Spenden und Helfen

Alles fest im Griff....

...das hat Susanne Matter ohne Zweifel. Sie strahlt eine so große Ruhe aus, dass man das Gefühl hat, diese Frau kann nichts aus der Fassung bringen. Die 37 Jährige ist alleinerziehende Mutter einer sechsjährigen Tochter, Leiterin der Kontaktgruppe Filderstadt und vor fünfeinhalb Jahren selbst an Multiple Sklerose erkrankt.

Kind, Krankheit und ehrenamtliche Arbeit unter einen Hut zu bringen, das ist für die Bernhauserin nicht immer einfach.

Vor fünfeinhalb Jahren tauchten die ersten Symptome auf: Kribbeln in den Fingerspitzen und eine Sehnerventzündung. Diese entwickelten sich zu einem Schub und nach einer Lumbalpunktion und einer Kortisonbehandlung erfuhr sie die Diagnose Multiple Sklerose. „Ich hatte keine Ahnung von MS, deswegen habe ich mir ziemlich schnell ein Buch darüber gekauft und auch die Gespräche mit dem Arzt haben sich nicht so fürchterlich angehört.“ Heute hat die alleinerziehende Mutter die MS weitestgehend im Griff. „Insgesamt geht es mir ganz ordentlich“.

Den Alltag bewältigen

Für Tochter Lydia ist es kein Problem, wenn sich Susanne Matter mal kurz hinlegen muss, damit sie für die weiteren Tagesaktivitäten wieder fit ist. Sie weiß, dass ihre Mama MS hat, denn die ehrenamtliche Leiterin der Filderstädter Gruppe findet es richtig, dem Kind die MS zu erklären. Lydia, die ihre Mutter auch zu AMSEL-Aktivitäten begleitet, wo sie andere MS-Kranke sieht, kommt damit zurecht. „Es ist für sie wahrscheinlich nicht so schlimm, weil ich keine großen Einschränkungen habe,“ so die junge Frau, deren erste MS-Symptome das erstemal auftraten, als ihre Tochter gerade mal ein dreiviertel Jahr alt war. „Dadurch ist sie in die Krankheit mit reingewachsen. Außerdem ist sie jetzt in einem Alter, wo sie auch kapiert, dass ich manchmal meine Ruhe brauche.“

Mit der Ruhe, vor allem aber mit „mal länger im Bett liegen bleiben“, was beide genossen haben, ist jetzt erst mal Schluss. Seit September letzten Jahres hat sich der Alltag von Mutter und Tochter grundlegend geändert. Die Sechsjährige kam in die erste Klasse und seitdem ist der Tagesablauf beider vor allem durch die Schule geprägt. Dies bedeutet insbesondere dreimal in der Woche um sechs Uhr aufstehen – eine große Umstellung zur Kindergartenzeit.

Solange Lydia vormittags in der Schule ist erledigt die Mutter den Haushalt, geht einkaufen und erledigt nebenher ihre Aufgaben für die MS-Kranken in der Kontaktgruppe Filderstadt. Die AMSEL war ihr schon am Anfang ihrer Krankheit ein Begriff. Zunächst als sie selbst Hilfe suchte, dann engagierte sie sich ab 2001 in der Jungen Initiative ihrer heutigen Gruppe und 2002 hat sie dann die Leitung der Gruppe übernommen. Und wurde 2004 mit dem Selbsthilfepreis der Firma Biogen ausgezeichnet.

Die Arbeit für die Gruppe ist nicht gleichbleibend umfangreich, mal ist wenig zu tun, mal „kommt es geballt.“ Susanne Matter ist stolz darauf, dass sie und ihr Team die anfallenden Arbeiten so gut verteilt haben, dass für den einzelnen ein überschaubares Maß an Aufgaben anfällt. Einmal im Monat treffen sich vormittags alle Mitglieder des Teams und besprechen die weiteren Vorhaben. Beschlüsse, das ist der gelernten Bürokauffrau wichtig, werden gemeinsam gefällt.

Volles Programm

Oft geht das Programm nahtlos weiter, wenn Lydia mittags von der Schule kommt. Dann geht es weiter zur Musikschule oder zum Turnen. Da bleibt an manchen Tagen nicht viel Zeit zum Verschnaufen. „Das kein Problem, wenn es mir gut geht. Wenn es mir nicht so gut geht, muss ich Hilfe von außen annehmen,“ so Susanne Matter.

Hilfe von außen ist wichtig

Manchmal braucht die alleinerziehende Mutter diese Hilfe, auch wenn sie sagt: „Richtig schlecht geht’s mir selten.“ Vor allem dann, wenn sie einen Schub hat, abends Veranstaltungen ihrer Kontaktgruppe anstehen, oder sie einfach mal was für sich alleine machen will. „Man darf sich nicht scheuen, andere um Hilfe zu bitten – ich finde das ganz wichtig. Es entspannt ungemein, Hilfe anzunehmen,“ schildert die junge Frau, die gerne backt, Fitness betreibt und mit Freunden etwas unternimmt, ihre Einstellung. Zwar hält sie nichts davon, immer nur stark zu sein und alles alleine schaffen zu wollen, dennoch fällt es ihr oft selber schwer um Hilfe zu bitten und auch anzunehmen. Hilfe annehmen heißt zwar auch, immer viel zu organisieren, aber bis jetzt hat es noch immer geklappt.

Vor allem ihr Exmann und seine Eltern sind für Susanne Matter eine große Unterstützung. Trotz Trennung vor 5 Jahren ist das Verhältnis zwischen ihr und ihrem früheren Mann entspannt. „Es ist manchmal zwar nicht einfach, die Emotionen herauszuhalten,“ so Lydias Mutter, „aber manche Dinge werden einfach im Sinne des Kindes entschieden. Ich finde es wichtig zu versuchen, die Emotionen herauszuhalten, weil das Kind beide Elternteile gern hat.“ So hat Lydia auch regelmäßig Kontakt zu ihrem Vater und verbringt jedes zweite Wochenende und in den Ferien viel Zeit bei ihm. Und falls Vater oder Eltern mal keine Zeit haben, springt auch ab und zu mal der Babysitter ein.

Schwierige Zeiten

Nicht immer ist das Leben der Kleinfamilie Matter einfach. Es gibt Tage, da ist das Zusammenleben mit ihrer Tochter für Susanne Matter eine Herausforderung - vor allem dann, wenn Lydia krank ist, oder schlechte Laune hat, sie selbst gereizt oder nicht so fit ist. „Da komme ich manchmal an meine Grenzen.“ Susanne Matter sieht verschiedene Phasen in ihrem Verhältnis zur Tochter: Manchmal ist es ein kooperatives Verhältnis, manchmal ein nervenaufreibendes.

Wichtig ist ihr, sich bewusst Zeit für sich zu nehmen, um dann wieder einen entspannten Umgang mit der Tochter haben zu können. Was, wenn man die beiden beobachtet, auch überwiegt.

Redaktion: AMSEL e.V., 21.02.2005