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Astrozyten schuld an kognitiven Störungen bei Multipler Sklerose

Schweizer Forscher entdecken, dass diese Gliazellen empfindlich auf Entzündungen reagieren. Ein möglicher Ansatz für neue Therapien, um etwa das Erinnerungsvermögen bei MS zu verbessern.

Nicht alle Menschen mit Multipler Sklerose leiden an kognitiven Störungen. Sind jedoch Erinnerungsvermögen, Arbeitsgedächtnis & Co. eingeschränkt, dann kann die Lebensqualität der Betroffenen stark sinken. Im Extremfall ist es nicht einmal mehr möglich, sich auf die Lektüre eines Zeitungsartikels zu konzentrieren, von der Ausführung eines Berufes ganz zu schweigen. Man muss als MS-Erkrankter nicht im Rollstuhl sitzen, um starke Behinderungen zu haben. Oft wiegen die "unsichtbaren Symptome" - dazu zählt etwa auch die Fatigue - viel schlimmer.

 

 

Auch eine Möglichkeit, Erinnerungsvermögen & Konzentration zu verbessern: MS Kognition - das Trainingstool für MS-Erkrankte, übt kognitive Fähigkeiten.

Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Entdeckung wichtig. Forscher der Universitäten Zürich und Lausanne konnten nun zeigen, dass die Astrozyten für kognitive Störungen verantwortlich sind, denn sie drosseln bei Gehirnentzündungen die Erinnerungsfähigkeit.

Obwohl unser Gehirn zur Hälfte aus Astrozyten besteht, wissen wir weit weniger über sie als etwa über die Neuronen. Zusammen mit den Oligodendrozyten und den Mikroglia gehören sie zu den Gliazellen und beeinflussen die Aktivität der Neuronen. Wenn die Gliazellen die Neuronen nicht mehr beschützen, kann es zu Gehirnerkrankungen kommen. Während einer Entzündung geschieht den aktuellen Forschungen nach genau dies. Die Astrozyten bremsen während einer Entzündung die Funktion der Neuronen. Das Resultat: Man vergisst mehr, kann sich weniger gut konzentrieren.

Die Schweizer Forschergruppe konnte auch den schuldigen Botenstoff ausfindig machen. Sobald die Astrozyten nämlich eine hohe Konzentration an Zytokin TNF verspüren, senden sie ein Signal an die Neuronen. Wenn das wiederum in Bereichen des Gehirns stattfindet, die für das Gedächtnis zuständig sind, etwa im Hippocampus, dann kann der Betroffene Informationen nicht mehr gut abspeichern und sich daher auch nicht daran erinnern.

Der Nachweis des schädlichen Mechanismus gelang in einem Maus-Modell von Multipler Sklerose (MS). Diese Einschränkungen können bei Maus wie Mensch eintreten noch bevor sich etwa körperliche Bewegungseinschränkungen zeigen.

Den Forschern gelang es, spezifische Rezeptoren zu identifizieren. Sie planen, diese Rezeptoren mit Medikamenten zu blockieren, um den krankhaften Mechanismus zu unterbinden und die kognitiven Beeinträchtigungen bei MS-Patienten und vielleicht auch bei anderen entzündlichen neurologischen Erkrankungen zu reduzieren.

Quelle: Cell, 10.12.2015; Pressemitteilung der Universität Zürich, 11.12.2015

Redaktion: AMSEL e.V., 14.12.2015