung von Körpervorgängen – zum Beispiel zur Unterstützung der Immunabwehr oder Schmerzbewältigung

Einmal gefundene und wohltuende Entspannungsbilder – bewährt sind dabei die Vorstellung des "Ortes der Ruhe und der Kraft" oder allgemeine Bilder des Wohlbefindens – und Visualisierung des körperlichen Heilungsprozesses, sollen regelmäßig geübt und wenn nötig dann im Alltag abgerufen werden (Selbsthypnose).

Häufige Anwendung, die (gedankliche) Beschäftigung mit eigenen Stärken und Entspannung stärken so die Selbstheilungskräfte und steigern das psychische und körperliche Wohlbefinden.

Alle Leserinnen und Leser möchte ich herzlich ermuntern, sich auf die Kraft heilsamer Bilder, Metaphern und Geschichten einzulassen und sich auf die Suche nach den eigenen Stärken zu begeben.

 
 
Zur Autorin
 
 
 

Marion Held-Holland

Diplom-Psychologin und Klinische Neuropsychologin GNP

  • arbeitet seit 1997 an der Fachklinik für Neurologie in Dietenbronn
  • Weiterbildungen in Neuropsychologie und Klinischer Hypnose

 

 
Lesen Sie in "Imagination - Lösungen in Bildern und Geschichten (Teil 1)" wie sich in Trance Selbstheilungskräfte aktivieren lassen.
 

Quelle: AMSEL-Magazin Together 02/2010, Marion Held-Holland

Redaktion: AMSEL e.V., 10.06.2010