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Fatigue erforschen - bei MS und anderen Erkrankungen

Fatigue ist eines der am meisten einschränkenden Symptome bei Multipler Sklerose. Prof. Hayrettin Tumani erforscht die Fatigue. Im Video berichtet er über das Baden-Württemberg-weite Projekt.

Fatigue kommt unter MS-Patientinnen und MS-Patienten sehr häufig vor. Bei Multipler Sklerose äußert sich das chronische Symptom als übermächtiges Gefühl von Müdigkeit. Manche Betroffenen sind trotz ausreichend Schlaf bereits nach dem Aufwachen zu müde, um sich ein Frühstück zuzubereiten. Der Akku geht ungewöhnlich schnell leer, egal, ob im Beruf, im Haushalt, bei Hobbys… Vergleichbar mit dem Erschöpfungszustand bei einer Erkältung mit hohem Fieber.

Fatigue ist weit mehr als nur müde

Fatigue ist bei MS allerdings chronisch, verschwindet also nicht wieder, sondern meldet sich unterschiedlich stark und unterschiedlich häufig, meist jeden Tag. Daher kann sie sehr behindernd sein. Sie betrifft oft die körperliche sowie die geistige Kraft (z.B. die Aufmerksamkeit). Nicht wenige Menschen mit Multipler Sklerose empfinden die Fatigue schlimmer als einen Rollstuhl verwenden zu müssen. Oft ist sie der Hauptgrund für eine Berentung.

Fatigue ist allerdings kein MS-spezifisches Phänomen. Sie kommt außerdem auch vor

  • bei anderen Autoimmunerkrankungen,
  • während/ nach einer Covid-Infektion oder anderen viralen Infekten und
  • bei Krebspatienten und -Patientinnen.

Fatigue-Studie bei MS, Post-Covid und weiteren Krankheiten

Ausgerechnet die Corona-Pandemie und die vielen Fälle von Post-Covid und Fatigue waren es, die zu der genauen, krankheitsübergreifenden Untersuchung geführt haben, an der Professor Hayrettin Tumani mit der Uniklinik Ulm sowie allen anderen Unikliniken in Baden-Württemberg beteiligt sind. Im Rahmen eines Projektes der Post-Covid-Forschung in Baden-Württemberg will die multizentrische Studie herausfinden, welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede bestehen zwischen einer Fatigue, die von Corona verursacht wurde und Fatigue im Rahmen anderer Erkrankungen.

Dafür werden Patientinnen und Patienten auf vielerlei Weise untersucht:

  • neurologisch und neuropsychologisch,
  • mithilfe des MRT,
  • durch Blutabnahmen sowie
  • durch Nervenwasserentnahmen.

Anhand der Proben untersuchen die beteiligten Forscher Moleküle (freie und solche, die sich noch in den Zellen befinden), welche den Energiestoffwechsel gewährleisten. Das Ziel ist es, die Fatigue besser zu erfassen und therapeutische Ansätze daraus zu entwickeln. "Wir hoffen, dass wir ein Korrelat für die Fatigue finden [...] eine organische Seite, um dann besser diagnostizieren, besser vorbeugen und besser behandeln zu können", sagt Professor Hayrettin Tumani im AMSEL-Video. Mit Ergebnissen aus dieser Studie im Ländle sei nach der Auswertung Ende 2024 zu rechnen.

4-Punkte-Plan bei Fatigue

Doch was können Patientinnen und Patienten heute schon gegen ihre Fatigue unternehmen? Bis jetzt gibt es keine gut wirksamen Medikamente gegen Fatigue. Professor Tumani hat einige Tipps:

  1. müsse man andere Erkrankungen als Ursache der Fatigue ausschließen und sie ggf. behandeln. Infrage kommen etwa Schlafstörungen wie Restless Legs oder auch eine Schlafapnoe. Außerdem können manche Medikamente eine Fatigue fördern.
  2. sei es wichtig, sich nicht gegen die Fatigue zu wehren, sondern sie anzunehmen.
  3. sollte das Umfeld aufgeklärt sein. Fatigue bedeutet keineswegs, dass man sich um etwas drücken würde oder sich nur nicht genügend Mühe gebe, seine Müdigkeit zu überwinden. Man kann mit Fatigue nicht umgehen wie mit normaler Müdigkeit. Im Zweifel helfen nur Pausen. Da man die Fatigue nicht sieht (im Unterschied etwa zu einem Gehstock oder Rollator) nimmt die Außenwelt dieses Symptom oft nicht wahr oder hält es für nicht so schlimm, nach dem Motto "Jeder ist mal müde."
  4. und ganz wichtig ist ein gutes Energiemanagement. Ein Tagebuch kann helfen, herauszufinden, was einen besonders erschöpft. Kleinere Portionen zu essen kann die Fatigue lindern, ebenso wie Kühlung, den Tag gut zu planen inklusive Pausen.

Wenn man es schafft, die individuellen Auslöser zu vermeiden, kann man die Fatigue zumindest eindämmen, besser mit ihr umgehen und an Lebensqualität gewinnen.

Quelle: AMSEL-Video zur Erforschung der Fatigue bei Multipler Sklerose, Post-Covid und anderen Erkrankungen, 03.11.2023.

Redaktion: AMSEL e.V., 03.11.2023