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Austherapiert bei MS? Gibt es nicht!

So die Botschaft am 22. Juli 2023 in der Filderhalle Leinfelden, in der beim Thementag der AMSEL die Alltagsbewältigung bei MS im Fokus stand. Drei Fachvorträge gaben umfassende Informationen zu Schmerzen und MS, zum aktuellen Stand der Therapieoptionen bei MS sowie zu den Möglichkeiten von Physio- und Ergotherapie im fortgeschrittenen Verlauf der MS. Es folgte im Anschluss die ebenso informative wie anregende Mitgliederversammlung der AMSEL.

Gut 200 Teilnehmer freuten sich über den Informations- und persönlichen Austausch vor Ort – mit Experten und Betroffenen gleichermaßen wie mit Ehrenamtlichen und dem Vorstand der AMSEL.

Sorgfältige Anamnese: Das A und O bei der Schmerztherapie

Das zentrale Nervensystem selbst sei nicht schmerzempfindlich, so Prof. Dr. med. Christian Dettmers, Ärztliche Leitung der Schmieder Kliniken Konstanz und Mitglied im Ärztlichen Beirat der AMSEL in seinem Vortrag. Trotzdem klagen etwa 28 Prozent der MS-Betroffenen über Schmerzen, Tendenz steigend mit der Dauer der Erkrankung. Wichtig für die Diagnose sei die Lokalisation und Charakterisierung der Schmerzen. Hier ist auch und vor allem der Betroffene gefragt: Je mehr Input von seiner Seite, desto besser die Differentialdiagnose und damit die gezielte Therapiewahl.

Die Arbeits- und Lebenszufriedenheit korreliere stark mit der Schmerzwahrnehmung, so der Neurologe. Deshalb sollten psychosoziale Einflussfaktoren bei der Therapiewahl keinesfalls unberücksichtigt bleiben. Invasivere Methoden der Schmerzbekämpfung wie Botox, Schmerz- oder Baclofen-Pumpen sollten gut bedacht werden. Sie können Schmerz und Spastiken reduzieren, aber auch unerwünschte Wirkungen wie Schwäche und dadurch reduzierte Gehfähigkeit mit sich bringen.

Aktiv bleiben in jedem Stadium der MS

Aktivität ist der Schlüssel zum motorischen Lernen und zur Reorganisation bei Schäden am zentralen Nervensystem, so die Botschaft von Flavius-Florin Vorovenci, M.Sc., Leitung Physiotherapie, Neurologisches Rehabilitationszentrum Quellenhof. Ziele jeder Rehabilitation sind Funktionsverbesserung, größtmögliche Eigenaktivität, Partizipation und möglichst freie Lebensgestaltung – auch im fortgeschrittenen MS-Verlauf. Stehen im frühen MS-Stadium Prophylaxe für Atmung, Kontrakturen und Blasenmanagement sowie die Förderung von Aktivität in Beruf, Alltag und Freizeit im Mittelpunkt, so rücken im späteren Verlauf die neurophysiologische Behandlung und der Einsatz von Hilfsmitteln in den Fokus der Behandlung, die sich immer an den Erfordernissen der Alltagsbewältigung orientiert.

Bei allen Arten des Trainings komme es auf die Regelmäßigkeit und Dosierung an: Therapeuten können in der Reha z.B. Anregung und Anleitung geben, für die Regelmäßigkeit im Alltag müsse der Betroffene selbst sorgen.

Austherapiert? Gibt es nicht!

So das Statement von Prof. Dr. med. Peter Flachenecker, Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad und Vorsitzender des Ärztlichen Beirats der AMSEL. Denn: Neben allgemeinen Maßnahmen wie gesunder Ernährung, ausreichend Bewegung, Verzicht auf Nikotin und jahreszeitbezogener Vitamin D-Substitution stehe eine Vielzahl von symptombezogenen Therapieoptionen zur Verfügung. Hinzukomme die Immuntherapie mit heute 18 Wirkstoffen in 25 Präparaten in drei Wirksamkeitsstufen, die individuell und passend zu den Erwartungen und Vorlieben des Patienten ausgewählt werden können.

Eine gute, stets aktuelle Übersicht über alle Behandlungsmöglichkeiten der MS biete auch die AMSEL-Wissensseite „MS behandeln“.

Mitgliederversammlung: Rückblick und Ausblick

Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Adam Michel, Vorstandsvorsitzender der AMSEL, den Geschäftsbericht 2022 vor, hielt Rückschau auf Ereignisse und Veranstaltungen des vergangenen Jahres. Der Schatzmeister der AMSEL, Dr. Michael Scholz, gab anschließend einen Ausblick auf den Haushaltsplan des Jubiläumsjahres 50 Jahre AMSEL in 2024. Im Bericht des Arztes im Vorstand der AMSEL vertiefte Professor Flachenecker die Themen aktuelle Leitlinie 2023 der DGN, Generika und Biosimilars sowie neue und zukünftige Therapiemöglichkeiten bei MS.

Sie würden gerne mehr zum Thementag erfahren? Gerne! Als AMSEL-Mitglied haben Sie exklusiv die Möglichkeit dafür. Bereits im Mitgliederbereich AMSELplus verfügbar und Ende September auch in der kommenden Ausgabe 03.23 von "together", dem Nachrichtenmagazin der AMSEL.

AMSEL e.V. dankt der GKV-Gemeinschaftsförderung Baden-Württemberg für die freundliche Unterstützung bei der Durchführung des Thementags sowie der Mitgliederversammlung.

Redaktion: AMSEL e.V., 26.07.2023