Spenden und Helfen

Aus dem Alltag der AMSEL-Pflegeexpertin Mechthild Zeh

Seit 2000 ist die ausgebildete Krankenschwester und Pflegedienstleitung bei der AMSEL beschäftigt.

"2004 war auf jeden Fall ein Ein-schnitt im Gesundheitsbereich. Mit der Gesundheitsreform ist für chronisch Kranke das Leben viel schwieriger und anstrengender geworden. Die Energie reicht dann oft nicht mehr aus, sich mit not-wendigen medizinischen und pflegerischen Fragen alleine aus-einanderzusetzen.", weiß Mechthild Zeh zu berichten.

Seit 2000 ist die ausgebildete Krankenschwester und Pflege-dienstleitung bei der AMSEL be-schäftigt. Eine eineinhalbjährige Weiterbildung zur Pflegedienstleitung befähigt sie, einem ambulanten Dienst vorzustehen. So kam sie im Februar 2000 zur AMSEL-Kontaktgruppe nach Wernau, wo sie weiterhin an mehreren Tagen der Woche ist. Dann trat sie die Nachfolge einer erkrankten Kollegin im Landesverband an, in dem sie in der Regel mittwochs und donnerstags beschäftigt ist.

Fachvorträge und Seminare

Die Tätigkeiten in Wernau und im Landesverband sind zwar sehr unterschiedlich, die Arbeitsweise ist aber in beiden Bereichen sehr praxisorientiert. Während Mechthild Zeh in Wernau viele organisatorische und pflegerelevante praktische Aufgaben wahrnimmt, liegen ihre Schwerpunkte im Landesverband in der Beratung und in der Konzeption von Fachvorträgen und Seminaren. Diese hält sie für Pflegekräfte, für MS-Betroffene, Angehörige und Ehrenamtliche im Landesverband und in Kontaktgruppen vor Ort. Ein wichtiges Themenfeld für sie sind zum Beispiel "Ergänzende therapeutische Möglichkeiten bei der MS": Die von der DMSG zertifizierte MS-Schwester klärt darüber auf, welche Therapien zusätzlich zu medikamentösen Therapien der Schulmedizin bei MS angewandt werden können bzw. eine Linderung bringen können. Das können zum Beispiel die neurologische Physiotherapie, die Umstellung der Ernährung oder das Erlernen verschiedener Entspannungstechniken sein.
Ein Vorteil ihrer "zweigleisigen" Arbeit ist, dass sie bei den Tipps zur Pflege ihre praktischen Erfahrungen aus Wernau einbringen kann, schließlich besucht sie die Patienten dort auch zu Hause.

Wichtige Tipps zur Pflege und Betreuung MS-Erkrankter gibt sie in einem Seminar auch allen Zivildienstleistenden und FSJ´lerinnen, die in AMSEL-Kontaktgruppen eingesetzt werden. Dort lernen sie eventuelle Berührungsängste abzubauen oder mit dem Rollstuhl umzugehen. Mit dem Inventar des "Fühlkoffers" können sie nachempfinden, wie Doppelbilder aussehen, welche Auswirkung Sensibilitätsstörungen in den Händen haben und wie es ist, damit ein Hemd zuzuknöpfen.

Fundierte Beratung

In den Beratungen, die einen sehr großen Teil ihrer Arbeit ausmachen, gibt sie Infos zu medikamentösen und symptomatischen Therapien und berichtet vom Stand und den Ergebnissen aktueller Studien. Die MS-Schwester schafft es in der Regel immer, einen praxisrelevanten Bezug herzustellen. "Ziel der Beratung ist es, die Lebensqualität von MS-Erkrankten und ihren Angehörigen zu verbessern."

Mechthild Zeh bekommt sehr viele Anfragen, entweder telefonisch oder über das anonyme Medium Internet. Allerdings macht bloßer Email-Kontakt die Sache für sie schwieriger, da viele Fragen so komplex sind, dass mehrmaliges Nachfragen nötig ist, um die Situation exakt erfassen zu können. Die meisten Erkundigungen sind von Frauen, die deutlich öfter an MS erkranken und die im Allgemeinen auch beratungsoffener sind als Männer.

Dringende Fragen gibt es gerade für Neuerkrankte viele: Wie finde ich einen guten Arzt, an welche Kliniken kann ich mich wenden und welche Therapie ist für mich die richtige? Es versteht sich von selbst, dass es da keine vorgefertigten Antworten oder Empfehlungen geben kann. Bei der Frage nach dem richtigen Arzt rät die Expertin, sich einen wirklich "dauerhaften Begleiter" zu suchen. MS ist eine chronische Krankheit, umso wichtiger ist es, einen Arzt zu finden, dem man vertraut und der wirklich kompetent ist. Das kann natürlich auch bedeuten, dass man längere Anfahrtswege in Kauf nehmen muss. Auch die Frage nach den Nebenwirkungen von Medikamenten kann nicht pauschal beantwortet werden, schließlich reagiert jeder Mensch anders auf die Inhaltsstoffe.

Gute Beobachtungsgabe ist unersetzlich

Wenn Mechthild Zeh zu Rate gezogen wird, versucht sie zunächst den Status des Patienten zu erfahren: Wo steht er? Was ist das größte Problem? Viele Neuerkrankte fühlen sich vom Arzt regelrecht ins eiskalte Wasser geschmissen und mit der Diagnose MS konfrontiert, ohne weitere Einzelheiten zu erfahren. Die Expertin erfragt dann die Unsicherheiten, die Ziele und auch die Aufnahmebereitschaft des Einzelnen. Schließlich soll der Betroffene in einer Beratung nicht überfrachtet werden mit Informationen.

Viele Fragesteller sind andererseits bereits so kundig, dass sie Infos nur zu ganz speziellen Teilbereichen möchten. Damit eine Beratung für beide Seiten befriedigend verläuft, ist das A und O ihrer Arbeit das genaue Hinschauen. Durch ihre frühere Tätigkeit als Kinderkrankenschwester hat sie sich eine sehr gute Beobachtungsgabe angeeignet, da kleine Kinder - im Gegensatz zu Erwachsenen - ihre Bedürfnisse noch nicht selbst benennen können.

Auch die Auswahl des richtigen Pflegedienstes, wichtige Infos bei der Antragstellung zur Einstufung in die Pflegeversicherung und die Fragen nach möglichen Hilfsmitteln sind kontinuierlich präsent. Bei den Hilfsmitteln profitiert die Expertin auch von Tipps und Tricks anderer Betroffener, durch einen stetigen Erfahrungsaustausch kann jeder von jedem Anregungen und Kniffe erfahren. Es muss schließlich nicht immer das teure Hilfsmittel aus dem Sanitätshaus sein, manchmal wandelt Mechthild Zeh alltägliche Gebrauchsmittel einfach in ihrer Funktion um.

Vermisst: Rückmeldung

Bedauerlicherweise bekommt die Expertin für alle medizinischen und pflegerischen Angelegenheiten im Landesverband kaum eine Rückmeldung auf ihre Beratung, was sie sehr schade findet. Schließlich möchte sie ja wissen, ob die Arztsuche von Erfolg gekrönt war oder wie ein Angehöriger mit den praktischen Tipps zur Pflege zurechtkommt. Natürlich hilft sie dennoch engagiert weiter, weiß sie doch, wie wichtig Beratung für chronisch Kranke ist. Denn: Leistungen der Kranken- und Pflegekasse zu erhalten, ist heute viel schwieriger geworden. Die Zuzahlungen für Medikamente sind drastisch erhöht worden, und auch die Transporte zum Arzt oder zur Physiotherapie müssen richtiggehend erkämpft werden. Viele MS-Betroffene haben irgendwann einfach keine Energie mehr und sind zu erschöpft, um weiter zu kämpfen. Dann kommt Mechthild Zeh ins Spiel.

Redaktion: AMSEL e.V., 01.09.2006