Ist die B-Zell-Depletion wirklich so hochwirksam und effektiv wie mancherorts behauptet? Ist sie wirklich der Gamechanger, der das Ruder grundsätzlich rumreißen kann?
Wenn ich mir folgende Zahlen anschaue, kommen mir leider Zweifel:
“Absoluter Nutzen:
Der tatsächliche Therapieeffekt zeigt sich, wenn man die Anzahl der Patienten mit Schüben in der Ocrelizumab-Gruppe (20 von 100 Patienten) von denen mit Schüben in der Interferon-beta 1a-Gruppe (33 von 100 Patienten) abzieht. Tatsächlich profitieren im Vergleich zu Interferon-beta 1a 33-20=13, also 13 von 100 Patienten zusätzlich von der Therapie mit Ocrelizumab.”
Diese Zahlen kann man in einem neueren Posting von shitman nachlesen. 13 Prozent als Gamechanger ??
Gerne lese ich weitere Argumente von anderen, möchte mich selbst aber aus der Diskussion zurückziehen. Ich glaube nämlich folgendes: Wir können noch zwei Tage und zwei Nächte weiterdiskutieren. Das wird aber nichts daran ändern, daß jeder ohnehin den Weg geht, an den er glaubt und den er für richtig hält. In diesem Sinne, viel Erfolg für jeden meiner Leidensgenossen… Die ultimative Lösung ist noch nicht gefunden und es bleibt spannend…
Bei mir ist der spürbare Unterschied zwischen Tecfidera und Ocrevus, dass ich mit beidem bis jetzt keine Schübe hatte, aber mit Tecfidera eine langsame laufende Verschlechterung. Mit Ocrevus merke ich diese Progression nicht.
Ähnlich wie es Cosmos Plan ist, schleiche ich aufgrund meines Alters jetzt Ocrevus aus indem ich die Abstände zwischen den Spritzen verlängere. Die Hoffnung ist, dass ich auch danach keine Schübe bekomme.
Ich richte meine Entscheidung sowieso nicht nach Statistiken. Beim Einen wirkt ein Medikament gut, beim Anderem gar nicht, und dann wird daraus ein Durchschnitt gebildet. Das sagt nichts über den Einzelfall.
Ich habe mich danach entschieden, ob das Konzept für meine Situation stimmig ist.
Ja, ist sie. Besonders, wenn man direkt ab Start B-Zell-Depletion macht, ohne viel Zeit mit nur schwach wirksamen Basistherapien zu vergeuden. Es wird auch nicht nur “manchenorts behauptet”, es ist eine Feststellung unter Neurologen weltweit, wo heute eigentlich Konsens besteht. Siehe u. a. auch die jährlichen ACTRIMS und ECTRIMS Veranstaltungen.
Durchschnittlich hat man nur noch 0,1 Schübe pro Jahr mit Kesimpta und Ocrevus und nur noch 0,02 Schübe pro Jahr mit Briumvi. Macht im Schnitt 1 Schub alle 10 bzw. alle 50 Jahre. Das sind die aktuellen Zahlen, die sich aus den klinischen Studien plus Nachbeobachtungszeit bis heute ergeben. Bei Briumvi sind das aktuell 5 Jahre, bei Kesimpta 7 Jahre, bei Ocrevus 10 Jahre. Je länger eine hochwirksame Therapie läuft, je mehr vergrößert sich der Vorsprung ggü. Basistherapien. Daher sollte man immer aktuelle Zahlen betrachten, nicht Zahlen aus immer weiter zurückliegenden, klinischen Studien aus der Zeit vor Medikamentenzulassung.
Außerdem wirkt B-Zell-Depletion effektiv gegen die gefürchtete, schubunabhängige Progression / PIRA / Smoldering MS, im Besonderen wenn von Anfang an eingesetzt. Das leisten Basistherapien kaum bis gar nicht, dabei ist das noch viel wichtiger als die Vermeidung von Schüben, da die Behinderungsprogression bei MS zu 80 bis 90 % schubunabhängig fortschreitet.
Daher ist tournesols Beobachtung auch nicht verwunderlich.
Ein Großteil der MS-Patienten erreicht unter B-Zell-Depletion NEDA-3-Status. NEDA-3 = keine Anzeichen von Krankheitsaktivität für mindestens 12 Monate und bis zum Zeitpunkt der Betrachtung. Also keine klinischen Schübe, keine neue oder zunehmende Behinderung und keine neuen oder vergrößernden Läsionen im Gehirn in MRT-Untersuchungen. Unter Kesimpta haben seit Beginn der klinischen Studie vor 7 Jahren inkl. Nachbeobachtung bis heute etwa 90 % der Patienten NEDA-3-Status erreicht. Bei Ocrevus ist es ähnlich. Zu Briumvi gibt es noch nicht so lange Zeit Zahlen, aber auch da sind längerfristig ähnliche Ergebnisse erwartbar. Ich habe auch NEDA-3-Status, das letzte Regel-MRT mit 3 Tesla Feldstärke hatte ich erst letzte Woche, alles unverändert seit Diagnose 2023. Bereits 3 Monate nach Diagnose spritzte ich zum ersten Mal Kesimpta.
Unter Kesimpta ist mein sNfL-Wert, der im Rahmen einer aktuellen Studie zuletzt regelmäßig überprüft wurde, um 50 % gesunken, mein sNfL z-Score ist sogar in’s Minus gedreht, wie bei einem nicht an MS-Erkrankten. sNfL sind super empfindlich und bei MS-Patienten normalerweise immer erhöht. Nicht im MRT sichtbare Smoldering MS ist über sNfL darstellbar (sNfL ist ein Protein, das bei Schädigung von Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark freigesetzt wird. Es wird neuerdings als Biomarker für neurologische Erkrankungen, insbesondere für Multiple Sklerose (MS), verwendet. Durch die Messung der sNfL-Spiegel im Blut kann die Aktivität der Erkrankung und die Prognose eingeschätzt werden.)
Zitat: "I think you also need to educate the individual with MS, and there is accumulating data suggesting that the best ‘bang for the buck’ in using a high-efficacy agent is to use it early as the initial therapy in treatment-naive individuals. That approach seems to have the greatest impact on avoiding the development of disability years later.” - Patricia K. Coyle, MD (2025 ACTRIMS Forum)
Ich habe ja gleich den Hammer mit Ocrevus bekommen, da die Schäden schon so heftig waren und sie wahrscheinlich keine Zeit verlieren wollten.
In sechs Monaten 13 Herde im Rückenmark, zum Glück gab es seit der Gabe von Ocrevus keine weiteren Herde im MRT.
Die Gangunsicherheit wurde in den sechs Monaten bis zur Diagnose immer schlimmer, wie andere Ausfälle auch. Zumindest habe ich das Gefühl das das Gehen nicht schlechter geworden ist, außer die Spastik die hat leider zugenommen, seit der ersten Ocrevusgabe.
Aber Ocrevus hat mir nach den ersten beiden Verabreichungen erst mal das Gehen verschlechtert, irgendwann ging es dann wieder besser.
Warum ?
Das ist die kognitive Leistungsreserve. Das ZNS leitet Signale über Reservenervenstränge um. So werden Schäden ausgeglichen. Wichtig ist, dass eine hochwirksame Therapie dafür sorgt, dass nicht weitere Schäden hinzukommen und die kognitive Leistungsreserve reduzieren. Mit Ocrevus hast du da gute Chancen. Nimm am besten auch noch täglich Propionsäure (2x 500mg zu einer Hauptmahlzeit), falls nicht schon der Fall.
Hallo tournesol, ich habe mit Copaxone angefangen und dann weil ich es nicht vertragen habe zu Tecfidera gewechselt. Ich hatte einen Schub durch den die MS bei mir entdeckt wurde. Danach keine Schübe mehr. Aber meine Symptome sowie mein Gangbild haben sich langsam immer weiter verschlechtert. In der Reha wurde dann die Diagnose PPMS gestellt. Nach langem überlegen habe ich mich entschieden mit Ocrevus zu starten.
Das habe ich diesen April begonnen. Nach den beiden Erst Infusionen brauchte mein Körper einen Monat um zur Ruhe zu kommen.
Zwischen und kurz nach der Infusion bin ich oft gestürzt.
Auch mit Propionsäure habe ich gestartet. (Danke an Cosmo) Jetzt habe ich den Eindruck die Entscheidung war richtig. Keine Verschlechterung. ( vielleicht noch ein bisschen früh das zu sagen)
Meine Frage an dich, wie lange hast du Ocrevus genommen? Wann sollte man damit wieder aufhören?
@Daisy
Ich bekomme Ocrevus seit Ende 2021.
Damals war ich 63 und der Plan, es für 2 bis 3 Jahre zu nehmen um die Entzündungsaktivität zu stoppen und dann auf ein anderes Medikament zu deeskalieren.
Im letzten Jahr sagte meine Neurologin, nach neueren Studien sei Ocrevus auch bei älteren Patienten länger sicher.
Da aber das Immunsystem allgemein im Alter schwächer wird (ich habe damit bis jetzt aber keine Probleme), schleiche ich Ocrevus langsam aus und bleibe danach voraussichtlich ohne Medikament.
Mir ist das lieber so, als zwischendurch noch etwas anderes zu bekommen.
Soweit ich weiß, gibt es keine Vorgaben, wie lange man Ocrevus nehmen kann.
Wie ich bei mir gesehen habe, ändern sich die Meinungen dazu auch, je mehr Studien und je länger es Erfahrungen damit gibt.
Ich habe in 5,5 Jahren 8 Zyklen Rituximab bekommen, ab dem 4. Zyklus nur noch, wenn CD19+ nachweisbar wurde.
Beim 7. und 8. Zyklus habe ich nur noch die halbe Dosis bekommen und trotzdem über mehr als 9 Monate keine CD19+ Zellen gehabt.
Es gibt Kliniken (große UniKliniken) die geben nach 2-3 Jahren die nächste Ocrevus Dosis erst dann, wenn die CD19/CD20+ Zellen bei mehr als 0,1% angekommen sind, die Werte werden nach 6, 8, 10 ,11, 12,. und dann monatlich überprüft.
Laut Aussagen von Oberarzt haben die immer mehr die bei mehr als 12 Monaten angekommen sind und dann wird nur noch die halbe Dosis gegeben. Teilweise geht es dann wieder mehr als 10 Monate bis die CD19/20+ Zellen wieder da sind.
Allerdings häufen sich auch bei älteren die Probleme mit den Ig Werte, vor allem das die sich langfristig nicht erholen.
Meine Neurologin sagte mir auch, dass manche Ärzte erst abwarten, bis wieder B-Zellen nachweisbar sind, bevor sie die nächste Dosis Ocrevus geben.
Mir scheint, dass gerade bei längerer Anwendung von Ocrevus und Älteren da noch ausprobiert wird.