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Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG)

Rund ein Viertel der MS-Erkrankten in Deutschland braucht Pflege zu Hause. Das AMSEL-Magazin "together" informiert über das Gesetz und darüber, ab wann welche Regelung gilt.

Mit zunehmendem Alter und der Dauer der MS-Erkrankung steigt auch der mögliche Bedarf an pflegerischer Unterstützung: Bei den über 60-jährigen Menschen mit MS beträgt der Anteil fast 50 % (MS-Register 2020/ 21). Das vom Deutschen Bundestag am 26. Mai 2023 verabschiedete neue Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) könnte daher auch für viele MS-Erkrankte und ihre Angehörigen von großer Bedeutung sein. Die neuen Regelungen treten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft. Höhere Leistungsbeträge erhalten Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ab 1. Januar 2024. together gibt einen Überblick über die Pflegereform.

 

Änderungen seit 1. Juli 2023

Beiträge zur Pflegeversicherung

Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wurde von 3,05 auf 3,4 % angehoben. Je nach Anzahl der Kinder werden künftig Abschläge während der Erziehungsphase (bis zum 25. Lebensjahr eines Kindes) berücksichtigt. Versicherte mit Kindern zahlen einen geringeren Beitragssatz, kinderlose Versicherte (ab dem 23. Lebensjahr) müssen einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,6 % leisten.

Telefonische Pflegebegutachtung

Die Ermittlung eines Pflegegrades durch den Medizinischen Dienst kann auch nach der Sonderregelung durch Corona künftig regulär in einem strukturierten Telefoninterview durchgeführt werden, vgl. § 142a SGB XI (neu). Nicht in jedem Fall müssen Versicherte sich einverstanden erklären. Ebenfalls ausgeschlossen von der Regelung: erstmalige Untersuchung zur Feststellung eines Pflegegrades oder Untersuchung aufgrund eines Widerspruchs. Eine persönliche Begutachtung ist immer auch dann durchzuführen, wenn Antragsteller dies wünschen. Der Medizinische Dienst muss Antragsteller über diese Wahlmöglichkeit informieren.

 

Änderungen seit 1. Oktober 2023

Verfahren zur Feststellung des Pflegegrades

Im Antragsverfahren hat die Pflegekasse Fristen zur Bearbeitung zu beachten, dabei sind Arbeitstage gleich Werktage (von Montag bis Freitag).

Grundsätzlich gilt, dass die Pflegekasse spätestens nach 25 Arbeitstagen nach Antragseingang eine Entscheidung treffen muss, ob bzw. in welchen Pflegegrad der oder die Versicherte einzustufen ist.

In verschiedenen Situationen gelten verkürzte Fristen zur Begutachtung:

  • Eine Begutachtung muss spätestens am 5. Arbeitstag nach Eingang des Antrags erfolgen, wenn sich der Antragsteller im Krankenhaus oder in einer Reha-Einrichtung befindet und:
    • eine Begutachtung in der Einrichtung zur Sicherstellung der Weiterversorgung erforderlich ist, oder
    • die Pflegeperson beim Arbeitgeber Pflegezeit angekündigt oder Familienpflegezeit vereinbart hat, oder
    • sich der Antragsteller in einem Hospiz befindet bzw. ambulant palliativ versorgt wird.
  • Eine Begutachtung muss spätestens am 10. Arbeitstag nach Eingang des Antrages erfolgen, wenn der Antragsteller zu Hause lebt (ohne palliativ versorgt zu werden) und die Pflegeperson beim Arbeitgeber Pflegezeit angekündigt oder Familienpflegezeit vereinbart hat.

Im Falle der verkürzten Begutachtungsfristen ist vom Gutachter zunächst nur festzustellen, ob mindestens die Voraussetzungen des Pflegegrades 2 erfüllt sind. Für eine abschließende Begutachtung ist ebenfalls die 25-Arbeitstage-Frist einzuhalten.

Wenn die Begutachtung innerhalb der o.g. verkürzten Fristen erfolgt und im Anschluss an die stationäre Behandlung bzw. Rehabilitation Kurzzeitpflege in Anspruch genommen wird, erfolgt die abschließende Begutachtung in der Kurzzeitpflegeeinrichtung spätestens am 10. Arbeitstag nach Beginn der Kurzzeitpflege.

Werden die (verkürzten) Fristen von der Pflegekasse nicht eingehalten, muss die Pflegekasse dem Antragsteller für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 Euro bezahlen. Die Fristen ruhen, wenn Verzögerungen eingetreten sind, die von der Pflegekasse nicht zu vertreten sind. Fordert die Pflegekasse z.B. vom Antragsteller noch zwingend erforderliche Unterlagen an, wird die Frist so lange unterbrochen, bis die Unterlagen bei der Pflegekasse eingegangen sind. Die Frist läuft mit Eingang der Unterlagen wieder weiter. Richtlinien legen fest, welche Unterlagen als zwingend erforderlich anzusehen sind.

 

Änderungen ab 1. Januar 2024

Anhebung der Leistungsbeträge

Pflegegeld (§ 37 SGB XI), Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI) und Zuschläge für die Pflege in stationären Einrichtungen (§ 43c SGB XI) werden wie folgt angehoben. 

 PflegegeldPflegesachleistungen
Pflegegrad 2316 > 332 Euro724 > 761 Euro
Pflegegrad 3545 > 573 Euro1.363 > 1.432 Euro
Pflegegrad 4728 > 765 Euro1.693 > 1.778 Euro
Pflegegrad 5901 > 947 Euro2.095 > 2.200 Euro

Leistungszuschlag für die vollstationäre Pflege

1. Jahr5 % > 15 %
2. Jahr25 % > 30 %
3. Jahr45 % > 50 %
4. Jahr70 % > 75 %

Höhere Anspruchsdauer bei Pflegeunterstützungsgeld

Die Anspruchsvoraussetzungen beim Pflegeunterstützungsgeld werden ausgeweitet. Beschäftigte haben das Recht, in Akutsituationen bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben, um die erforderliche Pflege Angehöriger zu organisieren bzw. sicherzustellen. Die Anspruchsdauer von bis zu 10 Arbeitstagen je pflegebedürftiger Person, die bisher nur einmalig möglich war, soll ab 2024 einmal pro Kalenderjahr zur Verfügung stehen. Das Pflegeunterstützungsgeld ist eine Entgeltersatzleistung der Pflegekassen und ersetzt teilweise das Gehalt.

Verbesserung der Transparenz

Pflegebedürftige können von der Pflegekasse künftig genauere Angaben über die Leistungen erhalten, die sie in Anspruch genommen haben. Bereits heute können Versicherte auf Antrag Auskunft bei ihrer Pflegekasse verlangen (§ 108 Absatz 1 SGB XI), welche Leistungen sie im Zeitraum von mindestens 18 Monaten vor Antragstellung in Anspruch genommen haben und welche Kosten entstanden sind.

Ab 2024 können Versicherte auf Wunsch regelmäßig eine entsprechende Übersicht erhalten. Dazu reicht eine formlose Anforderung bei der Pflegekasse aus. Zudem können weitere Detailinformationen, z.B. welche Leistungsbestandteile konkret vom ambulanten Pflegedienst abgerechnet wurden oder eine Durchschrift der eingereichten Abrechnungen, angefordert werden.

Verhinderungspflege für Kinder/ Jugendliche/ junge Erwachsene unter 25 Jahre mit Pflegegrad 4 oder 5

  • Die erforderliche Vorpflegezeit von 6 Monaten entfällt und kann ab Pflegegrad 2 direkt in Anspruch genommen werden.
  • Die Anspruchsdauer erhöht sich von 6 auf 8 Wochen pro Kalenderjahr.
  • Nicht verbrauchte Mittel aus der Kurzzeitpflege können zu 100 % für die Verhinderungspflege genutzt werden. Eltern steht dadurch im Kalenderjahr 2024 ein Gesamtbetrag von 3.386 € zur Verfügung.
  • Erfolgt die Verhinderungspflege durch Personen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind, kann ein Betrag bis zum 2-fachen des (anteiligen) Pflegegeldes, plus ggf. Aufwendungen für Verdienstausfall und Fahrtkosten, über die Verhinderungspflege erstattet werden.

Leistungsbeträge, die Eltern in der Zeit vom 1. Januar 2025 bis 30. Juni 2025 für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in Anspruch genommen haben, werden auf den „Gemeinsamen Jahresbetrag“ für das Kalenderjahr 2025 angerechnet.

Zum 1. Juli 2025 gilt der sogenannte „Gemeinsame Jahresbetrag“ für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 (s.u.).

 

Änderungen ab 1. Juli 2024

Mitaufnahme von Pflegebedürftigen in stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen

Während einer stationären Vorsorge- oder Rehamaßnahme der Pflegeperson wird die Möglichkeit der Mitaufnahme des Pflegebedürftigen in der gleichen Einrichtung auf Kosten der Pflegekasse erleichtert. Alternativ besteht ein Anspruch auf Versorgung in einer ambulanten oder vollstationären Pflegeeinrichtung für diesen Zeitraum. Der Anspruch gilt bereits ab Pflegegrad 1, vgl. § 42a SGB XI (neu).

 

Änderungen ab 1. Januar 2025

Weitere Erhöhung der Pflegeleistungen

Ab 2025 werden alle Pflegeleistungen um weitere 4,5 % erhöht.

 

Änderungen ab 1. Juli 2025

Gemeinsamer Jahresbetrag für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege

Mit dem Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz (PUEG) werden die Leistungsbeträge der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zu einem gemeinsamen Jahresbetrag zusammengefasst, vgl. § 42a SGB XI (neu). Kalenderjährlich steht allen Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 künftig ein Gesamtleistungsbetrag von bis zu 3.539 Euro zur Verfügung.

Dieser Betrag kann zukünftig flexibel für beide Leistungsarten (Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege) eingesetzt werden. Die bisherigen Übertragungsregelungen entfallen und müssen nicht mehr beachtet werden. Die erforderliche Vorpflegezeit von 6 Monaten entfällt. Gleichzeitig werden die geltenden Voraussetzungen bei der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege soweit als möglich angeglichen, um einen flexiblen Einsatz zu ermöglichen (Anspruchsdauer in beiden Fällen 8 Wochen). Weiterhin wird die hälftige Fortzahlung eines zuvor bezogenen (anteiligen) Pflegegeldes während der Verhinderungspflege für bis zu 8 Wochen im Kalenderjahr (bisher 6 Wochen) gewährt. Erfolgt die Verhinderungspflege durch Personen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind, kann ein Betrag bis zum 2-fachen des (anteiligen) Pflegegeldes (bisher 1 ½-fachen), plus ggf. Aufwendungen für Verdienstausfall und Fahrtkosten, über die Verhinderungspflege erstattet werden.

 

Änderungen ab 1. Januar 2028

Erneute Erhöhung aller Leistungsbeträge

2028 ist eine weitere Erhöhung der Leistungsbeträge geplant, die sich am Anstieg der Kerninflationsrate in den drei vorausgehenden Kalenderjahren orientiert. Der Prozentsatz steht daher noch nicht fest.

Fragen? Das AMSEL-Beratungsteam hilft gerne weiter:

E-Mail: beratungsteamamselde
Telefon: 0711 69786-0

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit: Gesetze und Verordnungen, abgerufen am 13.11.2023.

Redaktion: AMSEL e.V., 13.11.2023