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Mehr neurologische Fälle bei geringer Vergütung

Die Statistik verzeichnet einen großen Anstieg in Kliniken wie Praxen innerhalb der vergangenen 10 Jahre. Gerade mal 26 Euro erhält ein Neurologe für die 5-Tages-Schub-Therapie seines Multiple-Skllerose-Patienten - und überweist daher immer häufiger in die Klinik.

Die Neurologen in Deutschland versorgen immer mehr Patienten: Innerhalb von zehn Jahren ist die Fallzahl in den neurologischen Abteilungen der Akutkranken­häuser inklusive Universitätskliniken um rund 67 Prozent und in den Praxen um etwa 22 Prozent gestiegen. Das berichtet der Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN) auf der Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes.

Multiple Sklerose immer besser zu behandeln

"Wir können neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson und viele andere immer besser behandeln. Außerdem leben immer mehr alte Menschen in Deutschland, die einen Schlaganfall, eine Demenz oder eine andere neurologische Krankheit erleiden. Beides zusammengenommen führt zu einem Ansturm auf die Praxen und Kliniken, den wir immer weniger bewältigen können", erläuterte der Vorsitzende des BDN, Uwe Meier, auf der Mitgliederversammlung seines Verbandes am vergangenen Freitag in Dresden. Meier warnte: "Die Versorgungsstrukturen und die Vergütungs­anreize in der ambulanten Medizin sind auf diese Entwicklung in keiner Weise eingestellt!"

Laut dem Berufsverband sind Neurologen und Nervenärzte in einer Doppelrolle: Sie arbeiteten mit aufwendigen technischen Leistungen und Therapieverfahren. Anderer­seits benötigten Patienten mit Erkrankungen des Gehirns und deren Angehörige besonders viel Beratung, Anleitung und Zuwendung, um mit ihrer Krankheit und Therapie zurecht zu kommen. "Die technischen Leistungen werden in der ambulanten Neurologie völlig unzureichend vergütet", kritisierte Meier.

MS-Patienten in Klinik überweisen

Neurologen und Geriater wollen Schnittstellen genauer bestimmen
Zum Beispiel erhielten Neurologen für ein EMG rund 18 Euro. Für eine Infusionstherapie bei einem Patienten mit Multiple-Sklerose-Schub über fünf Tage erhielten Neurologen rund 26 Euro. "Vielen niedergelassenen Neurologen bleibt dann oft keine andere Möglichkeit, als die Patienten für die Untersuchungen in eine Klinik zu überweisen", so Meier.

Das sind grade mal 5,20 Euro für eine Kortisoninfusion. Eine Überweisung in die Klinik oder in eine Ambulanz geht freilich zulasten der Patienten, die während eines Schubes nicht selten (noch mehr) in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, womöglich den Therapiestart um eine Tag verschieben müssen.

"So kommt es aufgrund von Fehlanreizen zu Verschiebungen in den stationären Bereich und in die Notfallambulanzen, erläuterte Peter Berlit, Vorsitzender der Kommission leitende Krankenhausneurologen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Chefarzt der Neurologie am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen: "Die Fallzahlsteigerung in den neurologischen Abteilungen ist trotz des Bettenausbaus so enorm, dass wir die Liegezeiten reduzieren müssen, um das zu bewältigen", so Berlit.

Immer kürzere Krankenhausaufenthalte bedeuteten aber enorme organisatorische Anstrengungen und überdurchschnittlichen persönlichen Einsatz, um Zeit zum Gespräch, zur Beratung der Patienten und zur Betreuung von Angehörigen trotz der vorgegebenen Rahmenbedingungen zu finden. "Die Spirale der immer kürzer werdenden Kranken­hausaufenthalte mit zunehmender Leistungsverdichtung muss im Interesse einer individualisierten Patientenversorgung gestoppt werden", so Berlit.

Quelle: Pressemitteilung des Berufsverbands Deutscher Neurologen (BDN), 26.09.2013

Redaktion: AMSEL e.V., 26.09.2013