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"Hinter Regenwolken lacht die Sonne"

24.06.05 - So heißt das mutige Buch der AMSEL-Kontaktgruppenleiterin Edeltraud Strobel, Untertitel: "Multiple Sklerose – und das Leben geht weiter."

Ein subjektiver Erfahrungsbericht kann keinen medizinisch-wissenschaftlichen Anspruch haben. Will er auch nicht. Das macht die Autorin Edeltraud Strobel bereits auf den ersten Seiten des Buches klar. Ihr Werk dient als Verarbeitungsinstrument, als Mutmacher und als Zeugnis für all diejenigen, die direkt oder mittelbar von MS, der Krankheit mit den 1000 Gesichtern, betroffen sind. Es ist eine radikal offene und auch schonungslose Lebensbeichte geworden, die sich nicht davor scheut, Enttäuschungen aufzuzeigen: Dass ihr Mann sich mit Alkohol zu trösten versuchte, dass es Freunde gab, die nicht wussten, wie sie sich verhalten sollten, und deren „Wie geht es Dir?“ sie als Rückschlag empfand.

Das Buch ist ein Abbild der Stimmungsschwankungen, der Euphorie und der Verzweiflung, mit denen Edeltraud Strobel umzugehen hat(te): „Alle Ziele, die ich mir gesetzt habe, habe ich erreicht. Nur das Ziel, gesund zu bleiben, habe ich anscheinend vergessen.“ (S.17). Es ist Zeugnis einer MS-Erkrankten, die ihren ganz persönlichen, und deshalb unangreifbaren Weg der Bewältigung findet und manchmal immer noch sucht. Diese Zerrissenheit wird einerseits in ihrer „Ärmel hoch, keine halben Sachen“-Mentalität sichtbar, auf der anderen Seite spürt der Leser ganz deutlich: Die Autorin kämpft jeden Tag mit der Diagnose, mit den eigenen Grenzen, mit den Blicken der anderen und vor allem mit dem Blick in die Zukunft. Als sie mit 38 Jahren ihren Rentenbescheid in Händen hielt, wurde es auf einmal real: Die Diagnose musste also doch stimmen. Die unantastbare Gültigkeit des amtlichen Dokuments hatte jeden Hoffnungsschimmer � la „Es liegt bestimmt ein Fehler vor“ weggewischt.

Rettungsanker wurde nach einiger Zeit und reichlichem Zögern die Gemeinschaft mit anderen Betroffenen in der AMSEL. Da es immer anders kommt, als man denkt (Zitat Strobel), überwand sie ihre Scheu vor anderen MS-Kranken und ist seit drei Jahren engagierte Kontaktgruppenleiterin. Die Autorin ist eine Kämpfer-Natur, die zwar angestrengt, aber unermüdlich doch etwas Positives an ihrem Schicksal findet: MS-Kranke wüssten, so Strobel, „wie sie mit ihrem Leben umgehen müssen, um das Beste für sich zu erreichen. Nun? – ist MS doch nicht wahnsinnig Positiv?“ (S.61).

Solch eine Zuversicht zu haben, nach langem Hadern mit sich selbst, mit dem Schicksal und mit dem persönlichen Umfeld, ist nicht nur bewundernswert, sondern kann auch Vorbild für andere sein. Das Buch ist aber nicht nur für MS-Erkrankte interessant, die vielleicht ein „Genau, so geht es mir auch“-Gefühl bekommen, sondern auch für Angehörige und Nicht-Erkrankte, die besser verstehen wollen, welche Achterbahnfahrt eine solche Diagnose in Gang setzt.

Strobel, Edeltraud: Hinter Regenwolken lacht die Sonne. Multiple Sklerose – und das Leben geht weiter, Books on Demand GmbH Norderstedt, 2003, 62 Seiten. ISBN 3-8334-0416-7.

Redaktion: AMSEL e.V., 27.06.2005