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Neue Grundrente und Pauschbeträge

Seit 1. Januar 2021 gelten neue Regelungen zur Grundrente und veränderte Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen. Welche Bedeutung und Auswirkungen sie für Multiple-Sklerose-Erkrankte haben, stellt together im Folgenden vor

1. Die neue Grundrente

Nicht alle Versicherten erhalten grundsätzlich eine Grundrente. Nur Versicherte mit geringem Einkommen haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf einen Zuschlag auf ihre geringen Renten (Altersrente, Hinterbliebenenrente und Rente wegen Erwerbsminderung). Diesen Zuschlag können Versicherte erhalten, die mindestens 33 Jahre anrechnungsfähige Pflichtbeitragszeiten zur Rentenversicherung nachweisen können und deren Einkommen aus ihrem Arbeitsleben durchschnittlich zwischen 30 % und 80 % des deutschen Durchschnittseinkommens liegt. Die Voraussetzungen werden sowohl bei Neuanträgen als auch bei Bestandsrenten geprüft.

Die Grundrente muss nicht beantragt werden. Die Deutsche Rentenversicherung berechnet auf der Grundlage vorliegender Versichertendaten und eines Datenabgleichs mit den Finanzbehörden automatisch die Anspruchsvoraussetzungen und die individuelle Höhe des Grundrentenzuschlags. Liegen die Voraussetzungen vor, erhalten die Versicherten frühestens ab Sommer 2021 einen Bescheid von der Deutschen Rentenversicherung.

1.1 Grundrentenfreibetrag 

Damit der Zuschlag zur Rente auch grundsätzlich zu einer Verbesserung der Renteneinkünfte führt und nicht bei der Grundsicherung oder anderen einkommensabhängigen Sozialleistungen wieder abgezogen wird, tritt mit dem Grundrentengesetz zusätzlich ein Grundrentenfreibetrag in Kraft. Der Freibetrag sorgt dafür, dass die Rente nicht auf ergänzende Sozialleistungen wie der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, der Hilfe zum Lebensunterhalt, Hartz IV, Wohngeld und bei der Kriegsopferfürsorge komplett angerechnet wird. Insgesamt gilt ein maximaler Freibetrag von 223 Euro. Da der zu errechnende Freibetrag das anrechenbare Einkommen reduziert, kann dies zu einer höheren Sozialleistung führen.

1.2 Auswirkungen auf die Grundsicherung  

Alle, die bereits Grundsicherung erhalten oder einen Anspruch auf Grundsicherung unabhängig vom Grundrentenfreibetrag haben und bereits einen Antrag gestellt haben, profitieren automatisch von diesem erhöhten Freibetrag und müssen nicht selbst aktiv werden. Die Grundsicherungsträger erfragen bei der Rentenversicherung, ob die 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen. Die Grundsicherungsträger müssen nach Erhalt der In-formationen den bisherigen Leistungsbescheid korrigieren und eine entsprechende Nachzahlung leisten. Der Prüfungsprozess durch die Rentenversicherung kann sich bis Ende 2022 hinziehen. Die neue Grundsicherung erhalten Berechtigte dann rückwirkend.

1.3 Wann müssen Sie aktiv werden: 

 1.Fall: wenn ein Nachweis der Grundrentenzeiten erforderlich ist. Die 33 Jahre Grundrentenzeiten können auch durch vergleichbare Zeiten bei anderen Versorgungseinrichtungen erfüllt sein (z.B. Alterssicherung der Landwirte, Zeiten einer versicherungsfreien Beschäftigung bei einem öffentlich-rechtlichen, kirchlichen und ähnlichen Arbeitgeber etc.). In diesen Fällen müssen sich Betroffene selbst um eine ent-sprechende Bescheinigung kümmern oder den Sozialleistungsträger legitimieren, dass er den Nachweis einholen darf.  

2. Fall: wenn sich durch den Grundrentenfreibetrag erst ein Anspruch auf Grundsicherung ergibt. All die jenigen, die mit ihrem Einkommen in der Nähe des Existenzminimums liegen, bisher noch keine Grund-sicherung beziehen und erst durch die Berücksichtigung des neuen Freibetrags anspruchsberechtigt werden, sollten zeitnah einen Antrag auf Grundsicherung stellen. Der Antrag wird dann zunächst abgelehnt. Doch die Ablehnung ist nicht endgültig. Soweit später der Nachweis über die 33 Grundrentenjahre vorliegt, sollten Betroffene einen sogenannten Überprüfungsantrag stellen.

Rechenbeispiel: 

Ein Rentner bezieht eine Bruttorente in Höhe von 1.300 Euro. Davon gehen 143 Euro für die Kranken- und Pflegeversicherung ab und 690 Euro Warmmiete. Zieht man zusätzlich 223 Euro Grundrentenfreibetrag ab, blieben ihm für seinen Lebensunterhalt 244 Euro (1.300 Euro - 143 Euro - 690 Euro - 223 Euro = 244 Euro). Der Regelbedarf für einen Alleinstehenden liegt 2021 bei 446 Euro. Er hat damit Anspruch darauf, dass sein Einkommen um 202 Euro aufgestockt wird. Nach den alten Regelungen (ohne Berücksichtigung des Freibetrags) hätte er keinen Anspruch gehabt, da er mit 467 Euro über dem Regelbedarf gelegen hätte.

Bei Anträgen auf Grundsicherung ab dem 01.01.2021 gilt das Antragsdatum für eine entsprechende Rückrechnung. Eine rückwirkende Antragstellung ist nicht möglich. Damit keine Ansprüche auf Sozialleistungen verloren gehen, sollte zeitnah ein entsprechender Antrag gestellt werden. 

2. Erhöhung der Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen

Mit dem „Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen“ haben sich wesentliche Verbesserungen für Steuerpflichtige mit einer Behinderung ergeben. Die Neuregelungen gelten erstmals zum Veranlagungszeitraum 2021, also für die im Jahr 2021 erhobene Einkommenssteuer.

2.1 Behinderten-Pauschbeträge

Der Behinderten-Pauschbetrag wird verdoppelt. Hierbei handelt es sich um die erste Erhöhung seit dem Jahr 1975. Zukünftig besteht bereits ab einem festgestellten Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 20 ein Anspruch auf einen Behinderten-Pauschbetrag. Das Verfahren für Steuerpflichtige mit einem GdB zwischen 25 und 50 wird vereinfacht. Zusatzvoraussetzungen, wie etwa eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit, müssen künftig nicht mehr nachgewiesen werden. Der erhöhte Behinderten-Pauschbetrag für blinde Menschen und Menschen, die als hilflos gelten, wurde ebenfalls angehoben und gilt unabhängig vom GdB. 

Der Behinderten-Pauschbetrag richtet sich nach dem Grad der Behinderung bzw. Merkzeichen. Seit 01.01.2021 können folgende Pauschbeträge geltend gemacht werden:

 

Grad der Behinderung bzw. Merkzeichen

Höhe des Behinderten-Pauschbetrags

20

384 Euro

30

620 Euro

40

860 Euro

50

1.140 Euro

60

1.440 Euro

70

1.780 Euro

80

2.120 Euro

90

2.460 Euro

100

2.840 Euro

Merkzeichen „H“, „Bl“ oder „Tbl“

7.400 Euro

2.2 Pflege-Pauschbetrag

Der Pflege-Pauschbetrag wurde auf 1.800 Euro pro Kalenderjahr angehoben und damit ebenso nahezu verdoppelt. Bisher konnte den Pflege-Pauschbetrag nur erhalten, wer eine Person häuslich pflegt, bei der entweder das Merkzeichen „H“ (hilflos) anerkannt wurde oder diesem durch Pflegegrad 4 bzw. 5 gleichgestellt war. Künftig wird ein Pflege-Pauschbetrag bereits bei Pflegegrad 3 in Höhe von 1.100 Euro und bei Pflegegrad 2 in Höhe von 600 Euro gewährt. 

2.3 Einführung eines behinderungsbedingten Fahrtkosten-Pauschbetrags

Bisher mussten behinderungsbedingt entstandene Fahrtkosten bei der Berücksichtigung im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen aufwändig über Einzelnachweise nachgewiesen werden. Nun wurde eine Pauschalbetragsregelung eingeführt. Diese ist abhängig vom Grad der Behinderung und Merkzeichen: 

  • 900 Euro für Menschen mit einem GdB von mindestens 80 oder mit einem GdB von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
  • 4.500 Euro für Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, „Bl“, „TBl“ oder „H“.

Darüber hinausgehende behinderungsbedingte Fahrtkosten können im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen nicht geltend gemacht werden. Wann die Berücksichtigung von Pauschbeträgen steuerrechtlich sinnvoller ist anstelle von Einzelnachweisen im Rahmen von außergewöhnlichen Belastungen, muss individuell geprüft werden und erfordert ggf. eine steuerliche Beratung. Dieser Artikel kann eine entsprechende fachliche Beratung nicht ersetzen.

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Quelle: together, #02.21

Redaktion: AMSEL e.V., 18.08.2021